Wagner trifft...

Wagner trifft ...Christina Preisig

Christina Preisig eröffnete am 1. Dezember 1987 am Spritzenplatz in Gladenbach ihr erstes Ladenlokal. 2003 folgte die erste Filiale in Marburg, in den Folgejahren kamen weitere Filialen in Biedenkopf (2006), Marburg (Steinweg 2012), Marburg-Cappel (2015), Bad Essen (Niedersachsen 2018) und Marburg-Wehrda (2021). Das Geschäft in Gladenbach ist nach wie vor Hauptstandort, das Geschäft befindet sich in der Marktstraße. An drei Standorten werden zusätzlich zum Verkauf auch kosmetische Behandlungen angeboten. Seit 1998 wird in der Parfümerie Preisig ausgebildet, ab kommendem Jahr wird Christina Preisig auch den dualen Studiengang BWL anbieten. Seit 2016 ist Christina Preisig zudem Gesellschafterin der Beauty Alliance Deutschland, der größten führenden Parfümerie-Kooperation bundesweit.
Sie haben 1987 mit einem Geschäft in Gladenbach begonnen und sind seitdem stetig gewachsen. Heute betreuen Sie sieben Standorte und haben drei – inzwischen erwachsene - Kinder. Wie schaffen Sie das?
Christina Preisig: Geschafft habe ich das mit großer Unterstützung durch meinen Mann, der sich am Anfang sehr um die Kinder gekümmert und mich auch im Geschäft unterstützt hat. Unsere Kinder sind mit dem Geschäft groß geworden, ich habe sie immer mit eingebunden. Unser Geschäft gehört zu unserem Familienalltag, es ist unsere Lebensgrundlage. Große Unterstützung erfahre ich auch durch mein Team, das ausschließlich aus Fachkräften besteht. Derzeit habe ich – Auszubildende eingerechnet – 18 Mitarbeiter. Personalmangel kennen wir glücklicherweise nur aus der Vergangenheit, im Moment haben wir sogar Zuwachs an Bewerbungen auf Ausbildungs- und Praktikumsplätze.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Fachkräftemangel, Corona, Lieferengpässe, der Ukraine-Krieg und hohe Energiekosten – welche Themen begleiten Ihren Berufsalltag und welche erschweren Ihre Arbeit?
Christina Preisig: Im März vor zwei Jahren, als der erste Lockdown kam, hatte ich das Gefühl, mir wird der Boden unter den Füßen weggezogen. Ich hatte keine Einnahmen, machte keinen Umsatz, doch die Verbindlichkeiten liefen weiter. Mit Mut und Zuversicht haben wir dann einen regen Versand aufgebaut und über Social Media vieles möglich gemacht. Wir haben alles ausgeschöpft, und es hat funktioniert. Der Versand läuft immer noch und hat uns sogar Kunden über die Region hinaus gebracht.
Seit vergangenem Jahr spüren wir deutlich einige Lieferengpässe: Ein Drittel der bestellten Ware wird nicht geliefert. Bestellvorgänge können nicht in vollem Umfang bearbeitet werden, es kommt zu Verzögerungen.
Seit Kriegsbeginn bemerken wir ein zurückhaltendes Einkaufsverhalten, die Menschen sind verunsichert. Besorgniserregende Preissteigerungen können wir noch nicht feststellen, ich befürchte aber, dass das noch kommt. Verpackungen werden teurer, zudem verkaufen wir als Parfümerie viele Produkte, in denen Öl verarbeitet ist, zum Beispiel Lippenstifte.
Mit Ihrer Tochter Lena arbeiten Sie inzwischen an einem Standort zusammen, davon träumen viele Unternehmerinnen. Wie gelingt die Zusammenarbeit und haben Sie damit Ihre Nachfolge schon perfekt früh geregelt?
Christina Preisig: Meine Tochter arbeitet im Hauptgeschäft, sie ist schon seit 2009 im Unternehmen aktiv. Nach dem Abitur hat sie zuerst ein Jahrespraktikum bei uns absolviert, anschließend ihre Ausbildung. Sie ist meine rechte Hand mit festen Aufgaben, wir arbeiten sehr gut als Team zusammen. Meine andere Tochter studiert BWL an der Uni Marburg, sie hilft gelegentlich im Geschäft aus. Auch sie hat ein Händchen für unsere schöne Branche. Mein Sohn macht derzeit sein Abitur und will im Anschluss ebenfalls BWL studieren. Was die Nachfolge anbelangt, werden wir sehen, wie es weitergeht. Ich freue mich jedenfalls sehr, dass meine Kinder die Parfümerie und deren Weiterentwicklung mögen.
Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Lage in Gladenbach, und was wünschen Sie sich für die Zukunft an Ihrem Hauptstandort?
Christina Preisig: Gladenbach ist unser Herzstück. Hier haben wir 1987 am Spritzenplatz angefangen und uns nach zwei Umzügen 2012 mit dem heutigen Ladenlokal in der Marktstraße 14 den Traum vom Eigentum erfüllt. Hier ist unser Hauptgeschäft wo sich Büro und Lager befindet. Der Wareneinkauf, der Versand und die Belieferung unserer Filialen wird ebenfalls in und von Gladenbach erledigt. Von großer Bedeutung für uns als Parfümerie ist für die Zukunft die Spezialisierung auf besondere Nischenmarken wie beispielsweise Tom Ford, Creed oder Armani privé. Man muss sich im näheren Umkreis ein Alleinstellungsmerkmal sichern. Weitere wichtige Punkte für Wettbewerbsfähigkeit sind Wachstum und Innovation. Auch da sind wir gut aufgestellt, im Moment sind wir eine von drei Parfümerien deutschlandweit, die an einem Pilotprojekt teilnimmt. Es geht um Konzepte, wie Kunden vermehrt im stationären Handel begrüßt werden können. Nur im Ladenlokal einer Parfümerie schafft man Emotionen und Erlebnisse beim Einkaufen. Die Sinne berührt man nur vor Ort. Daran werden wir auch in Zukunft arbeiten. Ein großes Erlebnis planen wir für Ende diesen Jahres, denn wir feiern unser 35jähriges Bestehen.
Gladenbach hat rund 12.300 Einwohner, der Einzelhandelsumsatz betrug 2021 6.212 Euro pro Kopf und Jahr, der Bundesdurchschnitt lag 2021 bei 5.596 Euro. Rund 140 Einzelhandelsbetriebe sind in der IHK Lahn-Dill gemeldet. Das größte Event mit mehr als 100.000 Besuchern ist der jährlich am ersten Juliwochenende (von donnerstags bis sonntags) stattfindende Kirschenmarkt, ein großes Stadtfest, bei dem die Kirschenkönigin gewählt wird. Etablierte Events sind die Automobilausstellung, der Brunnenmarkt und das „Einkaufen bei Kerzenschein“, samstags kurz vor der Adventszeit, bei dem die Stadt in stimmungsvolles Kerzenlicht gehüllt ist und Geschäfte lange geöffnet haben. 2021 war Gladenbach bei Heimat shoppen dabei.(Quellen: MB Research 2021, IHK-Selektion September 2021)