Serie Duale Ausbildung Teil IV

Geht's auch schneller? Vor- und Nachteile einer abgekürzten Ausbildung

„Ausbildung findet nicht nur im Betrieb statt“
Matthias Hecker, Ausbildungsleiter der Friedhelm Loh Group, über die Möglichkeiten einer Ausbildungsverkürzung
 
Die Friedhelm Loh Group beschäftigt aktuell 230 Nachwuchskräfte, etwa die Hälfte davon Auszubildende. Im September kommen circa 60 neue Auszubildende hinzu. Die Unternehmensgruppe gehört zu den bundesweit besten Ausbildungsbetrieben. Im Interview mit der LahnDill Wirtschaft gibt Matthias Hecker einen kleinen Einblick in seine Erfahrungen mit der Verkürzung der Ausbildungszeit.

Was halten Sie von der Verkürzung der Ausbildung?
Matthias Hecker: Grundsätzlich ist die Verkürzung der Ausbildungsdauer eine gute Sache. Bewerber, die bereits in der Schule sehr gute Leistungen erbracht haben, sind oft auch Kandidaten für eine Ausbildungsverkürzung. Bei allen von der Friedhelm Loh Group angebotenen Ausbildungsberufen ist eine Verkürzung um sechs Monate möglich - außer bei den zweijährigen Ausbildungsberufen.

Wo sehen Sie die Vorteile einer Ausbildungsverkürzung? Gibt es auch Nachteile und wenn ja, welche?
Durch eine Verkürzung stehen junge Menschen dem Unternehmen früher als Fachkraft zur Verfügung oder können entsprechend früher zum Beispiel in ein angestrebtes Studium starten. Allerdings ist nicht zu unterschätzen, dass gerade im Bereich der theoretischen Ausbildung die Ausbildungsinhalte entsprechend schneller durchgearbeitet werden müssen.

Welche Kriterien müssen Ihre Azubis erfüllen, um die Ausbildung zu verkürzen?
Matthias Hecker:
Bei uns sind es mehrere Kriterien. Zunächst muss der Notendurchschnitt mindestens bei 2,5 liegen. Dies ist eine gesetzliche Vorgabe, die für die Prüfungszulassung erfüllt sein muss. Wir im Unternehmen müssen sicher sein, dass alle Ausbildungsinhalte auch in der kürzeren Zeit vermittelt werden können. Dazu führen wir betriebliche Bewertungen zu Arbeitsverhalten und Arbeitsleistung durch und halten Rücksprache mit der Berufsschule beziehungsweise den zuständigen Lehrern. Wenn diese Punkte stimmen, steht einer Verkürzung nichts mehr im Weg.
 
Ändert sich die wöchentliche Arbeitszeit, wenn ein Azubi verkürzt?
Matthias Hecker:
Nein, an der Wochenarbeitszeit von 37,5 Stunden ändert sich nichts. Die Auszubildenden sollten sich aber im Klaren sein, dass eine Verkürzung der Ausbildungszeit nur mit viel Eigenengagement funktioniert. Denn die Ausbildungsinhalte werden ja nicht weniger, sondern müssen in einem kürzeren Zeitraum erarbeitet werden. Unsere Ausbilder stehen aber selbstverständlich immer bei Fragen zur Verfügung und unterstützen, wo es nötig ist.


Wie oft fragen bei Ihnen Azubis nach einer Ausbildungsverkürzung?
Matthias Hecker:
Das kommt bei uns schon recht häufig vor. Allerdings spielt es auch eine große Rolle, ob eine Verkürzung strategisch sinnvoll ist. Vielleicht ist die gewünschte Stelle nicht frei oder andere Gegebenheiten passen gerade nicht. In einem halben Jahr kann viel passieren, und manchmal ist es einfach besser, zu warten.


Hat es auch schon einmal nicht geklappt?
Matthias Hecker:
Wenn es um die Verkürzung der Ausbildung geht, ja, die haben wir auch schon abgelehnt. Manchmal stimmt die Selbsteinschätzung eines Auszubildenden nicht mit unserer Wahrnehmung überein. Wenn wir der Meinung sind, dass der Erfolg auf der Kippe steht, lehnen wir eine Verkürzung auch ab. Denn infolge einer Verkürzung kann sich zum Beispiel der Notendurchschnitt verschlechtern. Bei anderen Auszubildenden kommen wir zu dem Entschluss, dass sie auch die letzten sechs Monate der Ausbildung zur beruflichen und vor allem persönlichen Entwicklung mitnehmen sollten. Menschen, und besonders junge Menschen, überschätzen sich gerne mal, und hier liegt es in unserer Verantwortung zu entscheiden, welcher Weg der bessere ist. Alle unsere Auszubildenden mit Verkürzung haben ihre Prüfungen immer erfolgreich bestanden.

Das Interview führte Tanja Winkler
Ausbildungszeit verkürzen: So geht’s!

Die Ausbildungszeit kann zu Beginn der Ausbildung verkürzt werden. Das ist bei einer vorangegangenen Ausbildung, einer schulischen Vorbildung oder einem angefangenen Studium möglich.

Häufig kommt es zur Verkürzung der Ausbildungszeit am Ende durch eine vorzeitige Zulassung zur Abschlussprüfung. „Auszubildende können nach Anhörung der Ausbildenden und der Berufsschule vor Ablauf der Ausbildungsdauer zur Abschlussprüfung zugelassen werden, wenn ihre Leistungen dies rechtfertigen“, heißt es im Berufsbildungsgesetz, § 45 (1). Über die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffes „wenn ihre Leistungen dies rechtfertigen“ liegt inzwischen eine gefestigte Rechtsprechung vor.

Danach müssen
  • die für die Abschlussprüfung relevanten Leistungen in der Berufsschule und im Ausbildungsbetrieb überdurchschnittlich, das heißt, mindestens gut sein und
  • die Ausbildungsinhalte aus der Ausbildungsordnung im Wesentlichen bis zur Prüfung erworben sein können.
Überdurchschnittliche Leistungen liegen nach der Empfehlung des Hauptausschusses des Bundesinstitutes für Berufsbildung vor, wenn das letzte Berufsschulzeugnis in den prüfungsrelevanten Fächern oder Lernfeldern einen Notendurchschnitt besser als 2,49 enthält und die praktischen Ausbildungsleistungen als überdurchschnittlich beziehungsweise besser als 2,49 bewertet werden. Wichtig ist, dass die für den Ausbildungsberuf vorgesehenen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten im Wesentlichen erworben werden konnten.
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