Von Tunnel bis "Monster"

An der B49 scheiden sich die Geister/Heimische Wirtschaft diskutiert

Die B49 gilt als die Verbindung zwischen den Großräumen Koblenz und Wetzlar/Gießen und ist für die Wirtschaftsregion an Lahn und Dill von großer Bedeutung. Neben dem vierspurigen Ausbau zwischen Limburg und Wetzlar soll auf der wichtigen Ost-West-Verbindung ein weiteres Projekt umgesetzt werden: Die rund einen Kilometer lange Hochstraße in Wetzlar sowie weitere Brücken zwischen den Anschlussstellen Wetzlar-Dalheim und Wetzlar-Garbenheim sollen ersetzt werden. Grund sind laut Hessen Mobil unter anderem statische Defizite – die Brücken können längerfristig die zukünftigen Verkehrsströme nicht mehr aufnehmen. 
Vier Varianten vertieft untersucht
Hessen mobil untersucht im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) derzeit Möglichkeiten, wie der gesamte Brückenzug realisiert werden kann. Denn die Hochstraße besteht aus einem einzigen Bauwerk und kann nur als Ganzes zurückgebaut werden. Mit Beginn der Abbrucharbeiten an der Brücke, aber spätestens ab Ende 2027, wird eine Umleitung des Durchgangsverkehrs über das Bestandsnetz der A 45, A 480 und B 277 eingerichtet werden. Für den Ersatz der Hochbrücke gibt es verschiedene Varianten, vier sind in der engeren Wahl:
  • Variante 1: Der Ersatz im Bestandskorridor als Brücke entlang des derzeitigen Streckenverlaufs der B 49 unter Berücksichtigung des aktuellen Regelwerks, insbesondere hinsichtlich des Fahrbahnquerschnitts.
Allen drei folgenden Varianten ist gemein, dass sie ab der Anschlussstelle Aßlar der A 480 die bestehenden Bundesfernstraßen nutzen. Die Route verläuft ab der Anschlussstelle Aßlar über die A 480 bis zum Wetzlarer Kreuz und weiter über die A 45 zur Anschlussstelle Wetzlar Ost. Für die Strecke zwischen der heutigen B 49 bei Wetzlar-Dalheim und der Anschlussstelle Aßlar sind folgende Varianten im Gespräch:
  • Variante 2: eine verlegte B 49 als östliche Umfahrung Wetzlar-Dalheims zwischen der B49-Anschlussstelle Wetzlar-Dalheim und der A480-Anschlussstelle Aßlar („Dillfeld-Umfahrung“)
  • Variante 3: eine verlegte B 49 als westliche Umfahrung Wetzlar-Dalheims im Einschnitt zwischen einer neuen Anschlussstelle bei Altenberg und der Anschlussstelle Aßlar
  • Variante 4: eine verlegte B 49 als westliche Umfahrung Wetzlar-Dalheims („Dalheim-Umfahrung“) im Tunnel zwischen einer neuen Anschlussstelle bei Altenberg und der Anschlussstelle Aßlar.
Mittlerweile gibt es zwei Bürgerinitiativen (BI) für verschiedene Varianten:
  • BI für Variante Tunnel bei Dalheim (Naturschutzverbände sprechen sich ebenfalls für diese Variante aus)
  • BI Hochstraße B 49: Erhalt der Hochstraße wegen angeblich geringsten Flächenverbrauchs. Jedoch sind hiervon viele Eigentümer betroffen, da die neue Trasse nach den neuesten Standards sehr viel breiter gebaut werden muss. Diskutiert wird auch eine doppelstöckige Brücke. In einem städtebaulichen Zukunftsplan der Stadt Wetzlar „ISEK“ wurde eine Verlegung der Hochbrücke als städtebauliche Chance gesehen, da sie aus städtebaulicher Sicht eine zerschneidende Wirkung entfaltet.  
Die Entscheidung über die letztendlich realisierte Variante obliegt dem Bund als Straßenbaulastträger der B 49. Hessen Mobil befindet sich zurzeit in Abstimmungsgesprächen mit dem BMVI. Die IHK vertritt bei Infrastrukturmaßnahmen die Interessen der Gesamtwirtschaft als Träger öffentlicher Belange. IHK-Mitgliedsbetriebe sind deshalb gebeten, Anregungen und Vorschläge zur Baustellenumfahrung sowie zu den Ersatz-Varianten an die IHK Lahn-Dill zu senden. Wir stellen Ihnen nachfolgend Meinungen aus - von den Planungen besonders betroffenen – Mitgliedsunternehmen vor.     
Christian Kirchhübel, Oculus Optikgeräte (Vollversammlungs-
mitglied, IHK-Industrieausschuss)
Wir, die OCULUS Optikgeräte GmbH, sind für einen Erhalt des Bestandkorridors! Alle anderen Varianten haben Mehrbelastungen für Umwelt, Klima, Nutzer und andere Anwohner zur Folge, die fern jeder Verhältnismäßigkeit liegen. Bis 2050 können die Mehrbelastungen alleine durch mehr gefahrene Kilometer mit ca. 1 Milliarde Euro und rund 120 Verkehrstoten und optimistischen rund 300.000 Tonnen mehr CO2 beziffert werden. Für die Politik sind das zwar „nur“ volkswirtschaftliche Kosten, jedoch sollte man meinen, dass eben diese Überlegungen Grundsatz politisch optimalen Handels sein sollte. Anstelle dieses massiven potentiellen Schadens werden Normen (die für die grüne Wiese geschaffen wurden) für ein Problem des Bauens im Bestand zitiert. Im Ergebnis werden dann die denkbar schlechtesten Varianten erzeugt. Lokale Immobilienmagnaten haben sich schon alle relevanten Grundstücke mit potentiellem Wertzuwachs entlang der Bestandstrasse gesichert, während die Bevölkerung entlang der neuen Trassen mit Mehrbelastungen konfrontiert wird.
Eine effektive Verkehrsanbindung ist Grundlage eines möglichst energie- und damit klimaoptimalen Verkehrssystems. Kurze Wege sind dabei die mit Abstand beste Lösung!

Christian Buttgereit, Bechstein GmbH (IHK-Industrieausschuss)
Der vierspurige Ausbau der B49 als äußerst wichtige Ost-West-Verbindung ist zwingend notwendig, und dass schon seit mehr als 20 Jahren. Das Bauwerks-Dilemma der Wetzlarer Überführung wäre durch einen Ersatz der Brücke am besten gelöst und die Durchgängigkeit der B49 gewährleistet. Sollte dies aus technischen, baugesetzlichen oder finanziellen Anforderungen nicht möglich sein, kommt meines Erachtens nur eine möglichst ungehinderte Umfahrung über das Wetzlarer Kreuz in Frage.
Hier ist die Tunnellösung westlich von Dalheim sicherlich, auch hinsichtlich der Belastung von Anwohnern, die beste Variante. Eine Dillfeld-Umfahrung, wie während der Bauphase temporär geplant, ist auf keinen Fall langfristig eine Lösung, da der Durchgangsverkehr durch die engen Kurven extrem stark abgebremst wird. Hier wird es zwangsläufig zu Staus und erhöhten Umweltbelastungen kommen. Spannend ist auch die Frage, wie die innerstädtischen Verkehrsströme ohne eine Brücke zurechtkommen.

Detlef Boje, Ikea Deutschland GmbH (IHK-Handelsausschuss)
Im Rahmen einer Vorstandssitzung des Stadtmarketings, dessen Mitglied ich bin, haben wir uns schon positioniert und unterstützen die Tunnellösung. Auch aus meiner Sicht ist das die Lösung mit den meisten Vorteilen aus verkehrstechnischer aber auch aus ökologischer Sicht.

Jens Mohr, Süss Oberflächentechnik GmbH (Vollversammlungsmitglied, IHK-Industrieausschuss)
Die Variante 1, „Ersatz im Bestandskorridor als Brücke …“ halte ich für katastrophal: Mit Realisierung dieser Variante müsste der gesamte Durchgangsverkehr während der Bauphase stillgelegt werden. Außerdem wäre die Lösung viel zu breit und mit Lärmschutzwand ein Monstrum im Stadtzentrum. Die zweite Variante, eine „verlegte B 49 als östliche Umfahrung Wetzlar-Dalheims“ wäre vermutlich die kostengünstigste Lösung mit den geringsten Eingriffen ins Umland, aber auch einer erheblichen Lärmbelastung nun für die gesamte Stadt.
Eine „verlegte B 49 als westliche Umfahrung Wetzlar-Dalheims“ ist in meinen Augen für Wetzlar die beste Lösung. Es geht dann zwar Land „verloren“, aber in Abwägung der Vorteile halte ich die Variante für deutlich besser als die ersten beiden. Die Dalheim-Umfahrung im Tunnel ist meiner Kenntnis nach die teuerste Lösung, hat aber Vorteile hinsichtlich der Lärmeinwirkungen. Eine eindeutig beste Lösung gibt es leider nicht, was die Entscheidungsfindung so schwierig macht.

Maximilian Schlier, Centermanager Forum Wetzlar (IHK-Handelsausschuss)
Die vorgestellten Varianten verfehlen leider den Endkonsumenten und somit die Bevölkerung auf voller Linie. Für uns als Anrainer wird die Variante „Bestand mit Sondergenehmigung ohne Erweiterung des Fahrbahnquerschnitts“ nicht ausreichend weiterverfolgt und in der Öffentlichkeit diskutiert. Variante 1 als Basislösung scheint uns aufgrund Enteignungen im direkten Umfeld als sehr schwierig umsetzbar. Zu viele Gebäude und Gewerbeimmobilien befinden sich direkt angrenzend an den bisherigen Querschnitt der B49. Ebenso halten wir eine verlegte B 49 als Umfahrung Wetzlar-Dillfeld aufgrund des zugrundeliegenden Gewerbegebiets für kaum realisierbar. Somit verbleiben nur noch die Varianten der Umfahrung Wetzlar-Dalheim sowie die Tunnellösung zwischen einer neuen Anschlussstelle bei Altenberg und der Anschlussstelle Aßlar