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"Es geht nur gemeinsam"

Auf zehn Quadratmetern hat sie vor einem Vierteljahrhundert begonnen – mit einem Modelädchen in Dillenburg-Niederscheld: Susanne Reeh. Nach einem kurzen Zwischenstopp auf dem Kornmarkt in Herborn findet man die Einzelhändlerin seit 2012 mit ihrem Concept Store in der Herborner Fußgängerzone, Hauptstraße 11-13. 2017 entschloss sich Susanne Reeh, zusätzlich das „Steckenpferd“ in der Wetzlarer Altstadt zu übernehmen. In beiden Geschäften bietet sie ausgefallene Mode, dazu Schuhe und Accessoires passend zur Garderobe.
 Sie betreiben Ihr Modelädchen bereits seit 1996 und ein zweites Geschäft – das Steckenpferd – in Wetzlar. Wie schaffen Sie es, beide Geschäfte erfolgreich zu führen?
Susanne Reeh: Sicherlich, zwei Geschäfte zu führen, ist ein Spagat, aber es macht auch viel Freude. In beiden Geschäften habe ich jeweils ein klasse Team hinter mir. Auf meine Mitarbeiterinnen kann ich mich komplett verlassen. Hier steht – und springt - jeder für den anderen ein, auch standortübergreifend. Anders wäre es auch nicht machbar.
Das Geschäft in Wetzlar haben Sie 2017 übernommen. Nachfolgeregelungen bzw. Übernahmen sind in allen Branchen und Betriebsformen schwer, besonders im Einzelhandel. Wie ist Ihnen dieser Weg gelungen?
Susanne Reeh: Meine Familie war erst einmal dagegen. Doch das half nichts (lacht). Als ich das Geschäft in Wetzlar betreten haben, hatte ich Herzklopfen. Ich fand den Laden schon immer toll und wusste in dem Moment: Ich muss das machen. Es war eine Herzensangelegenheit, die ich bis heute noch keinen Tag bereut habe. Ich habe mir damals alles genau überlegt und es mir auch nicht schön gerechnet. Denn auch 2017 stellte der Internethandel schon eine große Konkurrenz für den stationären Handel dar. Doch ist eben vielen Kunden auch die individuelle Beratung wichtig, und die gibt es nur vor Ort. Außerdem wollen wir ja auch keine Geisterstädte, dagegen müssen wir etwas unternehmen. Ich bin einfach noch einmal durchgestartet und habe schnell auch meine Familie überzeugen können.
Die Textilbranche hat unter der Pandemie massiv gelitten. Was brauchen Sie jetzt, um weiterhin erfolgreich sein zu können?
Susanne Reeh: Wichtig sind für uns die verkaufsoffenen Sonntage. Wenn die wegfallen, merken wir das deutlich. Auch mein Team arbeitet gerne an diesen Tagen – das ist einfach etwas ganz Besonderes. Wichtig ist auch, dass die richtige Mischung in der Nachbarschaft erhalten bleibt. Allein durch die Restaurantschließungen in der Pandemie hatte ich zuletzt 40 Prozent Umsatzeinbußen. Da sieht man: Es geht nur gemeinsam. Speziell in der Textilbranche müssen wir den Menschen ein unverwechselbares Einkaufserlebnis bieten und Modenschauen sowie andere Events veranstalten. Für den Sommer plane ich in Wetzlar ein spanisches Event mit Tapas und Live-Musik. Das werde ich auch auf Instagram einstellen. Das ist für mich inzwischen ein sehr wichtiger Kanal geworden, um mit meinen Kunden zu kommunizieren, ich bekomme über diese Plattform viele Rückmeldungen.
Ihre beiden Geschäfte haben Sie in zwei einkaufsstarken Kommunen. Können Sie die Standorte miteinander vergleichen und was wünschen Sie sich speziell für Herborn?
Susanne Reeh: Ich sehe in beiden Städten riesiges Potenzial für den Einzelhandel. Vor allem die vielen inhabergeführten Geschäfte machen den Einzelhandel und das besondere Einkaufsflair aus. Wir müssen uns alle als Team begreifen und den Konkurrenzgedanken aussparen. Mit tollen Events wie den verkaufsoffenen Sonntagen können wir bunte Stadt bleiben. Das wünsche ich mir. Wir müssen an uns und unserer Stadt arbeiten, das wird das Motto der nächsten Jahre sein. Es geht eben nur gemeinsam!

  
Herborn im Lahn-Dill-Kreis hat 20.543 Einwohner (Quelle MB Research 2021), der Einzelhandelsumsatz vor der Pandemie pro Einwohner lag in 2021 bei 7.895 Euro. Zum Vergleich: Der Bundesdurchschnitt lag bei 5.596 Euro pro Jahr. In Herborn gibt es 263 Einzelhandelsbetriebe (Quelle: Selektion IHK Lahn-Dill September 2021) Standortbereiche für den Handel liegen vorwiegend im zentralen Versorgungsbereich Innenstadt, in der Unteren Au und der Konrad-Adenauer-Straße. Die Innenstadt besteht aus kleinteiligem Einzelhandel und dem Dill-Center als wichtigem Magnetbetrieb für den zentralen Versorgungsbereich.

Herborn verzeichnet sehr erfolgreiche verkaufsoffene Sonntage mit großen Events. Geplant für dieses Jahr: Erdbeersonntag, 12. Juni 2022, Kartoffelsonntag, 11. September, Martinimarkt, 6. November. Zusammen mit dem ebenfalls (vor der Pandemie) jährlich stattfindenden Brutzelsonntag Anfang April verzeichnen die Events insgesamt rund 20.000 bis 25.000 Besucher. (Quellen: MB Research 2021 und IHK-eigene Selektion Einzelhandelsbetriebe September 2021) Herborn hat 2021 an der IHK-Aktion „Heimat shoppen“ teilgenommen.

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