Pauschale Schließungen beenden

Einzelhandel und Gastgewerbe stellen Lösungen vor

Eine schrittweise Öffnung der Einzelhandelsgeschäfte und Gastronomie unter einem Inzidenzwert von 100, Personal Shopping, Rückverfolgbarkeit der Kundendaten: Einzelhandel und Gastronomie haben längst Alternativen zur pauschalen Schließungsanordnung bei der Politik eingereicht – doch bislang ohne Erfolg. „Die Stimmung in Gastronomie und Handel ist nach der jüngsten Verlängerung des Lockdowns definitiv gekippt“, so der Hauptgeschäftsführer der IHK Lahn-Dill, Burghard Loewe. Bei der Corona-Hotline der IHK Lahn-Dill häuften sich inzwischen die Stimmen von Anrufern, die befürchten, die neuerliche Verlängerung der Schließungsanordnung nicht mehr zu überleben, ergänzt Alexander Cunz, Bereichsleiter Existenzgründung, Unternehmensförderung, Steuern, International.
„Wir haben die Politik mehrfach aufgefordert, Perspektiven aufzuzeigen und schrittweise Lockerungen zu ermöglichen. Doch unsere Forderungen sind nicht erhört worden. Die Politiker haben keine Lösungsansätze für uns“, so der Handelsausschussvorsitzende der IHK Lahn-Dill, Jörg Palm. „Die neuen Verlängerungen ohne Perspektiven, aber dafür mit einem neuen – noch niedrigeren - Inzidenz-Grenzwert von 35 sind für uns nun nicht mehr hinnehmbar.“ Der Handelsausschuss der Kammer fordert die Politik auf, sich endlich „ernsthaft mit den Lösungsvorschlägen und dem Stufenmodell von Handel und Gastgewerbe auseinanderzusetzen“.
„Wir wollen unsere Geschäfte ab einem Inzidenzwert von unter 100 schrittweise wieder öffnen dürfen“, erläutert Jörg Palm das Konzept des Handels. Die Kammer habe dafür Terminvereinbarungen in Kombination mit Zugangsbeschränkungen (bestimmte Personenzahl in Proportion zu Quadratmetern) vorgeschlagen, das so genannte Personal Shopping. Kundenansammlungen würden dabei vermieden, zusätzlich müssten Hygiene- und Abstandsregeln eingehalten sowie Kontaktdaten erfasst werden.
In der Gastronomie sollte eine Wiedereröffnung - wie nach dem ersten Lockdown im Mai des vergangenen Jahres - umgesetzt werden. Damit habe man überall gute Erfahrungen gemacht, teilt der Hessische Industrie- und Handelskammertag (HIHK) gemeinsam mit dem Hessischen Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA mit. So hätten alle mess- und rückverfolgbaren Infektionsraten im Gastgewerbe weit unter zwei Prozent Anteil am Gesamtinfektionsgeschehen gehabt. Das habe nicht zuletzt daran gelegen, dass sich Unternehmen in der Branche mit umfangreichen Schutzkonzepten und Investitionen in Belüftungssysteme und Luftfilter professionell aufgestellt hätten.
Auch Fitnessstudios hätten sich bereits nach dem ersten Lockdown mit umfassenden Hygienekonzepten angepasst. Durch ein digitales Termin- und Einlassmanagement ließen sich Kundenströme zusätzlich steuern, Kontakte minimieren und nachverfolgen, so die IHK weiter. Ebenso gebe es sehr gute Hygienekonzepte in der Veranstaltungsbranche, mit denen ebenfalls ein schrittweises Öffnen in Betracht gezogen werden könnte.
„Es steht für uns außer Frage, dass Gesundheit vorgeht. Auch wir sind in Sorge vor den neuen Corona-Mutationen“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Loewe. „Doch in Abhängigkeit des Infektionsgeschehens benötigt unsere Wirtschaft dringend verantwortbare Perspektiven für die geschlossenen Betriebe. Die Lösungen liegen vor. Jetzt gilt es, Arbeitsplätze zu sichern.“