Herbstumfrage der IHK Lahn-Dill

Geschäftserwartungen deutlich eingetrübt

Pressemitteilung vom 11. November 2022

Die geopolitische Situation in Osteuropa, die hohe Inflation und die Sorge um die Energiekosten hinterlassen ihre Spuren in der industriestärksten Region Hessens: Zwar beurteilen die regionalen Unternehmen ihre Geschäftslage im Kammerbezirk der IHK Lahn-Dill per Saldo weiter positiv. Der Klimaindex, das wirtschaftliche Stimmungsbarometer der regionalen Wirtschaft, gibt jedoch deutlich nach und fällt nach 96 Punkten zur Jahresmitte auf 78 Indexpunkte im Herbst – der schlechteste Wert seit der Finanzkrise 2009. Das ist das Ergebnis der jüngsten Konjunkturumfrage der IHK Lahn-Dill, an der sich 800 Unternehmen beteiligt haben.
„Noch ist die Lage positiv, wir sind ein stark aufgestellter Kammerbezirk. Doch die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung liegt in dichtem Nebel“, kommentierte IHK-Präsident Dr. Felix Heusler die aktuellen Zahlen. 31 Prozent der befragten Unternehmen an Lahn und Dill schätzen ihre Lage als gut ein, 20 Prozent als schlecht. 49 Prozent sind zufrieden. Die Geschäftserwartungen sind – auch bei sinkender Kaufkraft und anhaltenden Lieferengpässen – dagegen deutlich eingetrübt: Nur 5 Prozent (Vorumfrage 14 Prozent) der heimischen Wirtschaftsvertreter planen mit einem günstigeren Geschäftsverlauf. 45 Prozent (Vorumfrage 49 Prozent) der Befragten erwarten keine Veränderung (Vorumfrage 49 Prozent) und die Hälfte der Unternehmen geht von einem ungünstigeren Geschäftsverlauf für das kommende Jahr aus. 

Erneut deutlich an Dynamik eingebüßt haben auch die Exporterwartungen. Nur 9 Prozent der Befragten gehen noch von steigenden Exporten, 47 Prozent von fallenden und 44 Prozent von gleichbleibenden Umsätzen mit dem Ausland aus. Besorgt blicken vor allem die heimischen Automobilzulieferer auf zukünftige Geschäfte mit dem Ausland: Mit steigendem Exportgeschäft rechnen nur noch 5 Prozent. 53 Prozent erwarten unveränderte Exportzahlen, 42 Prozent gehen von fallenden Umsätzen aus.  

Auch die Investitionsbereitschaft der Unternehmen ist im Vergleich zur Vorumfrage deutlich gesunken: Mehr als geplant investieren wollen noch 27 Prozent, nach unten anpassen wollen dagegen 42 Prozent (Vorumfrage 23 Prozent). Von unverändertem Investitionsvolumen gehen 31 Prozent aus. 

Als Hauptrisiko sehen die Unternehmen mit 85 Prozent der Nennungen unangefochten die hohen Rohstoff- und Energiepreise, in der Industrie sind dies sogar 95 Prozent. Die Bemühungen der Regierung, die Situation mit einer Gas- und Strompreisbremse abzumildern, begrüßte IHK-Präsident Heusler, warnte jedoch davor, es dabei zu belassen: „Die Bremse setzt nur an den Symptomen an, nicht an den Ursachen.“ Hauptgrund für die jetzige Situation sei eine jahrelang falsch betriebene Energiepolitik: „Die Verantwortlichen sind gefordert, jetzt schnell gegenzulenken, neben der Ausweitung des Energieangebots müssen vor allem erneuerbare Energien stärker in den Fokus gerückt werden.“
In den weiteren Platzierungen des Risikorankings finden sich die schwächelnde Inlandsnachfrage (52 Prozent) und der Fachkräftemangel (50 Prozent) wieder. „Den Fachkräftemangel dürfen wir bei allen weiteren Schwierigkeiten nicht aus den Augen verlieren“, so IHK-Präsident Dr. Felix Heusler. „Aufgrund unserer demografischen Entwicklung werden die Unternehmen offene Stellen in Zukunft nicht mehr besetzen können. Das ist eine einfache mathematische Rechnung. Deshalb müssen wir die Hürden für die Einwanderung aus dem Ausland senken – aber nicht planlos. Wir brauchen insbesondere ein Einwanderungsgesetz, welches attraktiv auf Fachkräfte wirkt.“

Das Ergebnis der Herbstumfrage steht für rund 21.0000 Firmen, das sind 85 Prozent aller Gewerbetreibenden und 75 Prozent aller Beschäftigten im Bezirk der IHK Lahn-Dill.