Digitalisierung & Recht

Urheberrecht 4.0

Dass auch in einer vernetzten Welt das allgemeine Urheberrecht z. B. im Hinblick auf die Ausgestaltung von Lizenzverträgen gilt, steht außer Frage. Allerdings ergeben sich Besonderheiten, die es kurz zu beleuchten gilt.
Schutz von Daten und Datenbanken

Es stellt sich die Frage, ob Daten und Datensammlungen aufgrund ihrer Nähe zu Wirtschaftsgütern, die klassischerweise durch das Immaterialgüterrecht geschützt werden, auch einen urheberrechtlichen Schutz genießen. Der Urheberrechtsschutz gem. § 2 Abs. 2 UrhG setzt eine geistige, individuelle Schöpfung eines Werkes voraus. Auch wenn die Rechtsprechung die Anforderung an eine geistige Schöpfungshöhe erheblich gemindert hat, liegt diese bei Daten nicht vor, da sie gerade nicht durch eine schöpferische Tätigkeit geschaffen wurden. Gleiches gilt auch für Daten, die durch Algorithmen verknüpft wurden, da sie keine eigenständige geistige Schöpfung, sondern nur das Produkt einer Software oder eines Algorithmus sind.

Aber wie ist es mit Datenbanken?
Für den Schutz von Datenbanken ist gem. § 87 a UrhG keine geistige Schöpfung erforderlich. Hier genügt eine erhebliche Investition in die Datenbank. Voraussetzung für den Schutz ist allerdings die Unabhängigkeit der in der Datenbank enthaltenen Elemente voneinander. Ist also zu fragen, ob jeder Dritte dem aus der Sammlung herausgelösten Element einen Informationswert entnehmen kann. Dies dürfte für die meisten Anwendungen gegeben sein.

Daneben ist eine systematische oder methodische Anordnung der Daten notwendig.

Weiterhin bedarf es einer wesentlichen Investition in die Beschaffung, Prüfung und Darstellung der Datenbank und ihres Inhalts. Damit soll eine Monopolisierung von selbst erzeugten Daten verhindert werden. Es kommt also im Kern auf die Investitionen in die Erzeugung der Datenbank selbst und nicht darauf an, ob der Datenbankerzeuger die Daten mit aufwendigen Mess- oder Beobachtungsverfahren ermittelt hat.

Dabei muss die Investition nach Art und Umfang wesentlich sein. Dies kann sich aus dem Aufwand an Zeit, Energie und Arbeit ergeben, die geleistet wurde. In Betracht kommen aber auch, dass dabei neuartige Kombinations- und Kategorisierungsverfahren verwandt wurden.

Eine spannende Frage ist ferner, was der Schutzgegenstand des Schutzrechts ist?
Es sind weder die einzelnen Daten, noch die Investition.
Schutzgegenstand ist die Datenbank.
Sofern gem. § 87 a UrhG ein Schutzrecht besteht, kann die Entnahme oder die Nutzung eines wesentlichen Teils der Datenbank untersagt werden.
Somit unterliegen nicht einzelne Daten, sondern ihre wesentliche Gesamtheit dem Schutz. Bei der Frage, wann ein wesentlicher Teil vorliegt, kann sowohl auf die Investition als auch auf das Datenvolumen abgestellt werden. So wurden nach gerichtlichen Entscheidungen eine Entnahme von 10 % als unwesentlich und von mehr als 50 % als wesentlich angesehen.

Dabei kann der Schutz nicht dadurch unterlaufen werden, dass wiederholte Entnahmen unterhalb der Wesentlichkeitsgrenze erfolgen, wobei es sich dabei aber um eine gezielte und systematische Nutzung handeln muss, die im Ergebnis einer einmaligen Entnahme wesentlicher Teile gleichsteht.

Als Verwertungshandlungen kommt insbesondere die Vervielfältigung in Betracht, da bei der digitalen Verarbeitung stets die Anfertigung einer Kopie erfolgt. Daneben kommen auch die öffentliche Zugänglichmachung und die Verbreitung in Betracht.

Text –und Dataminig (TDM)

Bei dieser wichtigen Technologie werden die Datensätze maschinenlesbar gemacht, zu strukturierten Datensätzen umgearbeitet und in einen „Korpus“ transformiert, der die Grundlage für die Anwendung der Mining-Software bildet.Letztendlich erfolgt eine automatisierte Verwertung von Daten.Mit Hilfe von Algorithmen können neue Zusammenhänge in bestehenden Datensätzen und Texten ermittelt werden, wobei sich dies auf alles bezieht, was digitalisiert ist bzw. werden kann. So werden z. B. PDF-Texte oder andere Daten in auswertbare XML-Dateien überführt.Auch hier stellt sich die berechtigte Frage, ob ein solches TDM urheberrechtlich zulässig ist?Eine entsprechende Regelung (Schranke) befindet sich in § 60d UrhG.Diese Schranke bezieht sich auf die nicht-kommerzielle wissenschaftliche Forschung.Insofern ist davon auszugehen, dass sie in der Regel nicht für Industrie 4.0-Anwendungen relevant ist. Da alle Anwendungen einschließlich des Trainings von KI letztlich kommerziellen Zwecken dienen und es dabei allenfalls mittelbar um die Gewinnung neuer Erkenntnisse (keine Forschung) geht, sind die Voraussetzungen des Anwendungsbereichs nicht erfüllt.

Miturheberschaft in Netzen

Aus der gemeinsamen Nutzung und Schöpfung von Daten, die im Rahmen einer intensiven Vernetzung der Wirtschaft entstehen, stellt sich die Frage eines gemeinsamen Urheberrechts.Wann und unter welchen Umständen entsteht ein gemeinsames Urheberrecht am Datenbankwerk bzw. ein gemeinsames – sui-generis-Recht des Datenbankherstellers an im Netz vergemeinschafteten Daten?Denkbar ist insbesondere, dass verschiedene Partner im Rahmen einer Industrie 4.0-Vernetzung gemeinsam an einer Datenbank arbeiten und hierzu im Laufe der Zeit Daten aus ihren Fertigungsprozessen liefern.Gibt es für dieses Werk einen gemeinsamen Plan bzw. eine gemeinsame Idee, können alle Datenlieferanten als Miturheber dieses einheitlichen Werkes angesehen werden (§ 8 UrhG analog).Denkbar ist aber auch ein verbundenes Werk (§ 9 UrhG). So können z. B. unabhängig voneinander geschaffene Datenbanken mit Ziel einer gemeinsamen Verwertung miteinander verbunden werden. Zwar dürfte hierdurch eine BGB-Gesellschafft entstehen, allerdings dürften die Urheberrechte an den jeweiligen Datenbanken (Werken) nicht zum Gesamthandsgut werden.

Standpunkt:
Die zunehmende Vernetzung der wirtschaftlichen Akteure führt auch zu urheberrechtlichen Fragestellungen. Dabei muss den Handelnden klar sein, dass einzelne Daten im Gegensatz zu Datenbanken keinen Urheberrechtsschutz genießen. Hier gilt es zu prüfen, ob ein Schutz durch vertragliche Regelung möglich ist. Zudem muss das Thema der miturheberschaftlichen Beziehung z. B. beim gemeinsamen Herstellen einer Datenbank beachtet und gelöst werden.

Bei fachkundiger Begleitung durch spezialisierte Juristen sollten diese Herausforderungen aber lösbar sein und die Vernetzung der Akteure nicht behindern.