"Just do it!"

Stimmung der deutschen Unternehmen in den USA ist positiv

Das politische Klima in den USA spielt für deutsche Unternehmen bei der Markterschließung und -expansion eine wichtige Rolle. Die LahnDill Wirtschaft sprach mit Michaela Schobert, Director Consulting Services, von der Deutsch-Amerikanischen Handelskammer in Atlanta über die derzeitige Situation und gibt Tipps zum Markteinstieg.
Haben Sie Veränderungen – seit Biden an der Regierung ist - bei den Aktivitäten der deutschen Unternehmen festgestellt?
Michaela Schobert: Wir konnten feststellen, dass viele deutsche Unternehmen die US-Präsidentschaftswahl mit äußerster Spannung verfolgt und teilweise unternehmerische Entscheidungen vom Wahlausgang abhängig gemacht haben. Das politische Klima in den USA ist für deutsche Unternehmen bei der Markterschließung und -expansion ein wesentlicher Faktor. Allerdings kommt es im Hinblick darauf auch immer stark auf die Branche an - Industrieunternehmen sind bei steigenden Importzöllen natürlich stärker betroffen als Unternehmen aus anderen Sektoren. Insgesamt kann man die Stimmung unter den deutschen Unternehmen – beispielsweise auch aktuell durch die vielversprechende Impfkampagne - als durchaus positiv bewerten.

Wie bewerten deutschen Unternehmen, die im US-Geschäft tätig sind, die ersten Maßnahmen Bidens?
Michaela Schobert: Die Bilanz ist grundsätzlich positiv. Viele Firmen hatten sich eine deutlich stärkere transatlantische Annäherung, insbesondere im Bereich der Handelsbarrieren oder der Einreisebeschränkungen, erhofft. Bidens Fokus liegt derzeit jedoch vorwiegend auf der wirtschaftlichen Erholung der USA nach der Corona-Krise. Die Exportkontrollen wurden zunächst nicht wesentlich gelockert. Auch die „Buy American“ Mentalität hat nach wie vor einen starken Einfluss.
Die jüngsten Nachrichten um die Abschaffung der Strafzölle bei Boeing und Airbus, welche die EU und die USA wegen des Streits um Flugzeugsubventionen verhängt hatten, wecken jedoch die Hoffnung auf eine künftige Belebung der Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und den USA. Auch der Ausbau umfassender COVID-19-Testprogramme sowie der enorm voranschreitende Einsatz von Impfstoffen in den USA stimmt viele deutsche Unternehmen hoffnungsvoll. Insgesamt bleibt der US-Markt einer der wichtigsten Exportmärkte für Deutschland, und das Interesse am US-Markt ist nach wie vor groß.

Welches sind die größten Herausforderungen deutscher Unternehmen momentan auf dem US-Markt?
Michaela Schobert: Zu den größten Herausforderungen vor allem für Markteinsteiger zählen das komplexe Rechtssystem in den USA und die gravierenden Unterschiede im Vertrags- und Haftungsrecht, bei technischen Standards beziehungsweise steuerlichen Themen. Die beschränkten Einreisemöglichkeiten stellen für einige Mitgliedsunternehmen der Außenhandelskammern ebenfalls eine immense Herausforderung dar. Zwar kann die Situation in einigen Fällen durch virtuelle Treffen überbrückt werden, aber auf Dauer bieten Videokonferenzen keinen Ersatz für Präsenztermine. Auch das Thema Fachkräftemangel zieht sich noch immer durch zahlreiche Branchen.

Was unterscheidet die Geschäftskultur in Deutschland von der in den USA?
Michaela Schobert: US-amerikanische Unternehmenskultur steht für Flexibilität, Risikobereitschaft und Schnelligkeit. Der Fokus liegt auf dem Resultat, und es wird vor allem nach einer schnellen Lösung gesucht, Motto: „Just do it“. US-amerikanische Führungskräfte zeichnen sich, verallgemeinert gesprochen, durch Charisma und visionäres Denken aus, sind häufig risikobereit und treffen schnellere Entscheidungen. Das Motto lautet hierbei oftmals „time is money“. In US-Unternehmen herrscht oft eine „open door policy“ und ein eher lockerer Umgang mit Vorgesetzten, was für den ein oder anderen Einsteiger aus Deutschland anfangs etwas befremdlich erscheinen kann. Grundsätzlich wird sich in US-amerikanischen Firmen hierarchieübergreifend mit dem Vornamen angesprochen. Small Talk ist ein wichtiges Mittel, um im US-Geschäftsfeld Kontakte zu knüpfen, eine proaktive Art der Kontaktaufnahme wird geschätzt. Es gilt das Motto „sell-yourself“ und kontroverse Themen, insbesondere Religion und Politik, sollten unbedingt vermieden werden.

Ist Made in Germany in den Staaten immer noch ein gutes Verkaufsargument?
Michaela Schobert: Das Label Made in Germany und die damit häufig assoziierte deutsche Ingenieurskunst wird in den USA nach wie vor als wichtiges Qualitätsmerkmal angesehen und bietet oftmals einen Vertrauensvorsprung. Allerdings ist eine erfolgreiche Marktexpansion von unterschiedlichen Faktoren bestimmt und hängt mitunter von der Branche, aber generell auch maßgeblich von durchdachten unternehmerischen Strategien ab.

Was raten Sie Unternehmen, die jetzt in Amerika Fuß fassen wollen?
Michaela Schobert: Zunächst raten wir allen Unternehmen, sich gut zu informieren und das Vorhaben gut zu planen. In den USA können die Vorschriften zwischen den einzelnen Staaten variieren. Daher sollten die nationalen, regionalen und lokalen Vorschriften genauestens beachtet werden. Es empfiehlt sich eine enge Zusammenarbeit mit lokalen Partnern, die mit den Standards und Regulierungsprozessen vertraut sind. Zudem sind Produkthaftungsversicherung und Vertragsrecht in den USA sehr wichtig und Unternehmen, die den Markteinstieg planen, sollten Beratung durch Experten in diesem Bereich unbedingt in Anspruch nehmen. Bei Importen von deutschen Produkten in die USA muss darauf geachtet werden, dass in manchen Bereichen Handelshemmnisse oder Einfuhrzölle existieren – auch wenn Ausnahmen möglich sind. Im Bereich der Zusammenarbeit mit US-Geschäftspartnern gilt es, weitere Aspekte zu berücksichtigen. US-amerikanische Geschäftspartner erwarten in der Regel zeitnahe Rückmeldungen, zügige Auslieferungen, konstante Erreichbarkeit und lokale Ansprechpartner. Für exportierende deutsche Unternehmen ist es daher ratsam, lokale Servicepartner für Fragen oder lokale Dienstleistungen bereitzustellen. Die Außenhandelskammern USA unterstützen gerne bei der US-Expansion mit Marktstudien, Adressrecherchen und der Geschäftspartnersuche sowie bei der Einrichtung einer lokalen Geschäftspräsenz oder bei Fragen zu Mitarbeitereinstellung und der Standortwahl.