IHK-Jahresempfang

Deutliche Worte von Präsident Flammer

Beim IHK-Jahresempfang appelliert IHK-Präsident Flammer dazu, die Herausforderungen als Chancen zu nutzen

Pressemeldung vom 22. März 2022

Nach zweijähriger, coronabedingter Pause hat die IHK Lahn-Dill wieder zu einem Jahresempfang in die Stadthalle nach Wetzlar geladen. Angesichts der aktuellen Entwicklungen in der Welt könne dieser aber leider nicht so sorglos gefeiert werden, wie wir uns das gewünscht hätten, stellte IHK-Präsident Eberhard Flammer in seiner Eingangsrede fest. Ob Corona, Ukraine-Krieg oder Inflation – „wir werden von den Geschehnissen in einem ungeahnten Tempo überrannt“, so Flammer. Beherrschendes Thema sei sicherlich der Krieg in der Ukraine, der sich etwa durch Rohstoffengpässe und ausbleibende Lieferungen auch auf 83 Prozent der Betriebe im heimischen IHK-Gebiet auswirke. „Wir sind betroffen, aber wir helfen auch“, betonte Flammer.
So beteiligt sich die IHK Lahn-Dill etwa an der bundesweiten Aktion „#WirtschaftHilft“ und hat mit Unterstützung ihrer Mitgliedsunternehmen ein regionales Netzwerk auf die Beine gestellt, dessen Ziel es ist, Kriegsflüchtlingen eine schnelle und unbürokratische Integration in den heimischen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Wer selbst Arbeits- oder Ausbildungsplätze anbieten möchte, findet in der Geschäftsstelle in Dillenburg die passenden Ansprechpartner.
„Wir müssen den Preis für unsere Freiheit entrichten“
Flammer schlug auch deutliche Worte in Richtung Politik an. Es sei nicht nachvollziehbar, warum Deutschland noch immer monatlich rund 1,6 Milliarden Euro für Gas- und Öllieferungen an Russland zahle. „In der Ukraine wird um Freiheit gekämpft und wir debattieren hier über Versorgungslücken“, betonte der IHK-Präsident und prophezeite weiter, dass der Krieg auch an Deutschland nicht ohne Wohlstandverluste vorübergehen werde. „Wir müssen den Preis für unsere Freiheit entrichten“, sagte er und brachte einen Gasstopp aus Russland ins Spiel.
Klimaschutz und Cyber-Sicherheit sind die Zukunftsthemen
Dabei sind die Auswirkungen des Krieges keineswegs die einzigen Herausforderungen, denen die heimische Wirtschaft dieser Tage gegenübersteht: Als weitere Beispiele führte Flammer den Fachkräftemangel in vielen Branchen, den Schutz vor Cyber-Angriffen und, als eines der Kernthemen der Zukunft, den Klimaschutz an. Gerade was die Herausforderungen des Ressourcen- und Klimaschutzes angehe, könnten die bisherigen Leistungen nur den Anfang markieren, sagte Flammer. Mit neuen Modellen und Ideen müssten die Unternehmen in der Region auf die Chancen reagieren, die sich durch den Klimawandel ergeben. Der Blick auf die Veränderungsprozesse der vergangenen 100 Jahre und wie die heimischen Betriebe darauf reagiert haben, stimme ihn zuversichtlich, dass sie auch die jetzigen Herausforderungen meistern werden, sagte Flammer und appellierte an die Unternehmen: „Handelt offensiv – nicht hadernd.“ Denn nur so könne man einen Kompetenzvorsprung für sich reklamieren.

Nachhaltiges Wirtschaften: „Sinnvoll für Mensch und Erde“
Zu den motivierenden Worten des Präsidenten passte auch der Vortrag von Gastredner Gunther Weiss, Abteilungsverantwortlicher für das Qualitätsmanagement bei der Darmstädter Firma Alnatura, der darin zeigte, wie nachhaltiges Wirtschaften gelingen kann. Die Akzeptanz dafür sei in der Gesellschaft so hoch, wie selten zuvor, wie Weiss anhand aktueller Umfragen belegte. Demnach wünschen sich über 80 Prozent der Befragten nachhaltige Produktionsweisen, menschenwürdige Arbeitsbedingungen und wenig Verpackungsmüll. Zudem sprachen sich mehr als Dreiviertel der Befragten für klimaneutrale Produkte sowie regionale oder gar lokale Erzeugnisse aus. Damit spiegele die Befragung ein öffentliches Meinungsbild wider, das dem Gedanken der Nachhaltigkeit entspreche, wie er vor mehr als 300 Jahren in der Forstwirtschaft formuliert wurde und der auch die Grundlage der unternehmerischen Philosophie Alnaturas bilde, erklärte Weiss.
„Führen durch Teilhabe“
„Aus diesem Gedanken haben wir unsere Vision entwickelt: Sinnvoll für Mensch und Erde“, betonte Weiss. Dabei erstrecke sich die Nachhaltigkeit des Unternehmens auf mehrere Dimensionen. Aus ökonomischer Sicht etwa stehe der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen im Zentrum, aus ökologischer Sicht wiederum der Klimaschutz und der Erhalt der Artenvielfalt. Besondere Bedeutung messe Alnatura aber der sozialen Dimension der Nachhaltigkeit bei. Getreu dem Motto „Der Mensch im Mittelpunkt“ gebe es in den Büros am Stammsitz in Darmstadt weder Wände und Türen, noch feste Sitzplätze – nicht einmal für die Geschäftsführung, berichtete der Redner. Auf diese Weise werde gewährleistet, dass alle Mitarbeiter offen blieben für Neues und stets kreativ und innovativ seien. Weiss sprach von einer „sozialorganischen Führung“, die durch kollegiale Zusammenarbeit, aber auch eine gezielte Ich-Entwicklung in Form einer Motivation zur Selbstführung gekennzeichnet sei. Ein Konzept, das auch Eberhard Flammer in seinem Dank an den Gastredner begeisterte: „Eigene Projekte und Ideen der Mitarbeiter zuzulassen, sind der Schlüssel für ein Führen durch Teilhabe“, stellte er fest. Ein solches System könne sich nachhaltig auf ein positives Betriebsklima auswirken, wie das Beispiel Alnatura zeige.

Urkunden für das Ehrenamt
Neben dem Ausblick auf die unternehmerischen und gesellschaftlichen Herausforderungen der nächsten Zeit nutzte die IHK ihren Jahresempfang auch, um langjährige und verdiente Mitglieder sowie ehemalige Auszubildende für deren besondere Leistungen zu ehren. Für elf Jahre Mitgliedschaft im Handelsausschuss zeichnete Eberhard Flammer Anke Kaps und für elf Jahre Mitgliedschaft im Industrieausschuss Dr. Felix Heusler aus.


Landesbeste Azubis geehrt
Als landesbeste Auszubildende wurden Julia Jennemann (Feinoptikerin bei Zeiss SMT), Maximilian Diehl (Fluggerätemechaniker in der Fachrichtung Fertigungstechnik bei Safran Cabin), Jannik Schwehn (Groß- und Außenhandelskaufmann in der Fachrichtung Großhandel bei Balzer und Nassauer) sowie Alexander Wagner (Technischer Modellbauer in der Fachrichtung Gießerei bei Meissner AG) geehrt. Ihre Leistungen auf Landesebene seien Beleg für den Erfolg der Dualen Ausbildung als Fundament für den weiteren beruflichen Werdegang, betonte Iris Baar, die die Ehrungen durchführte. Neben den Auszubildenden dankte sie dabei auch deren Ausbildern, die dieses Erfolgsmodell erst ermöglichten.