Serie Duale Ausbildung Teil VI

Wie wird man eigentlich Chef?

Die duale Ausbildung steht für einen erfolgreichen Start ins Berufsleben. Und nicht nur das: Wer eine duale Ausbildung macht, hat alle Optionen für eine Karriere bis hin zum Chef. Norbert Müller, Geschäftsführender Inhaber der Unternehmensberatung advacon in Aßlar, ist dafür ein gutes Beispiel: Nach einer dualen Ausbildung zum Industriekaufmann startete der Ewersbacher eine Traumkarriere bei Rittal – angefangen mit dem Aufbau des Unternehmens in den 60er Jahren mit Aufgaben der Produktfindung, des Verkaufs und kaufmännischen Tätigkeiten bis hin zum Vorsitzenden der Geschäftsführung ab 2001. Ein klassisches Hochschulstudium hat er nicht absolviert. Sein Rezept für den Erfolg: lebenslanges Lernen.
Norbert Müller war noch keine 14 Jahre alt, als er am 1. April 1957 seine Lehre zum Industriekaufmann im HAILO-Werk bei Rudolf Loh begann. „Ich hatte nur einen Volksschulabschluss, das Gymnasium konnte ich nicht besuchen, da es damals in der Nachkriegszeit nur schwierige Transportverbindungen in die Kreisstadt gab“, erzählt der heute 78-Jährige. Doch ein engagierter Lehrer gab dem damals schon neugieren Norbert Müller zusätzlichen Unterricht am Nachmittag. Die Früchte erntete der Schüler beim Einstellungstest: „Ich bekam die meisten Punkte und die einzige kaufmännische Lehrstelle, die zu besetzen war.“
Drei Jahre später war man bei der Firma Loh längst auf den inzwischen „fertigen“ Industriekaufmann wegen sehr guter Leistungen aufmerksam geworden und stellte ihn fest ein. Als der Unternehmer Rudolf Loh 1961 eine kleine Weberei erwarb und die Firma „Rudolf Loh KG, Elektrogerätebau, Rittershausen“ gründete, holte er den jungen Norbert Müller für den Produktverkauf und kaufmännische Tätigkeiten in das neue Werk.
Rudolf Loh ist für Norbert Müller das bleibende Vorbild in der Art, wie er seinen christlichen Glauben mit dem Interesse an Menschen – vor allem an jungen Menschen – ihrem Ergehen, ihren Begabungen und deren Förderung verbunden hat. Rudolf Loh legte den Grundstein für Norbert Müllers Aufstieg ohne Gleichen. Der gelernte Industriekaufmann zeichnete ab 1961 verantwortlich für weltweite Marketing- und Vertriebsaktivitäten des Unternehmens, das unter der Marke Rittal bald internationale Bekanntheit erlangte. „Der Name trägt die ersten drei Buchstaben von Rittershausen und die letzten drei von Dietzhölztal“, freut sich Namensgeber Müller noch heute über die Idee.
„Man muss nicht immer studieren, um im Beruf erfolgreich zu sein.“
(Norbert Müller)
Die Karriere nach der dualen Ausbildung nahm ihren Lauf, und eine Fortbildung reihte sich an die nächste. „Ich habe mich immer weitergebildet, habe vieles in meinem Leben autodidaktisch gemacht. Noch heute ist es mir ein Bedürfnis, zu lernen, denn wer lernt, bleibt jung“, verrät Norbert Müller sein Erfolgsgeheimnis. So besuchte Müller 1968 die Akademie für Führungskräfte in Bad Harzburg, absolvierte etwas später Seminare, die von der Universität Gießen in Betriebswirtschaft und Volkswirtschaft angeboten wurden. Weitere Seminare folgten in Psychologie, er besuchte eine Reihe Vorlesungen bei einem Jesuitenpater zu den Themen Dialektik, Dialogik und Rhetorik – um nur einige Bildungsstationen zu nennen. Zu deren Highlights benennt Müller insbesondere seine Teilnahme an den Seminaren des großen US-Management-Gurus Peter F. Drucker. Müller: „Auf meine Ausbildung konnte ich sehr gut aufbauen, jedes Thema hat mich weitergerbacht. Man muss nicht immer studieren, um im Beruf erfolgreich zu sein.“ Sein Karriereweg gibt ihm recht: 1987 wurde Norbert Müller alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer bei Rittal, von 2001 bis 2008 schließlich Vorsitzender der Geschäftsführung des Schaltschrankherstellers. Parallel dazu leitete er als CEO die E+M Engineering GmbH & Co.KG, die Holding der Softwaregesellschaft Eplan innerhalb der Friedhelm Loh Group.
Lebenslanges Lernen – das ist der rote Faden, der sich durch das Leben des gelernten Industriekaufmanns zieht. Selbst als er vor zehn Jahren als Vorsitzender der Geschäftsführung von Rittal altersbedingt in den Ruhestand ging, blieb er aktiv. Als Vorstandsvorsitzender des CompetenceCenters Duale Hochschulstudien (CCD), baute er StudiumPlus in der Region in den vergangenen zehn Jahren aus und verdoppelte die Zahl der Partnerunternehmen. Das duale Studium beeindruckte Norbert Müller vom Start dieser Studieneinrichtung an. Diese „ideale Zusammenführung von Wissen und Praxis“ hätte er gerne schon nach seiner dualen Ausbildung genutzt. Parallel zu dem sehr überzeugten Engagement für StudiumPlus zog er im Ruhestand das Consultingunternehmen advacon in Aßlar hoch, von dem er bis heute geschäftsführender Inhaber ist. Darüber hinaus sitzt Müller in verschiedenen Bei- und Aufsichtsräten deutscher und europäischer Unternehmen.
„Duale Ausbildung schafft die Basis für das berufliche Fundament.“
(Norbert Müller)
Seine Empfehlung ist klar: „Selbst nach einem guten Abitur sollten junge Menschen nicht sofort in ein Studium starten, sondern die Realität der Arbeitswelt und der spezifischen Unternehmenskulturen kennenlernen. Dafür ist nach wie vor die duale Ausbildung der beste Weg. Sie schafft die Basis für das berufliche Fundament, weil sie junge Menschen mit der gesamten Komplexität der Basisfunktionen eines Unternehmens bekannt macht.“

Norbert Müller: „Meine drei Tipps für den Erfolg“
1. Lust auf Weiterentwicklung
2.  in Verbindung mit Sehnsucht nach Aufbrüchen, nach Neuem gefolgt von
3. Neugierde - Was geht noch besser, was geht anders, was geht schneller?