Energie-Effizienz-Tisch

"Die Kilowattstunde erst gar nicht entstehen lassen"

Bretthauer aus Dillenburg macht E-mobil
Ein Rundum-Paket zu allen möglichen Energiethemen mit spannenden Praxisberichten - das ist der Energie-Effizienz-Tisch des IHK-Verbundes Mittelhessen. Die Veranstaltung, die federführend von der IHK Lahn-Dill betreut wird, hat nun zum ersten Mal in virtueller Form stattgefunden – mit überragendem Erfolg: Mehr als 200 Vertreter von Unternehmen, Verwaltungen, Energieversorgern und –beratern aus ganz Hessen konnte der Energieexperte der IHK Lahn-Dill, Jürgen Keller, begrüßen. Thema: Ladensäuleninfrastruktur im Unternehmen.  Ausgangspunkt war der Praxisbericht des Dillenburger Unternehmens Bretthauer.
„Es geht weniger darum, Energie zu sparen, als vielmehr darum, die Kilowattstunde erst gar nicht entstehen zu lassen.“ Mit diesem Credo ist das Unternehmen Bretthauer, Systempartner für kunststofftechnische Lösungen, in den vergangenen Jahren angetreten, bei der Produktion deutlich Energie einzusparen. Im Einsatz seitdem: Photovoltaik-Anlagen, ein Blockheizkraftwerk, Hybridmaschinen mit elektrischen Antrieben, Geothermie, Containerkühlanlage und LED-Systeme für die Beleuchtung. Mit Erfolg: „Wir verzeichnen seit dem Start eine CO2-Einsparung von 73 Prozent über die letzten 10 Jahre“, erklärt Geschäftsführer Tim Bretthauer. Anders ausgedrückt: Der Kohlendioxydausstoß von 125.000 Tonnen pro einer Millionen Euro Umsatz in 2011 konnte durch die Maßnahmen auf 33.700 Tonnen pro einer Millionen Euro Umsatz im Jahr 2020 gesenkt werden. Parallel dazu konnte das Unternehmen seine Effizienz steigern – auf 69 Prozent mehr Umsatz pro Kilowattstunde. Benötigte das Unternehmen in 2011 noch 0,22 Kilowattstunden um 1 Euro Umsatz zu erwirtschaften, waren es in 2020 nur noch 0,13 Kilowattstunden pro 1 Euro Umsatz.
Jüngste Maßnahme der Dillenburger ist die Investition in die Elektromobilität: Insgesamt drei Ladesäulen mit jeweils 2 mal 20 KW Ladeleistung wurden auf dem Firmengelände installiert, insgesamt 6 Ladestationen sind so entstanden: 2 für Gäste und Besucher, 4 für Mitarbeiter. Die Gesamtinvestition für das Projekt inklusive Hauptverteilung und Steuerleitungen belief sich auf 77.600 Euro, die Fördersumme betrug 31.000 Euro, also rund 40 Prozent, so der Energiebeauftragte des Unternehmens, Sebastian Schmenn.
Zeitlich sei das Projekt zügig entwickelt worden, so der Energiebeauftragte. Antragsstellung sei im Februar 2019 gewesen, vier Monate später sei bereits der Förderbescheid eingegangen, weitere vier Monate später habe Bretthauer die Fördermittel mit Angabe von Rechnungen und Belegen abgerufen, drei Wochen später sei das Geld schon eingegangen.
Das Projekt laufe noch an, erklärt Sebastian Schmenn weiter. Zwei Mitarbeiter laden an den Säulen ihre privaten Fahrzeuge regelmäßig, Kunden nutzten das Angebot gelegentlich. Seit 2020 ist die Vorgabe für Firmenfahrzeuge mindestens der Hybridstandard, vier Hybridfahrzeuge wurden seitdem angeschafft. Getankt wurden bisher 4600 kWh Strom, der Zugang zu den Ladesäulen funktioniert über einen RFID-Chip, die Kosten für den Ladevorgang übernimmt aktuell der Arbeitgeber. Tim Bretthauer: „Wir rechnen in Zukunft mit einer höheren Auslastung der Ladepunkte.“
Partner der Energieversorgung ist die EAM. Die Mobilitätsberatung EcoLibro, mit der auch die HA Hessen Agentur GmbH des Landes zusammenarbeitet, erläuterte technische und betriebswirtschaftliche Aspekte von E-Mobilität und Ladesäulen. Gefördert wurde die Maßnahme von der Hessen Agentur GmbH, Bereich Innovationsförderung. Unterstützung bietet auch die Geschäftsstelle der Landesinitiative zur Förderung der Elektromobilität „Strom bewegt“ bei LEA LandesEnergieAgentur Hessen GmbH (LEA Hessen). Alle am Projekt Beteiligten saßen mit am virtuellen Energie-Effizienz-Tisch der IHK, erklärten ihre Rolle und standen in der Fragerunde Rede und Antwort. Kooperationspartner für die Veranstaltung waren die Geschäftsstelle Elektromobilität „Strom bewegt“ der LEA Hessen sowie die HA Hessen Agentur GmbH.                                     
Bretthauer: Maßnahmen zur CO2-Einsparung
Seien es die Photovoltaik-Anlagen mit einer Gesamtleistung von 130 kWp, die im Jahr 120.000 Kilowattstunden Strom erzeugen, sei es das Blockheizkraftwerk mit einer Gesamtleistung von 50 kW Strom und damit 100 kW Wärme, das jedes Jahr 122.000 kWh Strom erzeugt – Bretthauer hat in den vergangenen Jahren mit verschiedenen Maßnahmen dafür gesorgt, regenerative & alternative Energieformen zur Anwendung zu bringen und auf der anderen Seite die „Kilowattstunde erst gar nicht entstehen zu lassen“: „Wir nutzen die Produktionswärme an zwei Stellen, wärmen über Nacht unsere Werkzeuge auf 65 bis 70 Grad vor und unterstützen in der Trocknerhalle die Vortrocknung der Granulate“, erklärt der Energiebeauftrage von Bretthauer, Sebastian Schmenn.
Als weitere Maßnahme wurde der Maschinenpark kontinuierlich modernisiert, vollhydraulische Maschinen wurden durch vollelektrische Maschinen sowie Hybridmaschinen mit elektrischem Antrieb ersetzt. Mögliche Energieeinsparung in diesem Bereich: 50 Prozent.
Ein Druckluftkompressor sorgt für eine Abwärmenutzung, Geothermie liefert die Wärme für die Fußbodenheizung im Hochregallager und sorgt für eine Temperierung der Halle auf konstante 13 Grad. Eine neue Containerkühlanlage verbraucht nur noch 235.000 kWh pro Jahr an Strom im Gegensatz zu den drei alten Kühlanlagen, die 475.000 kWh im Jahr verbrauchten. Einsparung: 51 Prozent. Der Ersatz des alten T8-Leuchtstoffröhren-Systems durch neue LED-Systeme und Bewegungsmelder brachte ebenfalls eine Einsparung von 50 Prozent.
Der Energie-Effizienz-Tisch der IHK

Ziel:
Mit dem Veranstaltungsformat bietet der IHK Verbund Mittelhessen eine Plattform für Unternehmen, Verwaltungen, Energieversorger sowie Energieberater an, sich praxisnah zu Energiethemen zu informieren, sich auszutauschen und untereinander zu vernetzen.

Ablauf:
Dabei berichten Unternehmer aus erster Hand, was sie im Unternehmen umgesetzt haben, um das Klima zu schützen. Falls möglich wird neben dem Thema der Veranstaltung ein Überblick gegeben, welche Maßnahmen das Unternehmen bereits ergriffen hat, um Energie zu sparen, die Effizienz zu erhöhen oder die (Eigen-) Versorgung mit Erneuerbarem Strom beziehungsweise Wärme zu steigern. In flankierenden Berichten wird über die konkrete Vorgehensweise und Fördermöglichkeiten gesprochen. Anschließend besteht die Gelegenheit, Fragen direkt loszuwerden.

Die Themenfelder sind weit gespannt:
- zur Technologie von besonders energieeffizienten Produkten, Maschinen, Anlagen
- zu durchgeführten betrieblichen Energieeffizienz-Projekten (Produktion, Gebäude, …) 
- zum Einsatz von Erneuerbaren Energien (z.B. Strom aus PV oder Wärme aus Solarthermie sowie zur Technologie von Wind-, Solar-, Biogas-, Wasser-Kraftwerken

Auch übergeordnete Themen stehen auf der Agenda:
- Managementsysteme (z.B. DIN ISO 50.001), Zertifizierungen (z.B. DIN EN 16.247-1)
- Förderprogramme (von BAFA, KfW, Land Hessen)
- Energiedienstleistungen, wie z.B. Wärmeliefer-Contracting 

Organisation:
Die IHK spricht Unternehmen oder Akteure im Energiesektor an, die bereit sind, Informationen aus der Praxis für die Praxis weiterzugeben. Im Vordergrund steht die Weitergabe von Wissen und Know-How-Transfer. Eingeladen wird über einen festen Verteiler. Eine Begrenzung der Teilnehmerzahl auf maximal 25 bei Präsenzveranstaltungen hat sich bewährt. Bei Online-Veranstaltungen können bis zu 200 Interessierte teilnehmen. Die Präsenz-Veranstaltung findet in einem gastgebenden Unternehmen statt, welches zuweilen auch mit Best-Practice-Beispielen über die Region hinaus bekannt ist. Das gastgebende Unternehmen kann für einen abschließenden Austausch zu einem kleinen Imbiss mit Soft-Drinks einladen. Dabei entstehen auch Vernetzungen, die über diesen Abend hinausgehen.

Zielgruppe:
Unternehmen, Verwaltungen, Energieversorger und Energieberatungsunternehmen und Interessierte.
Auch die beratenden Mitarbeiter der LandesEnergieAgentur Hessen sind als Gäste oder Referenten zu den Veranstaltungen eingeladen. 

Häufigkeit und Dauer
Vier Termine pro Jahr; Präsenzveranstaltung: 17 bis 19.30 Uhr (2,5 Stunden) + offener Austausch (ca. 30 Min.); Online-Veranstaltung: 15 bis 17.30 Uhr (2,5 Stunden inkl. Austausch);

Ihr IHK-Ansprechpartner:
Dipl.-Ing. Jürgen Keller hat Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt Automatisierungstechnik an der Universität Siegen studiert und anschließend einige Jahre Berufserfahrung in einem energieintensiven Unternehmen gesammelt. Seit 2000 arbeitet er bei der IHK Lahn-Dill und ist seit 2015 Ansprechpartner für Unternehmen, wenn es um Energiethemen und betrieblichen Klimaschutz geht.