Ohne Wirtschaft kein Klimaschutz

Der Lack macht's

Warum nicht grün lackieren? Die Pulverbeschichtung Schreiner aus Grebenau (Vogelsberg) beschichtet rund zwei Millionen Quadratmeter Aluminium und Stahl im Jahr mit Pulverlack. Dem Nachhaltigkeitsgedanken fühlt man sich nicht nur verpflichtet: Das Unternehmen setzt selber Branchentrends und gestaltet proaktiv CO² -sparende und ressourcenschonende Innovationen.
Die Europäische Zentralbank in Frankfurt. Ein Glasturm, wie aus Fenstern gebaut. Das Besondere: Die hier verbauten Fensterprofile wurden von der Pulverbeschichtung Schreiner GmbH chromfrei vorbehandelt, lange, bevor dies ein gesetzliches Muss in der Branche war. Das Unternehmen hat sich der Nachhaltigkeits-Innovation quasi verschrieben. Schreiner ist nicht nur Mitglied der Umweltallianz Hessen, sondern auch der DGNB – Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen.
Der Preis der Nacharbeit
Auch ohne Druck durch den Gesetzgeber oder Kunden setzt man bei Schreiner regelmäßig neue Maßnahmen zum Umwelt- und Ressourcenschutz um. Dazu gehören die Regenwassernutzung und Abwasseraufbereitung genauso wie die Installation einer Photovoltaikanlage oder der Einsatz der durch Holzhackschnitzel betriebenen Dampfheizanlage.
Aber auch mit Blick auf Branchentrends sieht man sich im Unternehmen als dynamischer Akteur, der proaktiv vorausdenkt. Ein Beispiel: Seit 2019 ist die chromfreie Vorbehandlung gesetzlich vorgeschrieben. Eine Maßnahme, die man bei der Pulverbeschichtung Schreiner bereits 2001 umgesetzt hat. Und auch, wenn man in der Pulverbeschichtung beispielsweise auf Lösemittel, wie in Nasslacken, verzichten kann, kam es im Fertigungsprozess jedoch hin und wieder zu Fehlbeschichtungen der Werkstücke, die ein Nachlackieren nötig machten. Auch gab es wiederholt Leerlaufzeiten der Maschine durch Prozessstörungen. Das, zusammen mit energieintensiven Filtern und Techniken zur Säuberung verschmutzter Maschinenteile, bot Optimierungspotenzial zur Energie- und Ressourceneinsparung. Ähnlich gelagert war das Ausschuss-Problem im Profilverbund, wo der Produktionsablauf Nacharbeiten notwendig machte und so zusätzliche Ressourcen beanspruchte.
Was wäre optimal?
Im Zuge einer PIUS-Beratung wurden Verbesserungspotenziale in nahezu allen Prozessschritten ermittelt. Bei den Optimierungsmaßnahmen wurde ein besonderer Fokus auf die Abfallvermeidung und effiziente Verwendung von Rohstoffen gelegt. Daraus resultierten zwei Projektteile. Zum einen das Projekt „Fertig ist der Lack“, das sich mit einer besseren Materialnutzung und Ausschussvermeidung beim Auftrag der Pulverbeschichtung beschäftigte. Zum anderen das Projekt „Profi-Profil-Verbund“, das auf eine effizientere Materialnutzung und Qualitätsverbesserung während des Verbundprozesses – sprich der Isolierung von beschichteten Fensterprofilen – abzielt. Die Lösung lag in beiden Bereichen im Sondermaschinenbau.
In Zusammenarbeit mit Maschinenbauern wurden die energieintensivsten und Fehler anfälligsten Maschinen durch Sonderanfertigungen ausgetauscht, die genau auf die Bedürfnisse und Abläufe in der Pulverbeschichtung Schreiner zugeschnitten wurden und eine Prozessoptimierung ermöglichten. Entscheidend bei der CO² -Reduzierung: Materialverluste in der Pulverbeschichtung und im Profilverbund reduzieren. Mit maßgeschneiderten Maschinen.
„Wenn wir kein CO² reduzieren, macht es in unserer Branche keiner. Wir warten nicht ab, sondern setzen selber Branchentrends.“ (Harald Schreiner, Geschäftsführer)
Über den Tellerrand denken
Bei der Pulverbeschichtung Schreiner braucht es keine großen Impulse, um neue Nachhaltigkeitsprozesse anzustoßen. Der Wille und die Innovationskraft sind tief im Selbstverständnis des Unternehmens verankert. Aber auch hier weiß man die richtigen Partner zu schätzen und so hat ein Energieberater das Unternehmen nicht nur während der Beantragung der PIUS-Invest-Förderung begleitet. Im Unternehmen hat man auf die effiziente Zusammenarbeit aufgebaut und in einem Brainstorming über den Tellerrand geschaut, um weitere Nachhaltigkeits-Maßnahmen zu identifizieren. Mit dem Ergebnis, dass das nächste große Projekt zur CO² -Einsparung bereits auf seine Umsetzbarkeit geprüft wird.
14,6 Mio. Euro Jahresumsatz (2017)
182 Mitarbeiter (2019)
Oberflächenveredelung und Wärmebehandlung

 
Nachhaltigkeit fängt im Unternehmen an
Im Gespräch mit Geschäftsführer Harald Schreiner:
Sie sagen, wenn Sie nicht aktiv in mehr Nachhaltigkeit investieren, macht es in Ihrer Branche keiner. Was genau meinen Sie damit?
Harald Schreiner: Die Lohnbeschichtungsbranche ist ein sehr konservatives Umfeld. Veränderungen werden nur zögerlich, abwartend und oft nur durch Druck aus der Gesetzgebung umgesetzt. Ein Beispiel sind lösemittelhaltige Nasslacke, die sich in der Branche lange gehalten haben, als es längst lösemittelfreie Alternativen gab. Wir haben schon in den 90er Jahren beschlossen, auch gegen Widerstände und Probleme, alle drei bis vier Jahre umweltgerechte, nachhaltige Innovationen in der Fertigung einzuführen. Damit wollen wir zum Schutz der Natur und ihrer Ressourcen beitragen und auch unserer Verpflichtung gegenüber nachfolgenden Generationen gerecht werden.
Wie geht es bei Ihnen jetzt, nach der PIUS-Invest-Förderung, weiter mit den Maßnahmen zur CO² -Reduzierung?
Es geht aktiv weiter. Das Interesse und die Anforderungen an nachhaltige Fertigungsprozesse steigen. Wir merken seit drei, vier Jahren, dass sich die Wahrnehmung auf Kundenseite verändert hat. Viele unserer Kundenausschreibungen erfolgen mittlerweile mit erhöhten Umweltanforderungen. Hier wollen wir nicht abwarten, sondern vorausschauend in Innovationen investieren. Deshalb sind wir aktuell in der Planung für ein weiteres großes Projekt für das erste Quartal 2020, das uns weitere CO² -Einsparungen von 500.000 bis 600.000 Kilogramm im Jahr ermöglichen soll.
Welche Rolle spielen die PIUS-Invest-Förderung und die daraus resultierenden Maßnahmen für Ihre Kommunikation?
Im direkten Kundengespräch, das muss ich leider sagen, ist das Interesse oft gar nicht so groß. Wir kommunizieren unsere Innovationen aber prominent etwa über die Website und nutzen auch noch eine ganz andere Ebene der Kommunikation: die interne Kommunikation mit den Mitarbeitern. Zweimal im Jahr, im Sommer und zu Weihnachten, gibt es bei uns ein Betriebsfest, das auch eine Betriebsversammlung ist. Hier nutzen wir die Gelegenheit auch immer für einen ausführlichen Blick auf Nachhaltigkeitsmaßnahmen: Was ist passiert, was kommt? Und wir binden unsere Mitarbeiter aktiv ein. Etwa mit dem Bike-Leasing-Programm, das wir seit diesem Jahr für das ganze Unternehmen anbieten. Das gibt den Mitarbeitern die Möglichkeit, Nachhaltigkeit aktiv mitzugestalten. Technologieland Hessen Hessen Trade & Invest GmbH