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Gastwirte und Veranstalter kommen an ihre Grenze

Personalmangel und gestiegene Einkaufspreise bringen Gastwirte und Veranstalter an ihre Grenzen
„30 bis 40 Prozent der Leute haben der Branche den Rücken gekehrt“
Die Corona-Krise hat die Gastronomie- und die Eventbranche hart getroffen. Monatelange Lockdowns und über zwei Jahre reduzierte Kapazitäten haben die Betriebe trotz großzügiger Wirtschaftshilfen hart getroffen. Die Maßnahmen sind gefallen, alles geht wieder seinen Gang. Doch das bringt andere Probleme mit sich: Personalmangel, gestiegene Einkaufs- und Materialpreise bringen die Gastwirte und Veranstalter ebenso an ihre Grenzen wie ein geändertes Konsumverhalten. Markus Strasser, Geschäftsführer der Dutenhofener See GmbH & Co. KG, ist sich sicher: „Die Gastronomie und die Eventbranche sind die mit Abstand am härtesten durch die Pandemie Gebeutelten“.
„Die Auswirkungen der Corona-Krise sind fatal“
Strasser und seine Kollegen betreiben mit der GmbH neben dem Badesee-Areal auch die Gas
tstätte „Zum Anker“ am Dutenhofener See. Strasser findet deutliche Worte für seine Branche. „Die Auswirkungen der Corona-Krise sind fatal.“ Denn der Dutenhofener See und die Gastronomie leben nicht nur von Tagesgästen, sondern vor allem auch von Events; Hochzeiten, Jubiläen, aber auch Konzerte und andere Kulturevents zählen hier zum Kerngeschäft. Tatsächlich seien es gar nicht die Lockdowns gewesen (Strasser: „Die Hilfen waren wirklich großzügig!“), die den Betrieben den Saft gezogen hätten, sondern vor allem die letzte Phase, in der den Menschen suggeriert worden sei, dass alles wieder normal laufe. Tatsächlich hätte es aber weiterhin massive Einschränkungen bei den Kapazitäten und Abstandsregelungen gegeben. „Ich möchte betonen, dass wir mit dem See wirklich eine privilegierte Situation haben. Wir haben viel Platz und können auch viel draußen machen“, sagt Markus Strasser, „ich spreche hier für die gesamte Branche. Jetzt stellen Sie sich nur mal den kleinen Dorfgasthof vor, der lediglich drei Tische draußen auf dem Bürgersteig hat“.
„Thema Verbindlichkeit hat an Bedeutung verloren“
Ein Problem: In der genannten Übergangsphase hätten 80 Prozent der Kunden geplante Feiern abgesagt. „Wenn Ihnen ein Brautpaar wenige Tage vor der Hochzeit absagt, dann bekommen Sie die Location nicht wieder vermietet“, sagt Strasser. Natürlich seien dann zwar noch keine Kosten entstanden, aber es gehe Umsatz flöten. Warum man das nicht über Anzahlungen oder generell Vorab-Bezahlungen löse? „Wird in der Gastronomie von den Kunden nicht akzeptiert“, sagt der See-Chef und moniert: „Ich habe in der Krise gemerkt, dass das Thema Verbindlichkeit bei vielen an Bedeutung verloren hat“. Es sei nur wenig Verständnis dafür da, was eine solche Absage für den Wirt bedeute.
„Und die Politik redet schon wieder über Einschränkungen im Herbst“
Der Trend, keine Verbindlichkeiten eingehen zu wollen, setzt sich auch im Eventbereich fort. Eddy Frühwirth betreibt mit der Hico Veranstaltungstechnik GmbH die Eventwerkstatt im Wetzlarer Dillfeld. Und auch er spürt das geänderte Konsumverhalten und die Zurückhaltung der Menschen vor allem bei Live-Konzerten. „Events, die vor der Pandemie schon gut verkauft waren, die laufen. Aber alles, was während der Pandemie in den Verkauf ge gangen ist oder aber danach – das wird gar nicht mehr angenommen. Die Leute kaufen in einem bestimmten Preissegment keine Tickets mehr“. Im Kopf seien hier vermutlich negative Erfahrungen verankert, etwa Schwierigkeiten bei der Rückerstattung. „Und die Politik redet ja jetzt schon wieder über Maßnahmen und Einschränkungen im Herbst. Das verunsichert die Leute und ist natürlich den Verkäufen überhaupt nicht zuträglich“, sagt Frühwirth.
Dazu kämen im Eventbereich Kostensteigerungen bei Material und Personal, vor allem bei den Veranstaltungstechnikern: „30 bis 40 Prozent der Leute haben der Branche den Rücken gekehrt und arbeiten heute was anderes“. Ein Umstand, der für eine Verknappung der Ressourcen und damit nie dagewesene Preiskämpfe sorgt. Techniker bekommen Tagessätze geboten, von denen sie jahrelang geträumt hätten, berichtet auch Ben Dehmer von CB Akustik mit Sitz in Wetzlar. „Wir können uns vor Anfragen nicht retten“. Und gerade Veranstalter aus dem Businessbereich seien bereit, auch höhere Preise zu bezahlen. Ein Umstand, der Dehmer freut, denn bislang war der Bereich oft unterbezahlt. Er sieht aber auc h die Schattenseiten: „Die kleineren Veranstalter, gerade aus dem Konzert- und Kultursegment können das gar nicht mehr mitgehen“. Diese Auswirkungen sind auch für die Künstler spürbar, denn auch sie müssten eigentlich die Preise anheben, die Veranstalter stehen aber auf der Bremse. Eine Spirale, der kaum zu entkommen ist. Eddy Frühwirth sieht das Ganze sehr kritisch: „Diese Blase wird irgendwann platzen“.
Auch in der Gastronomie haben sich zahlreiche Menschen andere Jobs gesucht, so dass auch dort Personalknappheit herrscht. „Viele Kollegen können angefragte Feiern gar nicht ausrichten, weil ihnen die Leute fehlen“, sagt Markus Strasser. Wer weg sei, sei weg, denn viele hätten gemerkt, dass anderswo bessere Bedingungen herrschten als in der Gastronomie. Das hänge nicht nur am Faktor Bezahlung, sondern auch am Umgang einiger Gäste mit dem Personal. Auch Strasser sieht die gestiegenen Preise – bei der Energie, bei den Lebensmitteln. Er spricht von Preissteigerungen bis zu 40 Prozent. „Wir müssen die Preise in der Gastronomie anziehen“, sagt er, „das ist sonst nicht aufzufangen“.  Bis wohin die Gäste das mitmachten - das müsse sich zeigen. Und auch, was im Herbst komme, stehe in den Sternen und erschwere die Planung. Markus Strasser lässt sich aber nicht entmutigen: Vom 22. September bis 2. Oktober richtet er wieder das Oktoberfest am Dutenhofener See aus.                                                                 Sabine Glinke