Gewerberecht

Drohende Gewerbeuntersagung - Was tun

Tipps für betroffene Unternehmer im Bezirk der IHK Lahn-Dill

Nicht zuletzt durch die anhaltend schlechte konjunkturelle Lage müssen Unternehmer häufiger finanzielle Engpässe überwinden. Auch persönliche Umstände wie Krankheit, Pflege und Betreuung von Familienangehörigen usw. führen häufig dazu, dass ein Gewerbebetrieb nicht mehr in vollem Umfang betrieben werden kann. In solchen Situationen sehen sie oftmals die Zahlung von Löhnen und Gehältern als ihre vorrangige Arbeitgeberpflicht an. Die außerdem abzuführenden laufenden Steuern, die Beiträge an die Sozialversicherungsträger und an die Berufsgenossenschaften können jedoch oft nicht mehr zeitgleich oder gar nicht entrichtet werden. Viele Unternehmer wissen nicht, dass gerade durch das Finanzamt und die Krankenkassen Gewerbeuntersagungen wegen persönlicher Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden angeregt und durch das Regierungspräsidium eingeleitet werden.

In welchen Fällen kann das Gewerbe untersagt werden?

Als unzuverlässig ist anzusehen, wer nach dem Gesamtbild seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, das von ihm ausgeübte Gewerbe künftig ordnungsgemäß zu betreiben. Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung, wenn der Gewerbetreibende nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung seines Gewerbes zu gewährleisten. Zum Schutz der Allgemeinheit und der im Betrieb Beschäftigten werden von der Behörde Tatsachen ermittelt und die Erforderlichkeit einer ganzen oder teilweisen Gewerbeuntersagung überprüft.
Folgende Unzuverlässigkeitsmerkmale begründen in den meisten Fällen die Verfahrenseinleitung:
  • Mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (fehlende erforderliche finanzielle Mittel)
  • Mangelnder wirtschaftlicher Leistungswille
  • Mangelndes berufliches Verantwortungsbewusstsein
  • Abgabe der eidesstattlichen Versicherung über das Vermögen und/oder
  • Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe der Eidesstattlichen Versicherung
  • Missachtung steuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Pflichten (Abgabe von Steuererklärungen, Meldebescheinigungen)
  • Straf- oder Ordnungswidrigkeiten, die Gewerbe relevant sind

Wie hilft die IHK Ihnen weiter?

Die Einleitung eines Verfahrens wird dem Betroffenen immer schriftlich mitgeteilt und ausführlich begründet. Er hat dann innerhalb einer bestimmten Frist ab Zustellung des Schreibens Gelegenheit, sich zum Sachverhalt zu äußern. Bereits in diesem Stadium können Sie sich an die IHK wenden. Zu dem Zeitpunkt, wo durch das Regierungspräsidium die erste Anhörung läuft, ist es leichter, bereits Maßnahmen zu treffen, die zur Verbesserung der Gesamtsituation  beitragen.
Mit der zweiten Anhörung durch das Regierungspräsidium wird die IHK Lahn-Dill vom Regierungspräsidium zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert. Nun steht die Untersagung der gewerblichen Tätigkeit kurz bevor. Trotzdem hat man noch die Möglichkeit, die Situation so zu verbessern, so dass eine Untersagung der gewerblichen Tätigkeit nicht ausgesprochen werden muss. Nach Zugang der Ermittlungsakte bei unserer IHK geben wir Ihnen Gelegenheit, sich zu den Einleitungsgründen entweder schriftlich oder in einem persönlichen Gespräch zu äußern. Alle Informationen werden von uns selbstverständlich vertraulich behandelt. Durch diesen persönlichen Kontakt ergeben sich für uns sehr oft zusätzliche wertvolle Informationen, die für eine umfassende Stellungnahme wichtig und notwendig sind. Wir empfehlen Ihnen daher von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen. Vielleicht gibt es Ihrerseits Gründe, die für das Verfahren von Bedeutung sind. In diesem Zusammenhang werden auch persönliche Umstände berücksichtigt.
Da eine Gewerbeuntersagung einen schwerwiegenden Eingriff in die persönliche Situation bedeutet, sollten Betroffene rechtzeitig mit unserer IHK Kontakt aufnehmen. Wir sind in dieser schwierigen Situation für Sie da und bieten im Rahmen unserer Möglichkeit Hilfestellung an.

Was können Sie tun?

Um unnötige zusätzliche Schwierigkeiten während eines Verfahrens zu vermeiden, empfehlen wir Ihnen:
  • Öffnen Sie unter allen Umständen unverzüglich Ihre Post, holen Sie auf jeden Fall niedergelegte Schriftstücke so schnell wie möglich bei der Post ab. Sorgen Sie auch bei Abwesenheit für die Entgegennahme und Bearbeitung der Post.
  • Reagieren Sie unbedingt auf Schreiben des Gewerbeamtes, Finanzamtes, Sozialversicherungsträger, IHK usw. Insbesondere dann, wenn die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens angekündigt wird. Sie sollten schriftlich oder telefonisch innerhalt der genannten Frist mit dem jeweiligen Sachbearbeiter Kontakt aufnehmen.
  • Nehmen Sie mit Behörden vereinbarte Gespräche wahr bzw. informieren Sie den Ansprechpartner rechtzeitig, wenn Sie den Termin verschieben müssen.
  • Halten Sie mit den Behörden getroffene Absprachen, wie z. B. die Vorlage eines Sanierungsplanes bis zu einem festgesetzten Zeitpunkt ein, bzw. teilen Sie dem Amt mit, warum Sie es nicht können.
  • Geben Sie den Behörden gegenüber vertraulich auch Auskunft über persönliche Schwierigkeiten, die zu Ihrer Situation beigetragen haben oder sogar ausschlaggebend dafür waren.
  • Sprechen Sie mit Ihren Gläubigern. Signalisieren Sie ihren Willen zur Tilgung der Schulden und versuchen Sie, Ratenzahlungen zu vereinbaren. Auch wenn Sie vielleicht Kommunikationsschwierigkeiten mit Ihrem Sachbearbeiter haben, suchen Sie weiterhin das Gespräch, ggf. mit einem anderen Mitarbeiter. Versuchen Sie, eine erfolgreiche Lösung herbeizuführen.
  • Auch wenn eine Ratenzahlungsvereinbarung nicht zu Stande kommt, sollten Sie dennoch im Rahmen Ihrer Möglichkeit weitere Zahlungen leisten. Nur so kann der Rückstand reduziert werden. Die Einstellung jeglicher Zahlungen führt Sie nicht zum Ziel.
  • Informieren Sie zeitnah die Behörden sowohl über positive als auch negative Ergebnisse Ihrer Gespräche mit den Gläubigern und belegen Sie diese, wenn möglich, schriftlich. Warten Sie nicht erst auf Anfrage der Untersagungsbehörde oder der öffentlichen Gläubiger.
  • Behalten Sie den überblick über von Ihnen abgegebene eidesstattliche Versicherungen bzw. Haftbefehle zur Erzwingung der Abgabe der Eidesstattliche Versicherung.
Die Beachtung dieser Tipps, die Vorlage eines tragfähigen Sanierungskonzeptes bei den Behörden oder gar der Wegfall der vorgeworfenen Untersagungsgründe erhöhen die Chancen auf Aussetzung oder sogar die Einstellung des Gewerbeuntersagungsverfahrens.

Welche juristischen Konsequenzen hat die Gewerbeuntersagung?

Gegen den Gewerbeuntersagungsbescheid kann innerhalb eines Monats Klage beim Verwaltungsgericht erhoben werden. Im Falle der Anordnung des sofortigen Vollzugs der Untersagung kann beim Verwaltungsgericht ein Antrag auf aufschiebende Wirkung gestellt werden. Sofortiger Vollzug bedeutet, dass die Gewerbetätigkeit sofort eingestellt und das Gewerbe abgemeldet werden muss.
Ist ein Untersagungsbescheid unanfechtbar geworden, kann frühestens nach einem Jahr ein Antrag auf Wiedergestattung der Ausübung der selbstständigen Tätigkeit gestellt werden. Vorausgesetzt werden Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass eine Unzuverlässigkeit nicht mehr vorliegt (positive Zukunftsprognose).