Serie Duale Ausbildung Teil V

"Ausbildung in Teilzeit macht durchaus Sinn"

Die Firma Weber in Dillenburg beschäftigt im Durchschnitt 20 Auszubildende in verschiedenen Ausbildungsberufen. Einer Ausbildung in Teilzeit steht man in dem Unternehmen offen gegenüber. Warum eine Ausbildung in Teilzeit sinnvoll ist und welche Vorteile dies für Auszubildende und Unternehmen mit sich bringt, erläutert Steffen Uhde im Interview mit der LahnDill Wirtschaft.
 
Aus welchem Grund könnte eine Ausbildung in Teilzeit erfolgen?
Steffen Uhde: Es gibt viele Gründe, bei denen sich eine Ausbildung in Teilzeit anbietet - immer dann, wenn man in der Verantwortung steht, sich um andere zu kümmern. Schwangere oder auch Alleinerziehende können Gründe haben, aber auch für Auszubildende, die Angehörige pflegen, ist die Teilzeit eine Option. Auch wenn jemand gesundheitliche Beeinträchtigungen hat, kann eine Ausbildung in Teilzeit eine gute Alternative sein. Ebenfalls für Auszubildende mit Migrationshintergrund stellt die Teilzeitausbildung eine Möglichkeit dar. Allerdings sollte dies ganz genau überlegt werden, da hier der größtmögliche Austausch mit den Kollegen auch sehr entscheidend für die Entwicklung sein kann.

Wie gestalten sich die Arbeitszeiten bei einer Ausbildung in Teilzeit, und wie sieht es mit der Ausbildungsdauer aus?
Steffen Uhde:  Das hängt sehr stark von der Zielgruppe ab. Die Regelung sieht eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit auf bis zu 20 Stunden vor. Die Anzahl der Schulstunden bleibt hiervon unberührt. Wir selbst hatten bei unserer letzten Ausbildung in Teilzeit zum Beispiel eine Wochenarbeitszeit von 25 Stunden bei einer recht flexiblen Zeiteinteilung mit der Auszubildenden vereinbart.
Die Dauer der Ausbildung verlängert sich um bis zu 1,5 Jahre. Dies ist abhängig vom gewählten Arbeitszeitmodell. Bei guten Leistungen kann die Ausbildungsdauer aber auch verkürzt werden.

Was muss der Betrieb tun, wenn eine Ausbildung in Teilzeit durchgeführt werden soll?
Steffen Uhde: Bei diesen spezifischen Themen sprechen wir uns vorher mit der IHK ab und lassen uns auch über die gesetzlichen Möglichkeiten und Rahmenbedingungen beraten. Mit der IHK hat man sehr gute Ansprechpartner, die uns bei solchen Besonderheiten unterstützen. Alles was wir als Ausbildungsbetrieb tun müssen, ist, einen Teilzeitvertrag mit dem Auszubildenden abzuschließen. Hierfür gibt es entsprechende Vorgaben in den Ausbildungsverträgen. Wir stimmen mit dem Auszubildenden die passende Arbeitszeit ab und tragen diese im Ausbildungsvertrag ein.

In Ihrem Unternehmen wurde schon in Teilzeit ausgebildet. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?

Steffen Uhde:
Unsere Erfahrungen sind bisher sehr gut gewesen. Trotz oder gerade wegen des geringeren Umfangs an Arbeitsstunden in der Woche wurde ein sehr gutes Zeitmanagement an den Tag gelegt. Die Auszubildende war in ihren Tätigkeiten unheimlich effektiv, hat großes Engagement gezeigt und war dem Unternehmen gegenüber sehr loyal. Sie hatte dadurch eine Vorbildfunktion für die anderen Auszubildenden. Für die Gruppe, in der sie tätig war, war sie auf jeden Fall ein Gewinn. Je nachdem, in welcher Lebenssituation sich der Auszubildende befindet, sorgt dies für eine persönliche Reife, die durch nichts zu ersetzen ist. Dieser Bestandteil von Persönlichkeit entwickelt sich dadurch großartig. Man merkt dies sowohl während der Ausbildung als auch später bei einer Tätigkeit als Fachkraft.

Würden Sie es wieder tun und warum?

Steffen Uhde:
Ganz klar ja, sofern die Umstände der Auszubildenden dazu passen, und die Situation im Unternehmen es zulässt. Die Vorteile liegen ganz klar auf der Hand: Wir als Unternehmen, das für Innovation steht, sind davon abhängig, dass wir Vielfalt in unserem Unternehmen haben. Möglichst viele Blickwinkel, möglichst viele Hintergründe und Erfahrungen, um auch einen Diskurs zu erzeugen, der im Endeffekt unsere Produkte besser macht. Dafür brauchen wir Vielfalt. Ein Teil dieser Vielfalt sind unsere Auszubildenden, die aus verschiedenen Gründen in Teilzeit gehen. Aber auch die kurzfristigen Vorteile sollen nicht unerwähnt bleiben, zum Beispiel Loyalität und Engagement.  
 
Das Interview führte Tanja Winkler

Nach § 7a des Berufsbildungsgesetzes vom 1. Januar 2020 kann die Berufsausbildung auch als Teilzeitberufsausbildung durchgeführt werden. Je nach persönlicher Situation der Auszubildenden kann dabei sowohl die tägliche als auch die wöchentliche Ausbildungszeit gekürzt werden.

Die Kürzung ist für einen bestimmten Zeitraum oder die gesamte Ausbildungszeit möglich und ist im Berufsausbildungsvertrag einzutragen. Sollte während der Ausbildungszeit eine Reduzierung der Ausbildungszeit erforderlich werden, so kann dies über einen Antrag auf Änderung des Berufsausbildungsvertrags bei der IHK Lahn-Dill eingereicht werden.

Wichtig: Insgesamt sollten nicht mehr als 50 Prozent der gesamten Ausbildungszeit gekürzt werden.

Bei Bedarf beraten Sie hierzu gerne Ihre IHK-Ausbildungsberater.

Axel Bäcker
Tel.: 02771 842 1420
baecker@lahndill.ihk.de

Dennis Benner
Tel.: 06441 9448 1460
benner@lahndill.ihk.de