Ohne Wirtschaft kein Klimaschutz

"Wir praktizieren heute, was umweltpolitisch für morgen gedacht wird"

Mit den Themen alternative Energien und Klimaschutz hat Raimund Würz schon früh begonnen: „Nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986 wollte ich etwas verändern“, erzählt der Geschäftsführer und Gesellschafter der Firmengruppe WÜRZ aus Driedorf-Mademühlen im Lahn-Dill-Kreis. Er baute Ende der 80er Jahre eine Windkraftanlage vor seine Firma und nahm die Wertschöpfung durch erneuerbare Energien damit selbst in die Hand. Die damalige Anlage hatte eine Leistung von 55 kW und war, so Raimund Würz, „die erste Windkraftanlage in dieser Größe in Hessen“.
Erstes Windrad dieser Größe in Hessen
Die Windkraftanlagen wurden im Laufe der Jahre größer. Nach 55 kW folgte eine Anlage mit 330 kW, dann 500 kW. Die aktuelle Anlage, die Raimund Würz vor zehn Jahren auf seinem Gelände errichten ließ, verfügt über eine Leistung von 2300 KW. Doch allein mit Windkraft hat sich der Firmengründer nicht zufriedengegeben und errichtete vor einigen Jahren zusätzlich eine PV-Anlage auf den Werkshallendächern mit einer weiteren Leistung von 680 kW.
Problem sind fehlende Speichermöglichkeiten
Im Jahr erzeugt das Unternehmen durchschnittlich 5 Millionen KWh Strom, mehr als doppelt so viel, wie im Unternehmen verbraucht wird – der Eigenverbrauch beträgt nur 2,2 Millionen kWh. „Leider können wir durch die wetterbedingten Schwankungen wie auch die Dunkelflaute im Winter nur 1,6 Millionen kWh aus eigener Produktion abdecken, die Differenz von 0,6 Millionen kWh muss ich an der Börse zukaufen“, so Würz weiter. 3,4 Millionen kWh Grünstrom speist er aus eigener Produktion in das öffentliche Netz. Sein größtes Problem: fehlende Speichermöglichkeiten. „Darum kümmere ich mich derzeit intensiv. Wenn ich die volatilen Erzeugungsspitzen mit einem Pufferspeicher glätten könnte, müsste ich nicht mehr zukaufen.“ Erster Schritt sei nun, den Tagesverlauf zu stabilisieren. Besonders am Zukaufen stört ihn, dass er immer den gleichen Preis (10 Cent) für seinen produzierten Strom bekommt, selbst aber an der Strombörse teuer zukaufen muss: „Der Strompreis schwankt extrem, dazu kommen hohe Netzentgelte und Abgaben wie die Stromsteuer von insgesamt etwa 13 Cent pro Kilowattstunde.“
Holz für den Wärmebedarf schlägt der Chef selbst
Den Wärmebedarf in seinem Gebäude - 417.000 kWh – deckt das Unternehmen mit einer Holz-Hackschnitzelanlage. Die Abwärme des Kompressors wird für die Übergangszeit genutzt. Das Holz für die Hackschnitzelanlage schlägt Raimund Würz mit einem Team selbst in seinem eigenen Wald. Der jedoch ist aufgrund der extrem trockenen Sommer vom Borkenkäfer befallen. „Dieses Schadholz haben wir bereits geschlagen, es reicht für die nächsten drei bis vier Jahre. Dann müssen wir zukaufen.“ Die Wiederaufforstung laufe bereits.
Fahrzeugflotte wird auf E-Mobilität umgestellt
Seine Fahrzeugflotte stellt Würz derzeit konsequent auf E-Mobilität um, mit Mitarbeiterfahrzeugen – ebenfalls mit Elektroantrieb - bietet das Unternehmen der Belegschaft besondere Konditionen: „Unsere Mitarbeiter zahlen einen Obolus zum Auto, die kWh auf dem Parkplatz kostet sie nichts, die Kollegen können die Autos während des Tages mit 11 kW aufladen.“ Das Angebot werde gut angenommen. Allerdings funktioniere das Modell nur mit Mitarbeiterfahrzeugen, „an die privaten Pkw kann ich keinen Strom einfach so abgeben“, so Würz weiter. „Dann würde ich zum Stromlieferanten und stehe vor einem enormen Bürokratieberg.“
Apropos Bürokratie: „Die ist in den vergangenen Jahren immer mehr geworden“, so Würz. „Früher habe ich eine Windkraftanlage gebaut, und damit war es gut. Heute muss ich laufend Meldungen machen – über jede Wartung, jede Reparatur. Allein das Genehmigungsverfahren für meine aktuelle Anlage war ein steiniger Weg.“ Gestemmt hat der Unternehmer die Umstellung auf erneuerbare Energien nur zu Beginn mit Fördermittelinanspruchnahme. Würz: „Die letzte große Anlage habe ich bereits ohne Fördermittel errichtet. Denn die Anlagen sind über die Jahre im Preis-Leistungsverhältnis immer günstiger geworden.“
Schonender Umgang mit Ressourcen
Die WÜRZ-Gruppe ist umweltauditiert. Raimund Würz: „Mithilfe von Windkraft, Photovoltaik und Wärmeerzeugung aus nachwachsenden Rohstoffen praktizieren wir bereits heute, was umweltpolitisch für morgen gedacht wird. So stellen wir in unserer Unternehmensgruppe den Klimaschutz durch einen schonenden Umgang mit Ressourcen sicher. Wir sind in der Zukunft angekommen!“  Iris Baar
Die WÜRZ Unternehmensgruppe ist ein mittelständischer Unternehmensverbund zu dem die Firmen WÜRZ Fertigungstechnik GmbH, KÄMPFER WÜRZ Umformtechnik GmbH und WÜRZ Aluminiumtechnik GmbH gehören. In den Firmen werden mechanische Komponenten und Präzisionsteile sowie hochpräzise Umformwerkzeuge und Verschleißschutzteile gefertigt. Vom Standort Driedorf-Mademühlen in der Mitte Deutschlands aus ist WÜRZ international aktiv.
Kontakt:
WÜRZ Fertigungstechnik GmbH
Tel.: 02775 95440
wuerz.de
LahnDill Wirtschaft November/Dezember 2023