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Newsletter Recht | Fair Play

Stand: April 2024

1. Arbeitsrecht

Vorbehaltsklausel im Arbeitsvertrag muss klar und verständlich sein

Will ein Arbeitgeber die Beschäftigung eines Arbeitnehmers von dessen gesundheitlicher Eignung abhängig machen, so hat er die Kriterien, die zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses führen sollen, genau festzulegen. Die Klausel muss die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für den Arbeitgeber keine unangemessenen Beurteilungsspielräume bleiben. Dies hat das Arbeitsgericht Suhl mit Urteil vom 25. Oktober 2023 entschieden (Az.: 6 Ca 592/23).
Der beklagte Arbeitgeber hatte eine Stelle als Schießstandwart in einem Bildungszentrum ausgeschrieben. In der Stellenausschreibung hieß es unter dem Punkt „Diese Qualifikation bringen Sie mit“ unter anderem „gesundheitliche und körperliche Eignung (insbesondere keine ärztlichen Einschränkungen hinsichtlich der Fähigkeit, schwere Gegenstände zu heben oder zu bewegen)“. Mit dem klagenden Arbeitnehmer schloss der Arbeitgeber dann einen Formulararbeitsvertrag, und zwar „vorbehaltlich der Feststellung der gesundheitlichen Eignung“. Noch vor Durchführung einer gesundheitlichen Untersuchung trat der Kläger seinen Dienst an. Nachdem die Untersuchung schließlich erfolgt war, wurde dem Arbeitnehmer mitgeteilt, dass keine gesundheitliche Eignung für die vorgesehene Tätigkeit bestünde. Es wurde zudem die Kündigung während der Probezeit ausgesprochen. Dagegen klagte der Arbeitnehmer.  
Das Arbeitsgericht gab dem Kläger Recht und entschied, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch den vereinbarten Vorbehalt aufgelöst worden sei. Auch die ausgesprochene Kündigung sah das Arbeitsgericht als unwirksam an.
Zwar ging das Gericht davon aus, dass die Vereinbarung einer erfolgreichen Einstellungsuntersuchung als auflösende Bedingung im Sinne von § 21 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) grundsätzlich möglich ist. Die verwendete Klausel sei in mehrfacher Hinsicht jedoch nicht klar formuliert und verstoße gegen das Transparenzgebot gemäß § 307 Absatz 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Unklar sei nämlich, was genau mit „vorbehaltlich“ gemeint sei. Obwohl die Klausel wie eine aufschiebende Bedingung formuliert sei, habe der Beklagte den Beginn des Arbeitsverhältnisses offenbar nicht von dem Ergebnis der Einstellungsuntersuchung abhängig machen wollen. Hier hätten Unsicherheiten darüber bestehen können, ob der „Vorbehalt“ überhaupt noch gelte, wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit gleichwohl habe antreten dürfen.
Das Urteil ist abrufbar unter

2. Firmen-, Handels- und Gesellschaftsrecht

Kein Recht auf Anonymität im Handelsregister – Offenlegung von Wohnort und Geburtsdatum ist kein Datenschutzverstoß


Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit seinen Beschlüssen vom 23. Januar 2024 entschieden, dass die Transparenz des Handelsregisters über persönlichen Datenschutzinteressen steht und weder der Geschäftsführer noch der Kommanditist einer Gesellschaft aufgrund der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) die Löschung seines Wohnortes und Geburtsdatums aus dem Handelsregister verlangen kann.
In dem zugrunde liegenden Fall ging es um einen GmbH-Geschäftsführer, der beruflich mit Sprengstoff zu tun hatte. Er befürchtete bei ihm ein erhöhtes Risiko Opfer einer Entführung oder eines Raubüberfalls zu werden, weil sich mögliche Täter Zugang zu den Substanzen verschaffen wollen. Aus diesem Grund wollte er sein Geburtsdatum und seinen Wohnort aus dem Handelsregister löschen lassen.
Nach der DSGVO kann eine Person unter bestimmten Voraussetzungen die Löschung personen-bezogener Daten verlangen, Artikel 17 Absatz 1 DSGVO. Allerdings erfolgt die Eintragung im Handelsregister zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung des Registergerichts, das nach deutschem Recht verpflichtet ist, Wohnort und Geburtsdatum eines GmbH-Geschäftsführers bzw. eines Kommanditisten zu erfassen und offenzulegen, weshalb ein Anspruch bereits nach Artikel 17 Absatz 3 DSGVO nicht bestehe. Auch anderweitige Normen der DSGVO sah der BGH als nicht einschlägig an.
Er führt weiter aus, dass gerade die Angabe des Geburtsdatums und Wohnortes im Handelsregister notwendig seien, um die Person des Geschäftsführers zuverlässig individualisieren und identifizieren zu können – was dem Zweck des Registers entspreche. Nur hierdurch könnten bei Namensgleichheit Verwechslungen ausgeschlossen werden, und die Angabe des Wohnortes biete die Möglichkeit, durch eine Melderegisterauskunft die aktuelle Adresse zu ermitteln. Dies mache die Geltendmachung von Direktansprüchen möglich. Das öffentliche Interesse an der Transparenz des Registers überwiege und stehen nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen des Handelsregisters.
Bereits das Oberlandesgericht (OLG) Celle hatte in der Vorinstanz begründet, dass funktionsfähige und verlässliche öffentliche Register unerlässlich seien, damit sich Geschäftspartner zuverlässig informieren könnten. Dies gelte eben auch für Geschäftsführer und Kommanditisten, die aufgrund ihrer beruflichen Aktivität um ihre Sicherheit fürchten. Die wenigen offenzulegenden Daten zur Person seien der Preis für den Zugang zum Handelsverkehr.
Bereits seit dem 1. August 2022 ist das Handelsregister kostenfrei zugänglich per Internet. Die eintragungspflichtigen Tatsachen richten sich je nach Rechtsform.
BGH, Beschlüsse vom 23. Januar 2024, Az.: II ZB 7/23 und II ZB 8/23 (zuvor: OLG Celle, Be-schluss vom 24. Februar 2023, Az.: 9 W 16/23)

3. Steuerrecht

BMF: Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)

Mit Schreiben vom 11. März 2024 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mitgeteilt, dass die Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) aufgrund verschiedener gesetzlicher Änderungen angepasst wurden.

BMWK: Fristverlängerung bei Schlussabrechnungen der Corona-Wirtschaftshilfen

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat in einer Pressemitteilung vom 14. März 2024 informiert, dass die Einreichungsfrist der Schlussabrechnung der Corona-Hilfen (Überbrückungs-, November- und Dezemberhilfen) am 31. Oktober 2023 endete. Sofern eine Fristverlängerung beantragt wurde, ist die Schlussabrechnung bis spätestens 30. September 2024 einzureichen.
Wichtiger Hinweis: Die Bewilligungsstelle erlässt in Kürze für alle vorläufig bewilligten Anträge, für die keine vollständige Schlussabrechnung eingereicht oder durch prüfende Dritte keine Fristverlängerung beantragt wurde, einen Schlussbescheid mit der vollständigen Rückforderung der gewährten Corona-Hilfen. Dies entspricht den Förderbedingungen.

4. Wettbewerbsrecht

SEPA-Diskriminierung stellt Wettbewerbsverstoß dar

Akzeptiert ein Unternehmen eine ausländische Bankverbindung schon im Einzelfall nicht, stellt dies einen Verstoß gegen die europäisch geregelte SEPA-Verordnung dar. Da es sich hierbei um eine Marktverhaltensregel handelt, verstößt dies gegen Wettbewerbsrecht.
Hintergrund ist eine Entscheidung des Landgerichts (LG) Hamburg: Ein Unternehmen lehnte die litauische Bankverbindung des Kunden ab und bat den Kunden, eine deutsche Bankverbindung anzugeben. Bieten Unternehmen ihren Kunden an, per Lastschrift zu bezahlen, so dürfe dies nicht auf solche Girokonten beschränkt werden, die nur bei einem inländischen Kreditinstitut geführt seien. Dies stelle eine sogenannte SEPA-Diskriminierung dar. Unabhängig von der Begründung durch das Unternehmen liege hierin ein Wettbewerbsverstoß.
Eine Ablehnung eines ausländischen EU-Kontos lässt sich aus Sicht des Gerichts nicht damit begründen, dass Bearbeitungsfehler bzw. technische Probleme vorlagen oder gar eine Bonitätsprüfung des Kunden durchgeführt werden muss.
Um gegen SEPA-Vorschriften zu verstoßen, sei es nicht notwendig, dass ein ausländisches EU-Konto grundsätzlich abgelehnt werde. Schon eine Ablehnung im Einzelfall widerspreche dem Sinn und Zweck der SEPA-Verordnung: das Funktionieren des Zahlungsbinnenmarktes und das SEPA-Verfahren als allgemein anerkanntes wichtiges Zahlungsverfahren.
Urteil des Landgerichts (LG) Hamburg vom 10. Oktober 2023; Az.: 406 HKO 88/22

Kein Vertragsschluss durch „Abonnieren“- oder „Weiter zur Zahlung“-Button

Wird im Internet ein Vertrag durch Anklicken eines Buttons geschlossen, genügen die Bezeichnungen „Abonnieren“ und „Weiter zur Zahlung“ nicht den gesetzlichen Anforderungen. Gegenüber Verbrauchern ist der Prozess der Bestellung so zu gestalten, dass durch Anklicken des Buttons deutlich wird, dass es zum Vertragsschluss mit einer Zahlungsverpflichtung kommt.
Die Verbraucherzentrale NRW klagte gegen Meta. Meta bietet für die Nutzung der sozialen Netzwerke Facebook und Instagram an, einen kostenpflichtigen Abonnementvertrag abzuschließen, um keine Werbung zu erhalten. Der Bestellbutton zum Abschluss des Abonnements lautet auf der Webseite „Abonnieren“, in der App „Weiter zur Zahlung“.
Nach der Regelung des § 312j Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) muss der Bestellvorgang im Internet bei einem Verbraucher „mit den Wörtern zahlungspflichtig bestellen oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet“ sein. Hierbei spricht man von der bereits im Jahre 2014 europaweit eingeführten Button-Lösung. Das Wort „Abonnieren“ genüge aus Sicht des Gerichts den Anforderungen nicht, da es sich auch um ein kostenloses Abonnement handeln könne. Die Kostenpflichtigkeit eines Angebots müsse während des Vorgangs des Vertragsschlusses eindeutig sein. Hinweise auf vorherigen oder nachfolgenden Seiten auf die Kostenpflichtigkeit seien hierfür irrelevant. Das Gericht erkennt an, dass „Weiter zur Zahlung“ wenigstens auf die Entgeltlichkeit des Abonnements schließen lasse. Dem Verbraucher sei jedoch nicht klar, dass er durch Anklicken dieser Schaltfläche schon eine verbindliche Willenserklärung abgebe. Erst im Anschluss werde er auf die Seite der Zahlungsmodalitäten weitergeleitet, die er wiederum mit dem Button „Kaufen“ bestätigen müsse.
Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 8. Februar 2024; Az.: 20 UKI 4/23

5. Internetrecht

Oberlandesgericht Bremen: Prüfzeichen-Werbung im Online-Shop muss konkretisiert werden

Aus Sicht des Gerichts muss Werbung unter Angabe von Prüfzeichen auch auf die damit ver-knüpften Prüfkriterien oder eine entsprechende Fundstelle hinweisen, um Verbrauchern so eine informierte geschäftliche Kaufentscheidung zu ermöglichen. Wer Verbrauchern die entsprechende wesentliche Information nach § 5a Absatz 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vorenthalte, handele unlauter, stellten die Richter klar. Zudem äußerte sich das Gericht zu den Anforderungen an den Link zu einem Prüfzertifikat.
In vorliegenden Fall vertrieb die Beklagte über eine Internetplattform Betriebs- und Lagerausstattung, hier konkret einen Fitness-Hocker mit „LGA“-Prüfzeichen. Weitere textliche Hinweise zu den Prüfkriterien oder eine nachlesbare Fundstelle, in der diese auffindbar gewesen wären, waren nicht vorhanden.
Das Oberlandesgericht (OLG) Bremen betont in seiner Entscheidung:
Ein bildliches Prüfzeichen liefere dem Verbraucher in kompakter und vereinfachter Form eine wesentliche Information zu dem damit gekennzeichneten Produkt. Um die Informationspflicht des Verwenders des Zeichens auszulösen, genüge bereits die bloße Angabe der stattgefundenen Prüfung („LGA-geprüft“). Eine Werbung mit dem Prüfzeichen selbst sei nicht erforderlich. Unerheblich sei zudem, dass das Testergebnis in der Produktbeschreibung im Fließtext der Werbung eingebettet worden sei.
Letztlich wird aus Sicht des Gerichts verlangt, dass der Verbraucher die Information so zur Kenntnis nehmen könne, dass die Hintergrundinformationen klar, verständlich und eindeutig wahrnehm- und einsehbar seien, demnach mit einer eingängigen Formatierung, etwa durch einen hervorgehobenen Link, auf das konkrete Prüfzertifikat, nicht nur zur allgemeinen Webseite des Prüfinstituts, verwiesen werde.
OLG Bremen, Hinweisbeschluss vom 24. Januar 2024; Az.: 2 U 60/23

6. Zivilrecht, Gewerberecht, Gewerbliche Schutzrechte, Sonstiges

D&O-Versicherung verweigert Leistung: Welche Angaben muss der Geschäftsführer machen?

Die D&O-Versicherung darf den Strafrechtsschutz gegenüber dem Geschäftsführer als Versicherungsnehmer nicht deshalb verweigern, weil dieser gegenüber der Assekuranz keine umfassen-den Angaben zur Tat macht. Die Unterrichtungspflichten seien begrenzt. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm entschieden.
Im konkreten Fall verweigerte der Versicherer, nachdem er zunächst eine Deckungszusage erteilt hatte, den Ausgleich der ersten Rechnung des Verteidigers von mehr als 15.000 Euro mit der Begründung, der Geschäftsführer habe Versicherungsobliegenheiten verletzt, weil er sich ihm gegenüber nicht eingelassen habe und keine Einsicht in die Strafverfahrensakte oder Verteidigerhandakte gestattet habe.
Das OLG gab der Deckungsklage des Geschäftsführers statt: Der Geschäftsführer müsse nicht umfassend und wahrheitsgemäß über das Strafverfahren berichten. Zum erlaubten Verteidigungsverhalten gehöre auch das Schweigen. Der Geschäftsführer sei nicht verpflichtet, seiner Versicherung seine eigene „Überführung“ im Deckungsprozess zu ermöglichen.
OLG Hamm, Beschluss vom 13. Juli 2023; Az.: 20 U 64/22

7. DIHK-Newsletter Steuern | Finanzen | Mittelstand Ausgabe Nr. 4/2024

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8. Veranstaltungshinweise


Webinar zur betrieblichen Altersvorsorge für Geschäftsführer (IHK Darmstadt)
23. Mai 2024, 9:30 bis 11 Uhr

Online-Seminar IHK Lahn-Dill
Das MoPeG ist da – Was GbRs, OHGs und KGs jetzt tun müssen
04. Juni 2024, 10 Uhr

Online-Seminar der IHK Lahn-Dill
Besser vorsorgen! Krisencheck für Unternehmer
18. Juni 2024, 10 Uhr