Musikzentrum Mittelhessen

"Krisen lassen sich am besten gemeinsam meistern"

Chancennutzer in der Krise: Unternehmer aus Wetzlar und Gießen gründen „Musikzentrum Mittelhessen“
Die Krise als Chance begreifen und gemeinsam Stärke zeigen: Zwei Unternehmer, die im vergangenen Jahr vom Lockdown besonders betroffen waren, haben die Zeit für neue Ideen genutzt und spielen ab sofort im Duett: Die Musikschule „Musikzentrale“ mit Hauptsitz in Wetzlar und Filialen in ganz Mittelhessen hat mit dem Gießener Traditionsunternehmen Musikhaus Schönau eine neue Gesellschaft gegründet. Auf 2500 Quadratmetern ist damit im Schiffenberger Weg 111 in Gießen das Musikzentrum Mittelhessen entstanden. Eine Anlaufstelle für Musiker und solche, die es werden wollen - mit Ladengeschäft, Werkstatt, Unterrichtsräumen, einer Live-Spielstätte und angeschlossener Gastronomie. Vertraglich ist die Fusion unter Dach und Fach, die ersten Räume sind eingerichtet und die Gießener Filiale der Musikschule ist aus der Rudolf-Diesel-Straße an den neuen Standort umgezogen. Mit „Eis da Toni“, einem Eishersteller aus Biebertal, ist auch der erste Gastronom inzwischen an Bord.
„In der Pandemie ist uns klargeworden, dass wir uns breiter aufstellen müssen, denn Krisen lassen sich am besten gemeinsam meistern. Wir arbeiten bereits seit 20 Jahren mit dem Musikhaus Schönau zusammen, die Gründung der gemeinsamen GmbH war nur ein konsequenter Schritt“, erzählt der Geschäftsführer der Musikzentrale, Sebastian Schöndorf. „Jetzt freuen wir uns auf weitere Mieter, die an unserem Konzept, ein Musik-Dienstleistungszentrum für Mittelhessen aufzubauen, Interesse haben.“ Angesprochen sind weitere Bildungsanbieter im Bereich Musik, Gastronomen, Vereine.
Für Simon Bender vom Musikhaus Schönau bedeutet die Zusammenarbeit zum einen, „nach Corona endlich richtig durchzustarten“. Denn Bender hatte das Traditionsgeschäft im Februar vergangenen Jahres vom ehemaligen Inhaber Hans-Joachim Reh übernommen, musste aber aufgrund der Corona-Krise den Präsenz-Betrieb erst einmal einstellen. „So ist für mich die Gründung des Musikzentrums auch die Chance, den Standort in Mittelhessen auszubauen und das Musikhaus zu stärken“, so Bender. Sein Engagement ist in der Branche selten: Viele Musikhäuser hätten eher Probleme bei der Nachfolgeregelung, und „machen deshalb einfach dicht“, so der junge Unternehmer weiter. „Ich möchte unser Musikhaus weiterentwickeln und gebe mit der Gründung des Musikzentrums ein klares Bekenntnis zum Standort ab.“
Möglich wurde die Gründung durch das Freiwerden des Nachbarhauses. „Da haben wir zugegriffen“, so die beiden Unternehmer, die ihre Idee gut durchdacht haben. „Der Bedarf für ein Musikzentrum ist da“, erzählt Sebastian Schlöndorf: „Keine andere Region in Deutschland hat so viele Preisträger des Deutschen Rock- und Pop-Preises und so viele Künstler mit Gold- und Platinplatten hervorgebracht wie Mittelhessen.“ Aus eigener Erfahrung wisse er, dass es in der Region an Probe- und Übungsräumen mangelt und es kaum Auftrittsmöglichkeiten für Nachwuchsmusiker oder Schauspielgruppen ohne eigene Infrastruktur gibt. „Das Musikzentrum kann dazu beitragen, neue Ausbildungs- und Arbeitsplätze in dem zukunftsträchtigen Wirtschaftszweig Kultur und Bildung zu schaffen.“ Mangel an Kundschaft befürchtet auch Bender nicht. Das Musikhaus Schönau, das auf eine 115-jährige Geschichte zurückblicken kann, habe seit Jahren ein wachsendes Einzugsgebiet. Bender: „Unsere Kunden fahren 80 bis 100 Kilometer, kommen zum Teil sogar von noch weiter her.“
Beide Unternehmer waren von der Corona-Krise und den verstärkten Auflagen für den Einzelhandel und Musikschulen gleichermaßen stark betroffen gewesen, hatten jedoch schnell reagiert und ihren Geschäftsbetrieb digitalisiert. „Durch die digitale Beratung und den digitalen Unterricht haben sich für uns ganz neue Märkte eröffnet“, so Bender und Schlöndorf. Beide sind sich einige, die digitale Sparte auch in Zukunft – ohne Corona – bedienen zu wollen. Im Musikzentrum entstehen deshalb unter anderem auch moderne Videoräume für den digitalen Unterricht.
Für Bender und Schlöndorf steht schon jetzt fest: „Das Zentrum ist für uns der Beweis, dass selbst in einer Krise etwas Neues und Positives entstehen kann.“