Gewerberaum-Mietwertübersicht 2022

Wetzlar führt Gewerbemieten an

Pressemitteilung vom 24. November 2022

Die neue Gewerbemietwertübersicht für Ladenflächen, Büros, Praxen und Hallen im Lahn-Dill-Kreis ist erstellt. Die IHK Lahn-Dill hat zusammen mit dem Amt für Bodenmanagement Marburg die aktuellen Mietpreise für Gewerbeimmobilien bei den Gewerbetreibenden und Freiberuflern abgefragt. „Mit unserer Übersicht wollen wir Transparenz auf den Markt bringen“, erklärt Stefanie Flecke, Vorsitzende des Gutachterausschusses für Immobilienwerte für den Bereich der Landkreise Gießen, Marburg-Biedenkopf und Lahn-Dill. Wichtigste Botschaft der fünften Auflage der Mietübersicht: Der wachsende Online-Handel und die Corona-Politik in den vergangenen drei Jahren haben dem stationären Einzelhandel stark zugesetzt. „Wir sehen, dass die Nachfrage nach Gewerberäumen sinkt, die Mieten sind gegenüber der Erhebung vor vier Jahren insgesamt stabil geblieben, für Ladenflächen leicht gesunken und bei Büroräumen nur minimal gestiegen“, so Stefanie Flecke weiter. Damit seien die Mietspannen für Ladenflächen mit denen für Büros und Praxen seit der Erhebung zum ersten Mal annähernd gleich. 

Wetzlar als Oberzentrum führt das Ranking bei den Gewerbemieten an: So beträgt die Netto-Kaltmiete für Einzelhandelsflächen zwischen 100 und 200 Quadratmetern in der Altstadt zwischen 6 und 12 Euro pro Quadratmeter und ist damit stabil geblieben zu 2018. In Karl-Kellner-Ring und Langgasse kosten vergleichbare Flächen zwischen 5 und 14 Euro (2018: 6 bis 14 Euro), in der Bahnhofstraße (Fußgängerzone) sind die Spannen zwischen 8 und 15 Euro ebenfalls gleich geblieben zu 2018. 

In der Kernstadt des Mittelzentrums Dillenburg (Marktstraße, Hauptstraße/Fußgängerzone) halten sich die Mietspannen zwischen 4 und 9 Euro stabil, Büro- und Praxismieten liegen mit 4 bis 8 Euro ebenso gleichbleibend zu 2018. In der Herborner Kernstadt ist die untere Spanne für vergleichbare Einzelhandelsflächen auf 5 bis13 Euro gesunken (2018: 6 bis 13 Euro), Büro- und Praxismieten sind im oberen Wert auf 9,50 Euro gestiegen (2018: 4 bis 9 Euro). 

„Dillenburg, Herborn und auch Haiger verhalten sich von den Mietpreisen her relativ stabil zueinander, wobei Herborn am attraktivsten zu sein scheint“, erläutert Tobias Rhiel, zuständig für die Erhebung und Auswertung der Daten beim Amt für Bodenmanagement Marburg. In der Biedenkopfer Kernstadt müssen für Büro- und Praxisräume zwischen 4 bis 8 Euro gezahlt werden – ähnlich viel wie für Einzelhandelsflächen (5 bis 8,50 Euro). In Bad Endbach liegen die Mieten inzwischen sogar gleichauf: Zwischen 4 und 7 Euro werden in der Kernstadt jeweils an Miete für Büro-, Praxis- oder Einzelhandelsflächen fällig (2018: 4,50 bis 7 Euro für Einzelhandelsflächen bzw. 4 bis 6, 50 Euro für Büro- und Praxisräume).

„In Wettenberg haben die Büro- und Praxismieten die Preise für Einzelhandelsflächen inzwischen sogar überholt“, so Rhiel weiter. Das sei in immer mehr Ortslagen zu beobachten: „Wir sehen erstmals, dass der Einzelhandel in den besseren Lagen unserer Region teilweise bereits knapp unter den Büro- und Praxismieten liegt.“ Dieser Trend werde sich weiter verstärken, prognostiziert der Experte: „Der Einzelhandel wird auf das Niveau der Büromieten sinken bzw. Büromieten werden den Einzelhandel in der ländlichen Region überholen. 

IHK-Einzelhandelsexpertin Claudia Wagner erklärt den Wandel: „Durch den wachsenden Online-Handel werden immer weniger Flächen vom stationären Einzelhandel benötigt. Freiwerdende Flächen werden teilweise von Dienstleistern gemietet oder für Wohnraum umgenutzt. Die Mietpreise für Ladenflächen müssen sich noch weiter nach unten korrigieren, wenn wir den Einzelhandel in unseren Innenstädten behalten wollen.“ Dadurch veränderten sich die Mietpreise insgesamt, so die Referatsleiterin, die sich für neue Konzepte in den Innenstädten einsetzt, damit bestehende Geschäfte und Gastronomie nicht weitere Frequenzverluste hinnehmen müssen. Doch auch dem Büroraum habe Corona zugesetzt, der Trend zum Homeoffice habe die Nachfrage ebenfalls sinken lassen.
IHK-Hauptgeschäftsführer Burghard Loewe zeigt sich dennoch zuversichtlich, denn: „Langsam kommt die Problematik des Einzelhandels in den Citylagen auch in der Politik an.“ Das sei die Voraussetzung dafür, an die Umgestaltung der Leerstände gehen zu können. Letztlich seien funktionierende Innenstädte für alle wichtig – die Industrie und die ganze Region: „Belebte Innenstädte sind ein wichtiger weicher Standortfaktor.“

Die Gewerberaum-Mietwertübersicht von IHK Lahn-Dill und dem Amt für Bodenmanagement Marburg geht mit der aktuellen Erhebung in die fünfte Auflage. Bei der Erstellung wurde auf die Expertise der ehrenamtlichen Gutachter Robert Puth und Gerhard Schlier zurückgegriffen. Das Projekt läuft seit 2008 und dient einer ersten Orientierung, um möglichen überzogenen Forderungen von Eigentümern Vorschub zu leisten. Sechs regionale Banken, die Sparkasse Dillenburg, Sparkasse Marburg-Biedenkopf, Sparkasse Wetzlar, Volksbank Heuchelheim, Volksbank Mittelhessen und die VR Bank Lahn-Dill, unterstützen das Projekt finanziell.