"Schöner Wohnen mit ausgefallenem Konzept"

Regina Andermann: Als Immobilienmaklerin hatte ich 2015 das wunderschöne Haus am Kurpark in der Vermarktung. Doch nachdem ich einige Besichtigungstermine dort hatte, wuchs langsam ein Konzept in mir. Schließlich stand für mich fest: Ich möchte das Haus selbst nutzen, um Menschen zu zeigen, wie man wohnen kann. Als ausgebildete Home Stagerin habe ich viele Jahre Immobilien zur Vermarktung optimiert. Da lag es nahe, das Haus einem solchen Konzept zuzuführen.

Jeder Raum behält seine Funktion. Man findet bei mir alles rund um die Küche auch in der vorhandenen Küche. Badezimmerartikel im Badezimmer, ein gedeckter Tisch zeigt, wie man mit Freunden dinieren kann. Dieses außergewöhnliche Konzept kommt sehr gut an. Auf Messen werden die Lieferanten auf „Das Wohnhaus“ aufmerksam, auch bei den Kunden hat sich mein Konzept gut durchgesetzt. Der Kundenkreis wird immer größer. Ich bin stets überrascht, bis wohin sich mein Angebot herumgesprochen hat. Corona und Inflation haben zwar auch meinem Geschäft schwer geschadet und zu Umsatzeinbußen geführt. Aber mit neuen Ideen arbeite ich gerade daran, mit dem Geschäft wieder die Umsatzwerte von vor der Coronazeit erreichen zu können.

Regina Andermann: Sowohl als auch. Im Laufe eines Gespräches stellt sich oft sehr schnell heraus, dass man vieles zwar im Geschäft besprechen kann, aber dann doch einige Details besser vor Ort klärt. Ob im Neubau bezüglich einer Erstausstattung oder bei der Veränderung einzelner Räume. Das Portfolio reicht von einer klassischen Farbberatung mit eigenen Möbeln und einzelnen neuen Accessoires bis hin zur kompletten Raumumgestaltung mit Farbe, neuen Möbel und Dekoartikeln. So wie aktuell bei einer Umgestaltung von Praxisräumen erarbeite ich ein Konzept und begleite das Projekt im Anschluss. Mit der Marke Rivièra Maison steht mir ein starker Partner zur Seite, welcher beispielsweise auch Hotels und Cafés ausstattet.

Regina Andermann: Oh ja, es hat sich seit meiner Geschäftseröffnung sehr viel verändert. Man kann schon einen gewissen Kundenrückgang in der Stadt erkennen. Viele Menschen sind inzwischen – geschuldet durch Corona – zum Onlinehandel abgewandert. Aber damit hat aktuell jede Stadt zu kämpfen. Wir müssen nun gemeinsam mit der Stadt Braunfels die richtigen Stellschrauben finden.

Natürlich kann unsere Kundschaft im Internet 24/7 einkaufen. Aber ist das Produkt, das ich dort sehe, auch das, was ich haben möchte? Hat es die Farbe, Größe oder Haptik und vor allem die Qualität, die ich suche? Oftmals nicht. Ganz abgesehen vom CO2-Fußabdruck den ich durch das Bestellen im Internet auslöse. Bei uns dagegen bekommen die Kunden ein Einkaufserlebnis, das sie sofort mit nach Hause nehmen können. Wenn ein Kunde ein individuelles Geschenk oder eine spezielle Wohnausstattung sucht, findet er die Beratung eher bei uns im Einzelhandel.

Und oftmals ist auch gerade mein Geschäft eine Ablenkung aus dem Klinikaufenthalt und kann Seelentröster sein. Hier kann man sich eine Auszeit nehmen. Das persönliche Gespräch mit meinen Kunden ist mir sehr wichtig. Ich komme doch auch gerne in ein Geschäft, in dem ich herzlich empfangen werde. So wie ich behandelt werden möchte, so behandele ich auch meine Kunden. Seien wir mal ehrlich: Ziehen wir nicht alle eine schöne Einkaufsatmosphäre gegenüber überfüllten Einkaufszentren vor? Diese Atmosphäre finde ich meistens im kleineren, stationären Einzelhandel.

Regina Andermann: Ich bin schon oft angesprochen worden, ob für mich ein Standortwechsel in Frage kommt und habe Anfragen aus anderen Städten erhalten. Aber ehrlich gesagt, kann ich mir derzeit mein Konzept an keinem anderen Ort vorstellen. Was ich mir für Braunfels wünsche? Oh, da gibt es so einiges. Wichtig wäre es, wenn Braunfels wieder aus seinem Dornröschenschlaf erwachen würde: Uns fehlen tolle Veranstaltungen, mit denen die Menschen in unsere schöne Stadt gelockt werden. Der Tourismus muss wieder mehr angekurbelt werden.

Das Schloss und die beiden neu renovierten Hotels ziehen zwar einige Touristen an, dennoch benötigen wir – neben einer größeren Vielfalt an Geschäften mit neuen Konzepten – noch mehr Menschen in der Stadt. Mehr Rückhalt durch die Politik und die Bürger wäre wünschenswert. Mehr Identifizierung und mehr Zusammenarbeit mit der Stadt. Die Attraktivität einer Stadt ist auch abhängig von einem lebendigen Einzelhandel. Was wollen Touristen in einer Stadt, die nichts zu bieten hat?

Ich glaube, dass das Bewusstsein für den Einzelhandel vor Ort vor allem von den Stadtvätern stärker eingefordert werden muss. Was nützen einer Innenstadt eine verkehrsberuhigte Zone und überteuerte Parkplatzgebühren? Auf Touristen und potenzielle Kunden wirkt das eher abschreckend. Es ist ein ewiger Kreislauf. Kommt keiner in die Innenstadt, stirbt der Handel und die Stadt verliert die Attraktivität. Zudem kann die Stadt keine Einnahmen generieren. Dies gilt übrigens für jede Innenstadt! Egal wo!