Aus- und Weiterbildung

Nachgefragt: Herr Dr. Hackenberg, wie bekommt man eigentlich die besten Azubis?

Azubis sind Mangelware. Viele junge Menschen ziehen heute eine akademische der dualen Ausbildung vor. Wie können Unternehmen junge Menschen auf sich aufmerksam machen?
Wir beobachten seit Jahren, dass die herkömmlichen Wege über die weiterführenden Schulen und die Berufsberatung allein nicht mehr ausreichen, junge Menschen von der Wertigkeit einer dualen Ausbildung zu überzeugen. Unternehmen müssen sich heute etwas einfallen lassen, um potenzielle Bewerber zu erreichen. Dazu sollten Betriebe zusätzlich unbedingt auf digitale Medien setzen. Im besten Fall ist der Webauftritt eines Unternehmens so gestaltet, dass er nicht nur Kunden, sondern auch junge Menschen auf Ausbildungsplatzsuche anspricht. In einem eigens eingerichteten Ausbildungsbereich können die Vorteile einer Ausbildung im Unternehmen dargestellt werden, am besten unterfüttert mit Tipps, wie die Bewerbung aussehen sollte, und was auf potenzielle Bewerber in einem Bewerbungsgespräch zukommt.
Wann sollten Unternehmen mit der Suche nach geeigneten Auszubildenden beginnen?
So früh wie möglich. Je eher ein Unternehmen mit der Suche beginnt, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, richtig gute Bewerber zu finden.
In der Phase der Bewerbung gehen die meisten potenziellen Bewerber noch auf eine allgemeinbildende Schule. Wie kommen Unternehmen mit den Schulen in Kontakt?
An den allen weiterführenden Schulen gibt es in der Regel Lehrer, die für die berufliche Orientierung zuständig sind. Wir von der IHK Lahn-Dill vermitteln Kontakte in die Schulen und so weit möglich auch direkt an die zuständigen Lehrkräfte. Regelmäßig bieten wir Unternehmen in unserem Kammerbezirk Möglichkeiten an, mit den Schülern in Berufsorientierungsprojekten in Kontakt zu treten. Derzeit starten wir grade die „IHK Adventure Tour“. Die Schüler schalten sich im Unterricht live in einen von unserer IHK durchgeführten Firmenrundgang, Azubis und Ausbilder zeigen via Bildschirm den Ausbildungsplatz, erklären, was man in dem jeweiligen Betrieb alles werden kann und antworten direkt auf Fragen der Schüler. Betriebe, die sich mit einem digitalen Betriebsrundgang in den Klassenzimmern vorstellen wollen, können sich bei uns melden (weitere Infos s. unten).
Wie wichtig sind Praktika?
Praktika sind das Herz der Berufsorientierung. Wer während eines Praktikums zusammenfindet, ist so schnell nicht wieder zu trennen. Leider konnten Schulen und Unternehmen durch die Pandemie viele Schulpraktika in den vergangenen zwei Jahren nicht durchführen. Um dennoch schnell und unbürokratisch praktische Erfahrungen sammeln zu können, haben wir 2021 die Aktion Schnupperpraktika ins Leben gerufen. Mit diesen meist zwei Tage dauernden Praktika können junge Menschen jederzeit - unabhängig von Schulpraktika - in viele verschiedene Berufe in der heimischen Wirtschaft schnuppern. Die Schüler können sich in den Unternehmen vor Ort über verschiedene Ausbildungsberufe informieren, mit Auszubildenden und Personalleitern sprechen. Mitgliedsunternehmen, die Schnupperpraktika im Kammerbezirk an Lahn und Dill anbieten wollen, können sich bei der IHK Lahn-Dill melden. Die Kammer hilft bei der Vermittlung und listet unter anderem die anbietenden Unternehmen mit Berufsbildern, Ansprechpartnern und weiteren Kontaktmöglichkeiten auf einer eigens eingerichteten Seite unter www.ihk-lahndill.de auf. In regelmäßigen Abständen bewerben wir die Offensive auch zielgruppenspezifisch in den sozialen Netzwerken.
Welche Chancen bieten die Ausbildungs- und Studienmessen der IHK?
Eine sehr große Chance. Hier haben Unternehmen an nur zwei Tagen die Möglichkeit, sämtliche Schülerinnen und Schüler ab der Klasse 8 fast aller weiterführenden Schulen der Region zu erreichen. Unternehmen, die mit einem Stand auf den Messen präsent sind, treffen hier in der Regel erste Absprachen für einen Besuch im Betrieb und geben konkrete Tipps für die Bewerbung. Azubis am Messestand erzählen den Schülern von ihren eigenen Erfahrungen. Dieser Austausch ist Gold wert. Denn Mund-zu-Mund-Propaganda in der jungen Generation ist der Türöffner für die duale Ausbildung.
Das Interview führte Iris Baar
Virtuelle Betriebsbesichtigung im Unterricht – „IHK Adventure Tour“
Die IHK Lahn-Dill bietet ab sofort interessierten weiterführenden Schulen im Bereich der Berufsorientierung die Teilnahme an einem virtuellen Firmenrundgang an. Dazu geht die IHK-Beraterin für Fachkräftenachwuchs, Andrea Kraft, vor Ort in den Betrieben mit Ausbildern und Azubis mit ihrer Kamera live. Die Schüler schalten sich dann im Unterricht in den virtuellen Firmenrundgang, lassen sich via Bildschirm den Ausbildungsplatz zeigen und erklären, was man in dem jeweiligen Betrieb alles werden kann. Ausbilder und Azubis können direkt auf Fragen der Schüler antworten. Betriebe, die sich mit einem digitalen Betriebsrundgang in den Klassenzimmern vorstellen möchten, können sich bei uns melden.
Ihre IHK-Ansprechpartnerin:
Andrea Kraft
Tel.: 02771 842-1490
kraft@lahndill.ihk.de