Wagner trifft...

"Schöner Wohnen bleibt im Trend"

Seit mehr als 40 Jahren gibt es die Opti-Wohnwelt in Deutschland. Oliver Föst ist der Kopf des familiengeführten Unternehmens aus Niederlauer in Unterfranken, das mittlerweile auf 39 Filialen bundesweit angewachsen ist. Im Kammerbezirk der IHK Lahn-Dill ist vor zwei Jahren der Standort Haiger mit 35 Mitarbeitern dazugekommen – und nach seiner Eröffnung vergangenen Sommer auf dem besten Weg, zu einer Perle in der Möbelkette zu werden.

Herr Föst, den Standort Haiger haben Sie im vergangenen Jahr eröffnet, viel umgebaut, viel investiert. Und das in einer herausfordernden Zeit nach Corona, mit Kaufzurückhaltung durch den Ukraine-Krieg, Energiekrise und Inflation. Das ist eine mutige Entscheidung gewesen, die sicherlich lange vor Corona getroffen wurde. Würden Sie sich heute noch einmal so entscheiden?
Oliver Föst: Auf jeden Fall! Wir hatten im ersten Coronajahr die Möglichkeit, uns 20 weitere Standorte zu unseren damals bestehenden 19 Filialen zu sichern. Einer davon war Haiger. Der Ort stand auf unserer Prioritätenliste ganz oben. Zwar gab es 2020 durch Corona erst einen Einbruch, dann aber entwickelte sich das Geschäftsjahr zu einem der besten in unserer Geschichte. Die Bürger haben in ihr Zuhause investiert, umgebaut und erneuert. Dazu kam, dass es Ende 2020 keine Zinsen gab, und der Energiemarkt sich stabil präsentierte. Es waren also optimale Voraussetzungen für die Übernahme von 20 Standorten, die wir peu á peu umgebaut und modernisiert haben. In der heutigen Situation vor dem Hintergrund von Energiekrise, Inflation und damit einhergehender Kaufzurückhaltung würden wir allerdings vorsichtiger agieren.
Möbel individualisieren unser Zuhause und schaffen ein Wohlfühlklima. Das Wohnen hat sich komplett verändert, der Raumbedarf auch. Die Küche ist schon lange unser Wohnzimmer geworden, hier sind die Ansprüche besonders groß. Wie hat sich im Laufe der Jahre der Bedarf verändert, und wirkt sich die in der Corona-Zeit aufgetretene Umbau- und Investitionsfreude noch aus?
Oliver Föst: „Schöner Wohnen“ bleibt im Trend. Dennoch hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Wir haben uns - gerade auch vor der Eröffnung in Haiger – gefragt: Wollen wir ausschließlich ein Möbelhaus mit konventionellem Angebot oder setzen wir zusätzlich auf einen Preisunterbau mit Mitnahmemarkt – also agieren wir auch günstig und bevorratet? Wir haben uns für die Mischung entschieden und fahren sehr gut damit. Man kann sich bei uns beispielsweise Küchen oder Wohnzimmerlandschaften zusammenstellen lassen und bestellen, aber auch Discountpreisware direkt mit nach Hause nehmen.
Ihre Möbel sind auch online erhältlich. Macht das Online-Geschäft einen bedeutenden Anteil aus? Wie kommunizieren Ihre Vertriebskanäle und profitieren Ihre stationären Standorte davon?
Oliver Föst: Der Online-Handel hat zugenommen, der Wettbewerb, wie wir ihn lange Jahre kannten, läuft längst nicht mehr nur stationär. Bei Opti Wohnwelt versuchen wir, die Vorteile der digitalen Welt mit denen der stationären Welt zu verbinden. So nutzen wir beispielsweise die Online-Medien, um unsere Kunden mit unseren Angeboten zu erreichen. Wir lassen auch noch Prospekte drucken, doch heute weitaus weniger als noch vor einigen Jahren. Auch können wir digital deutlich mehr Sortiment anbieten als stationär. Wir wissen aber auch, dass niemand auf einer digitalen Couch sitzen oder den Teddystoff eines Ohrensessels fühlen kann. Unsere Produkte sind nicht digitalisierbar, die Haptik ist wichtig. Deshalb wird es das Angebot unseres Möbelhauses immer auch stationär geben. Hier können wir Erlebnisse schaffen.
Verkaufsoffene Sonntage sind für Einrichtungshäuser besonders wichtig, weil die ganze Familie über Anschaffungen mitentscheidet und dafür Zeit braucht. Die Anforderungen an verkaufsoffene Sonntage sind allerdings deutlich gestiegen und kaum noch praktikabel durchzuführen. Wie gehen Sie damit um? Und was würden Sie sich – unabhängig von verkaufsoffenen Sonntagen - für Ihren neuen Standort in Haiger wünschen?
Oliver Föst: Wir wünschen uns verkaufsoffene Sonntage, sie sind wichtig für uns. Denn der Möbeleinkauf ist Familieneinkauf – und Familien haben vor allem am Wochenende Zeit. Zwei bis vier Sonntage im Jahr halte ich für ausreichend – auch im Hinblick auf unsere Mitarbeiter, die ebenfalls Familie haben. Unsere Mitarbeiter stehen dem Thema sehr aufgeschlossen gegenüber. Für die meisten ist der Sonntag sogar ein attraktiver Arbeitstag, schließlich gibt es eine steuerfreie Zulage, Freizeitausgleich und natürlich deutlich mehr Kunden als an den anderen Tagen. Auch im Hinblick auf die Online-Konkurrenz sind vereinzelte verkaufsoffene Sonntage ein tolles Angebot und eine Chance.
Das Interview führte Claudia Wagner
Haiger hat 19.321 Einwohner (Stand 1. Januar 2022). Der Einzelhandelsumsatz betrug 2022 pro Kopf 6.150 Euro, wobei der Bundesdurchschnitt bei 5.972 Euro lag. Die Stadt im Lahn-Dill-Kreis hat 317 Einzelhandelsbetriebe mit Autohäusern, Tankstellen, Apotheken und Online-Shops.

Mit 13 Stadtteilen hat Haiger die meisten Stadtteile im Lahn-Dill-Kreis: Allendorf, Dillbrecht, Fellerdilln, Flammersbach, Langenaubach, Niederroßbach, Oberroßbach, Offdilln, Rodenbach, Sechshelden, Seelbach, Steinbach und Weidelbach. Der Technologiepark „Kalteiche“ liegt direkt an der Autobahn A 45 mit einer Bruttofläche von 710.000 Quadratmetern. Haiger glänzt durch besonders starke Familienunternehmen wie beispielsweise Loh, Cloos, Weiss oder Klingspor, die auf eine bis zu 200-jährige Geschichte in der Kernstadt zurückblicken können.

Der Haigerer Wochenmarkt findet in der Regel donnerstags von 11 bis 18 Uhr auf dem Marktplatz statt. Seit 2021 ist Haiger Fairtrade-Stadt. Gemeinsam mit der nordrhein-westfälischen Nachbarkommune Wilnsdorf gestaltet Haiger ein abwechslungsreiches Kulturprogramm. Live-Konzerte oder Lesungen auf dem Marktplatz oder in historischen Gebäuden wie in der Langenaubacher Kulturkapelle oder in der Stadtkirche finden regelmäßig mit vielen Besuchern statt. Anlässlich der regelmäßig stattfindenden Auto- und Mobilitätsschau im Frühjahr und dem Lukasfest im Herbst (22.10.2023) finden in Haiger zwei verkaufsoffene Sonntage statt.
(Quellen: MB Research, IHK Selektion Februar 2023, www.haiger.de)
Lahn-Dill Wirtschaft 7/8 2023