ZEISS SMT

Die präzisesten Spiegel der Welt

In Tablets und Handys sind sie eingebaut, für autonomes Fahren, Smart Home oder Elektromobilität sind sie unverzichtbar: 80 Prozent der Mikrochips weltweit werden mit optischen Systemen von ZEISS SMT hergestellt. Die neueste – revolutionäre – Technologie von ZEISS und Partnern sorgt für Chipstrukturen, die 5.000-mal dünner sind als ein menschliches Haar. Der weltweite Boom des Halbleitermarktes schafft neue Arbeitsplätze und sorgt damit für Wertschöpfung in der Region. Allein in Wetzlar hat sich die Mitarbeiterzahl bei der ZEISS Halbleitersparte SMT seit 2017 auf 350 verdoppelt. Ein Ende der Erfolgsgeschichte ist nicht in Sicht.
Es ist eine Arbeit im Nanometerbereich. Forscher von ZEISS haben gemeinsam mit ihren Kollegen von TRUMPF und dem Fraunhofer Institut IOF die EUV-Technologie entwickelt, mit der Mikrochips belichtet werden – und sind dafür stellvertretend für tausende Forscherinnen und Forscher mit dem Deutschen Zukunftspreis (s. Kasten) 2020 ausgezeichnet worden.
„Mit dieser Schlüsseltechnologie können jetzt und in Zukunft noch leistungsfähigere und energieeffizientere Mikrochips hergestellt werden als bisher“, erklärt Katrin Ariki, Standortleiterin der SMT in Wetzlar. D enn: „Je kürzer die Wellenlänge beim Belichten der Wafer ist, aus denen die Mikrochips hergestellt werden, desto kleiner werden am Ende die Strukturen darauf“, so die Physikerin weiter. Wafer sind Siliziumscheiben, auf die die Struktur der Mikrochips aufgebracht wird. Anders ausgedrückt: Je kürzer die Wellenlänge des dabei verwendeten Lichts, umso mehr Informationen schaffen es auf einen Chip. Passten beispielsweise früher 128 MB auf einen Chip, sind es heute bei gleicher Chipgröße schon 128 GB.
Und so funktioniert es: Das bei der Entzündung von Zinn-Plasma entstehende EUV-Licht wird mit Hilfe hochpräziser Spiegel auf eine Photomaske geleitet, auf der sich der Bauplan der Chipstrukturen befindet. Wie bei der Projektion eines Dias werden diese Strukturen der elektronischen Bauelemente auf einen Wafer übertragen. Dieser Ablauf wird mit verschiedenen Masken rund 100 Mal wiederholt, wodurch ein komplexes dreidimensionales Gebilde aus Transistoren und Leiterbahnen entsteht: ein Mikroprozessor oder Speicherchip. EUV steht dabei für „extreme ultraviolet“, also extrem ultraviolettes Licht mit einer Wellenlänge von gerade einmal 13,5 Nanometern. Ein Nanometer bedeutet zehn Millionstel Zentimeter oder eine Milliardstel Meter. Zum Vergleich: Die bisher führende DUV-Technologie mittels „deep ultraviolet light“ (DUV) arbeitet mit 193 Nanometern Wellenlänge. Für den Menschen sind beide Wellenlängen nicht mehr wahrnehmbar, das menschliche Auge erfasst einen Lichtstrahl erst ab 400 Nanometern.
Um Licht mit dieser Wellenlänge herzustellen, braucht es eine besondere Lichtquelle: TRUMPF liefert dafür einen Hochleistungs-CO2-Laser, der mit 30 Kilowatt Leistung der stärkste gepulste Industrielaser weltweit ist. Klassische Industrielaser, die zentimeterdicken Stahl durchschneiden, bringen nur ungefähr die Hälfte dieser Leistung. Damit das Licht gelenkt werden kann, hat ZEISS SMT ein optisches System geschaffen, das aus gekrümmten Spiegeln aufgebaut ist und für den richtigen Strahlengang sorgt.
Es sind die präzisesten Spiegel der Welt, auf die bei ZEISS bis zu 100 spezielle Schichten, die mit dem Fraunhofer Institut IOF entwickelt worden sind, aufgedampft werden, damit möglichst viel Licht reflektiert wird. ZEISS erklärt das Wort „präzise“ in dem Zusammenhang folgendermaßen: „Würde ein Laserstrahl über einen dieser EUV-Spiegel umgelenkt und auf den Mond gerichtet, könnte man damit einen Golfball auf der Mondoberfläche treffen.“ Allein das Rohmaterial für diese besonderen Spiegel ist sehr teuer. Katrin Ariki: „Deshalb werden sie bei den vielen Arbeitsschritten buchstäblich mit Samthandschuhen angefasst. Ein kaum wahrnehmbarer Kratzer, und wir hätten teuren Ausschuss produziert.“ Vermessen werden die Spiegel in U-Boot-großen Vakuumkammern am Hauptsitz von ZEISS in Oberkochen. Katrin Ariki: „Die Messtechnologie ist kein Industriestandard und haben wir selbst entwickelt.“
Zum Einsatz kommen die Optiken in Maschinen des niederländischen Herstellers ASML. Das Unternehmen ist einziger Hersteller weltweit für die EUV-Lithographie-Maschinen, mit denen die Wafer belichtet werden. „Auch dank des Standorts in Wetzlar gibt es einen Großteil der Mikrochips weltweit“, so Katrin Ariki weiter.
Ein Ende der Revolution im Hochleistungschip-Bereich ist nicht in Sicht: „Derzeit entwickeln die Physiker bei ZEISS SMT zusammen mit ihren Partnern die nächste Generation: Die High-NA-EUV-Optiken werden über einen größeren Öffnungswinkel verfügen und ermöglichen so nochmals deutlich kleinere Chipstrukturen.“ Die Strukturdichte auf einem damit belichteten Mikrochip steigt dann laut ZEISS SMT noch einmal um das Dreifache.
Innovationen mit Weitblick
Dass ZEISS mit seinen Partnern so lange an der EUV-Technologie – und den EUV-Spiegeln im Speziellen – forschen konnte, ermöglichte unter anderem die Unternehmensform von ZEISS. Die Carl Zeiss AG gehört zu 100 Prozent der Carl-Zeiss-Stiftung, so dass Entwicklungen mit dem nötigen Weitblick vorangetrieben werden können. Seit vielen Jahren kann das Unternehmen, das vergangenes Jahr sein 175-jähriges Bestehen feierte, über zehn Prozent des Umsatzes in Forschung und Entwicklung investieren.

Auch das Hochtechnologie-Netzwerk von ZEISS SMT ist ein Schlüssel zum Erfolg. Über 1.200 Partner aus Zulieferfirmen, Universitäten und Forschungsinstituten leisteten ihren Beitrag zur Entwicklung der optischen Systeme. Eine erfolgreiche Partnerschaft: ZEISS, TRUMPF und das Fraunhofer Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF wurden 2020 stellvertretend für Tausende Forscher für die Entwicklung der EUV-Lithographie mit dem Deutschen Zukunftspreis des Bundespräsidenten ausgezeichnet.                            ZEISS SMT