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"Einkaufen auch für die ganz jungen Kunden zum Erlebnis machen"

Fast vier Jahrzehnte führt Corinna Wolf in der Wetzlarer Altstadt das Kindermodengeschäft „Piepmatz“. Angefangen hat die engagierte Einzelhändlerin 1984 am Eisenmarkt – damals mit Mode für Kinder bis sechs Jahre oder Größe 128. Aus dieser Zeit stammt auch der Name. Bereits 1986 zog Corinna Wolf in die Krämerstraße 1 und erweiterte ihr Angebot. Der Name ist geblieben – aber der Piepmatz ist groß geworden und gilt heute als etablierter und mehrfach zertifizierter Händler für Kindermode bis 14 Jahre und älter – inklusive Anlassmode für Kommunion, Konfirmation und andere Feste.
Frau Wolf, der Piepmatz für die „Kleinen“ wird in diesem Jahr schon 39 Jahre alt. Das ist eine lange Zeit und der Piepmatz sowie Ihre Kunden sind gewachsen. Wie haben Sie sich im Laufe der Jahre verändert?
Corinna Wolf: Der Piepmatz ist groß geworden, dementsprechend hat sich auch mein Sortiment verändert. Am Anfang hatte ich die Kinder bis zum Einschulungsalter im Blick, heute habe ich das Sortiment bis Größe 176 und bei der Anlassmode – beispielsweise für die Konfirmation – sogar bis 182 erweitert. Längst ist der Piepmatz von der Boutique zum Fachgeschäft geworden und hat sich spezialisiert – unter anderem auf Hosen für jede Größe und jeden Geschmack. Meine Kundschaft ist mitgewachsen. Die kleinen Kunden aus der Anfangszeit sind heute selbst Eltern und kommen mit ihren Kindern zu mir – das freut mich besonders.
Neu ein- oder zweimal probieren, dann passt die Hose: Corinna Wolf hat sich auf Hosen in unterschiedlichen Passformen für ihre jungen Kunden spezialisiert.
© IHK Lahn-Dill
Sie bauen von Anfang an auf Persönlichkeit und Beratung in Ihrem Geschäft und bekommen dadurch einen individuellen Einblick. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, für jedes Kind eine passende Hose anzubieten. Am Anfang sind die Kinder noch „pflegeleicht“, da macht das gemeinsame Einkaufen Spaß, aber wie sieht es aus, wenn die Kinder älter und anspruchsvoller werden?
Corinna Wolf: Ab einem gewissen Alter haben die Kinder und Jugendlichen keine große Lust mehr, verschiedene Hosen oder andere Kleidungsstücke anzuprobieren. Meine Kunden – auch die kleinen – sind immer positiv überrascht, wenn ich eine Hose aus dem Regal ziehe, die sofort passt. Ich kann das einerseits vom Sortiment her bieten, andererseits habe ich auch den Blick dafür, was benötigt wird. Die Beratung beim Kauf vor Ort spielt da eine wichtige Rolle. Als Fachgeschäft ist Fachkompetenz unsere große Chance.
Bald ist es wieder so weit, dann finden Konfirmationen und Kommunionen statt. Das ist oft das erste bewusste und wichtige Fest für Jugendliche. Die Anlassmode ist also ein großes Thema. Wie findet Einkaufen bei Ihnen in dieser Ausnahmezeit statt? 
Corinna Wolf: Ich möchte das Einkaufen auch für die ganz jungen Kunden schon zum Erlebnis machen. Mädchen können in einem separaten Bereich Kleider und Schuhe für Kommunion oder Konfirmation anprobieren und auch entsprechenden Haarschmuck testen. Ebenso die Jungen. Sie können sich bei mir aus- und verschiedene Stile anprobieren. Das kann eine Anzughose genauso wie eine schicke Jogginghose sein. Ich berate die Jugendlichen zur Konfirmation gerne – auch ohne die Eltern. Es ist für die Jugendlichen ihr großer Tag, da müssen sie sich wohlfühlen. Das zeigt, der Piepmatz ist inzwischen viel mehr geworden als ein Kinderbekleidungsgeschäft.
Ihr Geschäft befindet sich in der wunderschönen Wetzlarer Altstadt. Sind Sie mit Ihrem Standort zufrieden? Was braucht ein Einkaufsstandort wie Wetzlar heute Ihrer Meinung nach, und was wünschen Sie sich speziell für die Altstadt?
Corinna Wolf: Ich bin sehr zufrieden, weil meine Kundschaft mir die ganzen Jahre über treu geblieben ist. Ich kleide inzwischen die zweite Generation ein. Meine Stammkundschaft pflege ich seit Jahrzehnten kontinuierlich: über Direktansprache via Whatsapp, auf Instagram oder Facebook. Bis zum 14. Lebensjahr erhält jedes Kind aus meiner Kundenkartei jährlich einen Zehn-Euro-Gutschein für den nächsten Einkauf mit Glückwünschen zum Geburtstag – handgeschrieben. Die Kundenkartei ist das Herzstück meines Geschäfts.
Für meinen Standort wünsche ich mir eine aktive Nachbarschaft und weitere Fachgeschäfte, denn sie sind es, die das Einkaufserlebnis in unserer Altstadt so besonders machen. Auch wünsche ich mir Sitzbänke zum Verweilen und mehr Grün in unserer Altstadt. Der Kornmarkt beispielsweise ist eine Steinwüste. Wichtig wäre auch ein Fahrradparkplatz mit einer Ladestation für E-Bikes – vielleicht am Hauser Tor. Öffentliche Toiletten fehlen ebenfalls. Die Parkplätze auf dem Haarplatz und der Lahninsel könnten besser beleuchtet sein.
Apropos Parkplätze: Es ist nicht gut, dass der Rückbau des Parkhauses am Dom bereits begonnen hat, aber das neue Parkhaus in der Goethestraße noch nicht steht. Wir Einzelhändler merken das. Dabei war es von der Stadt anders versprochen. Da wünsche ich mir mehr Verbindlichkeit gegenüber uns Einzelhändlern.
Das Interview führte Claudia Wagner

© IHK Lahn-Dill
Wetzlar hat rund 53.000 Einwohner und ist damit von 32 Kommunen die größte Stadt im Bezirk der IHK Lahn-Dill. Der Einzelhandelsumsatz betrug 2022 12.541 Euro pro Kopf und Jahr. Zum Vergleich: Der Bundesdurchschnitt lag bei 5.972 Euro. In der Goethe- und Optikstadt Wetzlar treffen sich moderne Technologie und faszinierende Geschichte. Die Altstadt, im Herzen von Wetzlar, bietet mit dem historischen Fachwerk eine Bühne für kleinteiligen Einzelhandel, Cafés, Restaurants und die viel besuchten Events. Dazu gehören der Auto- und Mobilitätssalon (29. bis 30.04), das Straßenmusikfestival 06. bis 07.05), das Sommernachtsweinfest (28. bis 30.07), Wetzlar Live (August und September), das Brückenfest (01. bis 03.09) und der Gallusmarkt (12. bis 15.10). Seit 2021 beteiligt sich Wetzlar bei der IHK-Aktion Heimat shoppen.

Die Altstadt bietet ihren Kunden einen sogenannten Altstadt-Gutschein an, der in rund 60 Betrieben in der Altstadt eingelöst werden kann. Anziehungsmagnete sind neben der malerischen Altstadt Leica Camera im Leitz-Park, das Forum sowie Ikea.

Wetzlar zieht Touristen ebenfalls mit dem Viseum und Optikparcours an. Vor der Pandemie 2019 haben rund 2.000 Stadtführungen in Wetzlar stattgefunden. Die Nachfrage ist nach dem Einbruch in der Pandemie wieder steigend.

(Quellen: MB Research 2022, IHK Selektion Juli 2022, Stadtmarketing Wetzlar, Stadt Wetzlar Tourismusentwicklung)