Bundeskabinett: Sechs Gesetze im Energiebereich beschlossen
Die Bundesregierung hat Anfang August sechs Vorhaben des Sofortprogramms im Energiebereich beschlossen. Unternehmen und Verbraucher sollen von der Gasspeicherumlage entlastet werden. Genehmigungsverfahren für Wärme- und Geothermie-Projekte sowie für Offshore-Windenergieanlagen und Stromnetze werden beschleunigt, der Verbraucherschutz wird gestärkt und das Kohlendioxid-Speichergesetz auf den Weg gebracht. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat dazu Stellung bezogen.
Abschaffung Gasspeicherumlage
Durch den Entwurf der Vierten Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) zur Abschaffung der Gasspeicherumlage sollen alle Endkunden um ca. 3,4 Mrd. Euro entlastet werden. Bei einer Umlagehöhe von zuletzt 2,89 € pro Megawattstunde beträgt die Entlastung für einen Vierpersonenhaushalt je nach Verbrauch zwischen 30 bis 60 Euro im Jahr. Indirekt trägt die Entlastung bei den Gaspreisen nach Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWE) auch zur Reduktion der Stromkosten bei, da die Umlage den Gasbezug auch von Gaskraftwerksbetreibern verteuert hat.
DIHK-Einschätzung
Die DIHK begrüßt in ihrer Stellungnahme (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 96 KB) die geplante Abschaffung der Gasspeicherumlage sowie den finanziellen Ausgleich des Umlagekontos und die zukünftige Finanzierung von Absicherungsmaßnahmen durch den Bund ausdrücklich, sieht aber durchaus auch die Möglichkeit, diesen Schritt auf den 1. August 2025 vorzuziehen. Die DIHK unterstützt außerdem die vorgesehene Verpflichtung zur Weitergabe der Entlastung an die Endkunden. Kritisch wird dagegen die Verordnungsermächtigung zur „Wiedereinführung“ der Umlage gesehen, stelle sie doch eine erhebliche Hypothek für die Planungssicherheit der Betriebe dar.
Beschleunigung bei Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern
Der Gesetzesentwur zur Beschleunigung des Ausbaus von Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeicher stattet die Vorhaben werden einheitlich mit einem überragenden öffentlichen Interesse aus. In der Abwägung mit anderen Belangen kommt ihnen damit ein besonderes Gewicht zu. Unter anderem sieht das Gesetz folgende Maßnahmen vor:
- Planfeststellungsverfahren für Wärmeleitungen werden deutlich beschleunigt und damit den Gas- und Wasserstoffleitungen gleichgestellt. Bereits vor Feststellung des Plans oder der Erteilung der Plangenehmigung kann mit Vorarbeiten begonnen werden. Damit wird die Umsetzung der Wärmeplanung von Kommunen und Städte durch ein zügiges Genehmigungsverfahren gestärkt.
- Der Bau von Großwärmepumpen wird beschleunigt. Sie nutzen Erdwärme, Wärme aus Gewässern wie Flüsse oder Seen, aus der Umluft, aus Abwasser oder auch Abwärme von Industrieanlagen oder Rechenzentren.
- Das Genehmigungsverfahren für Wärmespeicher wird klar geregelt und damit eine in der Praxis herrschende Unsicherheit ausgeräumt.
- Alle Verfahren werden digitalisiert und beschleunigt. So wird für die Behörden für die Erteilung der Genehmigung eine verbindliche Frist eingeführt.
- Schadensfälle im Zusammenhang mit Geothermie sind vollständig abzusichern: Die Behörden können zukünftig von Geothermieunternehmen den Nachweis einer Deckungsvorsorge auch für Bergschäden verlangen.
DIHK-Einschätzung
Die DIHK unterstützt in ihrer Stellungnahme (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 148 KB) das Ziel des Gesetzesentwurfs, die Zulassungsverfahren für Geothermieanlagen, Wärmepumpen, Wärmespeicher und Fernwärmeleitungen zu beschleunigen. Allerdings werden die vorgeschlagenen Regelungen allein nicht ausreichen. Damit die Anlagen zu den ambitionierten Zielen der Wärmewende beitragen können, empfehlen wir folgende Ergänzungen:
Die Beschränkung des Gesetzesentwurfs auf einzelne Technologie- und Anlagenarten behindert die Integration der Geothermie in größere Investitionsvorhaben bspw. als Teil von KWK- oder Biomasseanlagen, zur Kälteversorgung, zur Elektrifizierung von Produktionsprozessen oder die Gewinnung von strategischen Rohstoffen wie beispielsweise Lithium. Der Anwendungsbereich des GeoWG sollte deshalb deutlich erweitert werden.
Für die berg- und wasserrechtlichen Zulassungsverfahren werden Verfahrensbeschleunigungen analog zu bisherigen Beschleunigungsgesetzen gewählt. Gegenüber den jüngeren Gesetzen für die Windenergie oder den aktuellen Referentenentwurf zu einem Wasserstoffbeschleunigungsgesetz greifen diese allerdings kürzer. Im Gesetzesentwurf sollten deshalb die Beschlüsse des Beschleunigungspaktes von Bund und Ländern vollumfänglich und uneingeschränkt umgesetzt werden. Dazu gehören insbesondere weitere Fristverkürzungen, Stichtagsregelungen, erleichterter vorzeitiger Maßnahmenbeginn, Genehmigungs- oder Zustimmungsfiktionen und ein fakultativer Erörterungstermin.
Gesetz zur Umsetzung der RED III
Der Gesetzentwurf zur Umsetzung der EU-Erneuerbaren-Richtlinie in den Bereichen Windenergie auf See und Stromnetze setzt Vorgaben der EU-Erneuerbaren-Richtlinie (RED III) in den Bereichen Windenergie auf See sowie Stromnetze (Offshore-Anbindungsleitungen, Übertragungsnetze, Verteilnetze) ins nationale Recht um und vereinfacht, entbürokratisiert und beschleunigt den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Das Gesetz sieht dabei folgende Maßnahmen vor:
- Einführung von Beschleunigungsflächen für Windenergie auf See bzw. Infrastrukturgebieten für Übertragungsnetze, Verteilnetze und Offshore-Anbindungsleitungen.
- Für diese Flächen und Gebiete sollen schlankere Zulassungsverfahren gelten. Die Zulassungsentscheidungen können schneller, einfacher und rechtssicherer erteilt werden.
EnWG-Novelle 2025
Neben dem Verbraucherschutz soll dieser Gesetzentwurf zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Energiebereich und zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften“ Rückenwind für die Digitalisierung geben. Er erhöht das Schutzniveau im Energiebereich für Verbraucher weiter. Als Folge der Energiekrise werden Vorschriften geschaffen, die Stromlieferanten die Haushaltskunden beliefern, verpflichten, sich gegen Preisrisiken abzusichern. Große Belastungen von privaten Haushalten bei übermäßigen, nicht marktgetriebenen Preissprüngen wie in der Energiepreiskrise 2022/2023 wird damit vorgebeugt
Darüber hinaus wird Verbrauchern mit den neuen Regelungen zum „Energy Sharing“ eine aktive Teilnahme am Energiemarkt und an der Energiewende ermöglicht. Energy Sharing soll beispielsweise Privatpersonen und Gesellschaften des Privatrechts ermöglichen, lokal erzeugte Energie auch direkt lokal gemeinsam zu verbrauchen oder beispielsweise mit dem Nachbarn zu teilen.
Der Entwurf sieht eine weitere Beschleunigung beim Smart-Meter-Rollout vor. Hierzu soll insbesondere grundzuständigen Messstellenbetreibern die Zusammenarbeit mit anderen erleichtert werden, um die im Messstellenbetriebsgesetz vorgesehenen Quoten schneller zu erreichen.
DIHK-Einschätzung
Die DIHK unterstützt in ihrer vorläufigen Stellungnahme (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 291 KB), dass die Bundesregierung eine Absicherungspflicht für Lieferanten einführt. Dadurch werden nicht nur Kunden besser vor Ausfällen ihrer Lieferanten geschützt, sondern auch die Vorrausetzungen geschaffen, um den Wert von Versorgungssicherheit an den Terminmärkten zu stärken. Investoren erhalten mehr Anreize, in Kapazitäten für steuerbare Leistung zu investieren. Eine überwiegende Mehrheit der Wirtschaft spricht sich dafür aus, die Absicherungsverpflichtung auszubauen und auf alle Lieferungen zu erstrecken sowie im Gegenzug auf zusätzliche staatliche Ausschreibungen für Kraftwerke im Rahmen der Kraftwerksstrategie sowie bei der Ausarbeitung eines Kapazitätsmechanismus zu verzichten.
In den vorliegenden Regelungsentwürfen fehlt eine wirkliche Beschleunigung für Eigenversorgungsanlagen. Die DIHK schlägt daher eine Freistellung von der Netzanschlusspflicht für reine Eigenversorgungsanlagen vor, wenn diese sicherstellen, dass zu keiner Zeit Strom ins Netz der allgemeinen Versorgung eingespeist wird.
Es ist unverständlich, dass der Entwurf auf Fristen und ein transparentes Verfahren mit Blick auf eine Netzanschlussauskunft sowie das Netzanschlussbegehren verzichtet. Bestehende Investitionshindernisse bleiben für die Wirtschaft damit bestehen.
Die Regelungen zum Energy Sharing sind grundsätzlich positiv, sollten aber nicht auf KMU und die Freistellung von Lieferantenpflichten nur für Haushaltskunden beschränkt werden.
Für Erdkabel sollte das fakultative Planfeststellungsverfahren für weitere Anlagearten wie Wasserstoffelektrolyseure oder Chipfabriken zugelassen werden. So können auch wichtige Energie- oder Industrieprojekte die Möglichkeiten der Konzentration in einem Zulassungsverfahren nutzen.
Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes
Der Gesetzentwurf zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes soll die Anwendung von CCS (Carbon Capture and Storage) und CCU (Carbon Capture and Utilization) sowie der Transport und die Speicherung von CO2 ermöglichen.
- Das Gesetz ermöglicht Kohlendioxidspeicher zum kommerziellen Einsatz im industriellen Maßstab auf dem Gebiet des Festlandsockels und der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ). Meeresschutzgebiete und das Küstenmeer werden von der CO2-Speicherung ausgeschlossen.
- Länder dürfen die Onshore-Speicherung auf dem Gebiet des deutschen Festlands ermöglichen („Opt-in“).
- Für die Errichtung, den Betrieb und wesentliche Änderungen von Kohlendioxidleitungen und Kohlendioxidspeichern kann in der Regel ein überragenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden.
- Der Zugang zum CO2-Leitungsnetz für Emissionen aus der Energieerzeugung durch die Verbrennung von Kohle wird ausgeschlossen.
- Das Gesetz enthält Regelungen zu Verfahrens- und Genehmigungsbeschleunigungen für den Aufbau einer Kohlendioxidinfrastruktur.
DIHK-Einschätzung
Die DIHK begrüßt in ihrer Stellungnahme (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 150 KB), dass die Bundesregierung schnell einen regulatorischen Rahmen zur Nutzung der CC(U)S-Technologien sowie zur Speicherung des CO2 in industriellem Ausmaß in Deutschland schaffen will.
Die direkte Vermeidung von Treibhausgasen müsse dennoch weiterhin im Mittelpunkt der betrieblichen Transformation stehen. Die Energiewende benötige parallel einen massiven Ausbau erneuerbarer Energien und den Hochlauf eines Wasserstoffmarktes. Wettbewerbsfähige Stromkosten und perspektivisch Wasserstoffkosten sollten höchste Priorität haben.
Ein zentrales Element für den Markthochlauf von CC(U)S-Technologien ist der zügige Aufbau einer Infrastruktur für den Transport und die Speicherung von CO2. Auch wenn der Pipelinetransport die kostengünstigste Option darstellt, sollten ergänzend multimodale Transportoptionen je nach regionalen Gegebenheiten mitbedacht werden. Der Aufbau eines entsprechenden Pipelinenetzes wäre einfacher, wenn er wie beim Aufbau des Wasserstoff-Kernnetzes staatlich abgesichert wäre.
Sowohl beim Aufbau einer CO2-Infrastruktur als auch bei der Entwicklung eines Rechtsrahmens für CC(U)S-Technologien sollte auf eine europäische Harmonisierung geachtet werden, um vergleichbare Wettbewerbsbedingungen für die heimische Industrie im europäischen Wirtschaftsraum zu schaffen.
Der deutsche Gesetzesrahmen für CCUS sollte nicht hinter den europäischen Rahmen zurückfallen. Darüber hinaus spricht sich die DIHK neben der Speicherung unter der Nordsee auch für die Speicherung an Land aus. Dies würde zu erheblichen Kosteneinsparungen führen.
(Quelle BMWE)