Zollverfahren

Passive Veredelung

Unter passiver Veredelung versteht man ein zollrechtliches Verfahren, bei dem Ware aus dem Zollgebiet der Europäischen Union ausgeführt wird, um nach einer Veredelung (d. h. einer Bearbeitung, Verarbeitung oder Ausbesserung) wieder unter vollständiger oder teilweiser Befreiung von Einfuhrabgaben in die EU eingeführt zu werden. Man unterscheidet dabei zwei Formen der passiven Veredelung, die wirtschaftlich passive und die zollamtlich bewilligte passive Veredelung.

Wirtschaftlich passive Veredelung

Anwendungsfall

Die wirtschaftlich passive Veredelung bedarf keiner Bewilligung. Sie kann dann genutzt werden, wenn Waren unter Nutzung von Präferenzen zollfrei in das Veredelungsland und auch wieder zollfrei in die EU eingeführt werden können. Sie kommt daher ausschließlich bei Veredelungsvorgängen von präferenziellen Vormaterialien in Betracht, die in Ländern bearbeitet werden, mit denen die EU Freihandelsabkommen geschlossen hat.

Ablauf

  • Ausfuhr: Abgabe einer Ausfuhranmeldung. Im Feld 37 der Zollanmeldung ist der Verfahrenscode 2200 (ohne vorangegangene zollrechtliche Bestimmung) zu wählen
  • Beilage einer Proformarechnung
  • Beilage eines Präferenznachweises (z. B. Warenverkehrsbescheinigung EUR.1, je nach den Bestimmungen des Präferenzabkommens)
  • Einfuhr im Veredelungsland: Unter Vorlage des Präferenznachweises zollfrei (Einfuhrumsatzsteuer ist ggf. zu bezahlen)
  • Wiedereinfuhr in die EU nach der Lohnveredelung: Einfuhranmeldung (Verfahrenscode 6122)
  • Rechnung Lohnkosten
  • Präferenznachweis (z. B. Warenverkehrsbescheinigung EUR.1, je nach den Bestimmungen des Präferenzabkommens)
Die veredelte Ware kann damit wieder zollfrei in die EU eingeführt werden. Es sollte vor der Ausfuhr aus der EU jedoch geklärt worden sein, dass die Be- und Verarbeitung im Veredelungsland auch tatsächlich ursprungsbegründend ist, damit ein Präferenznachweis auch tatsächlich ausgestellt werden kann.
Das Veredelungserzeugnis unterliegt bei der Einfuhr in die EU der Einfuhrumsatzsteuer. Deren Bemessungsgrundlage ist das für die Veredelung zu zahlende Entgelt. Falls ein solches Entgelt nicht gezahlt wird, wird für die Berechnung die durch die Veredelung eingetretene Wertsteigerung zugrunde gelegt.

Zollamtlich bewilligte passive Veredelung

Anwendungsfall

Die zollamtlich bewilligte passive Veredelung wird angewendet, wenn entweder nicht präferenzbegünstige Ware/ Drittlandsware zur Veredelung in ein Drittland, mit welchem die EU ein Freihandelsabkommen geschlossen hat, gesendet werden soll oder wenn Ware in einem Land veredelt werden soll, mit welchem kein Präferenzabkommen besteht.

Bewilligung

Die zollamtlich bewilligte passive Veredelung bedarf eines Antrages und einer Bewilligung durch die Ausfuhrzollstelle bzw. das Hauptzollamt. Dabei ist zu unterscheiden zwischen einer vereinfachten und einer förmlichen Bewilligung.
a) Vereinfachte Bewilligung
Die vereinfachte Bewilligung kann in Form einer Ausfuhranmeldung zur Überführung der Waren in die passive Veredelung bei der Ausfuhrzollstelle gestellt werden. Die Bewilligung wird durch Überlassung der Waren zur passiven Veredelung erteilt und gilt nur für einen einmaligen Veredelungsvorgang. Sie wird mit dem Ausfuhrbegleitdokument (ABD) und dem INF 2 bekannt gegeben. Der vereinfachte Antrag  ist in einigen Fällen nicht möglich (z. B. bei Anschreibung in der Buchführung des Anmelders, siehe abschließende Aufzählung in Art. 163 Abs. 2 UZK-DA).
b) Förmliche Bewilligung
Ist ein vereinfachter Antrag zur Überführung der Waren in die passive Veredelung nicht möglich, oder ist die passive Veredelung auf Wiederholung und Dauer angelegt, muss ein schriftlicher Antrag beim zuständigen Hauptzollamt gestellt werden. Dies erfolgt mit dem Formular 0266 “Antrag auf Erteilung der Bewilligung für die Inanspruchnahme der passiven Veredelung” und dem Fragebogen zollrechtliche Bewilligungen Teil I bis III und V. Die Bewilligung wird für eine Geltungsdauer von höchstens 5 Jahren erteilt. Bei sensiblen Waren (insbesondere verschiedene Lebensmittel) beträgt die Geltungsdauer nicht mehr als 3 Jahre.
Voraussetzungen der Bewilligung
Die Voraussetzungen einer Bewilligung zur passiven Veredelung sind insbesondere die folgenden:
  • Status der Ware: Die zur Veredelung auszuführenden Waren müssen Unionswaren sein, d. h., sie müssen sich im zollrechtlich freien Verkehr in der EU befinden
  • Persönliche Voraussetzungen: Der Antragsteller muss in der EU ansässig sein, eine ordnungsgemäße Durchführung und Dokumentation der Vorgänge vornehmen und die Veredelungsvorgänge im Drittland durchführen oder durchführen lassen. Dabei kann die Veredelung für eigene Rechnung oder in Form von Verkauf und Rückkauf durchgeführt werden
  • Wirtschaftliche Voraussetzung: Die Interessen der Hersteller sensibler Waren in der EU dürfen nicht verletzt werden
  • Zollrechtliche Voraussetzung: Anhand der Nämlichkeitssicherung muss sich nachvollziehen lassen, dass die Waren der vorübergehenden Ausfuhr in den Veredelungserzeugnissen tatsächlich enthalten sind

Ablauf

Fall 1 (Veredelung von EU- und Drittlandsware in einem Land mit Freihandelsabkommen)
  • Ausfuhr:  Abgabe einer Ausfuhranmeldung. Im Feld 37 der Zollanmeldung ist einer der folgenden Verfahrenscodes zu wählen: 
    2100 ohne vorangegangenes Verfahren
    2140 nach Überlassung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr ohne steuer-befreiende Lieferung
    2151 nach Überführung in die aktive Veredelung
  • Beilage einer Proformarechnung
  • Beilage eines Präferenznachweises für die präferenzbegünstigte EU-Ware (z. B. Warenverkehrsbescheinigung EUR.1, je nach den Bestimmungen des Präferenzabkommens)
  • Einfuhr im Veredelungsland:
    EU-Ware: Unter Vorlage des Präferenznachweises zollfrei
    Drittlandsware: Die im Präferenzabkommen zu veredelnde Ware ohne EU-Präferenzursprung wird im Veredelungsland in den zoll- und steurerrechtlich freien Verkehr überführt, d. h. Einfuhrzoll und -umsatzsteuer werden bezahlt.
  • Wiedereinfuhr in die EU nach der Lohnveredelung: Einfuhranmeldung (Verfahrenscode 6121)
  • Rechnung Lohnkosten
  • Präferenznachweis (z. B. Warenverkehrsbescheinigung EUR.1, je nach den Bestimmungen des Präferenzabkommens)
Die veredelte Ware kann damit zollfrei in die EU eingeführt werden, unterliegt jedoch der Einfuhrumsatzsteuer. Deren Bemessungsgrundlage ist das für die Veredelung zu zahlende Entgelt. Falls ein solches Entgelt nicht gezahlt wird, wird für die Berechnung die durch die Veredelung eingetretene Wertsteigerung zugrunde gelegt.
Die Drittlandsware könnte unter Anwendung der aktiven Veredelung auch zoll- und einfuhrumsatzsteuerfrei im Veredelungsland eingeführt werden. Allerdings enthalten die meisten Freihandelsabkommen das sogenannte Draw-Back-Verbot, wonach Präferenznachweise dann nicht ausgestellt oder ausgefertigt werden, wenn bei der Herstellung von Ursprungswaren Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft verwendet worden sind, für welche die vorgesehenen Einfuhrzölle nicht erhoben worden sind. Eine Übersicht, welche Abkommen das Draw-Back-Verbot vorsehen, finden Sie hier. Damit wird eine doppelte Zollbefreiung vermieden. 
Das Abkommen mit Japan beispielsweise beinhaltet jedoch kein Draw-Back-Verbot – hier könnte man die Vormaterialien ohne Ursprung in die aktive Veredelung überführen und danach dennoch einen Präferenznachweis für diese Ware ausstellen.
Fall 2 (Veredelung von EU- und Drittlandsware in einem Land ohne Freihandelsabkommen)
  • Ausfuhr:  Abgabe einer Ausfuhranmeldung. Im Feld 37 der Zollanmeldung ist einer der folgenden Verfahrenscodes zu wählen: 
    2100 ohne vorangegangenes Verfahren
    2140 nach Überlassung in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr ohne steuer-befreiende Lieferung
    2151 nach Überführung in die aktive Veredelung
  • Proformarechnung
  • Einfuhr im Veredelungsland: In der Regel Anwendung der aktiven Veredelung, wodurch die Waren nicht verzollt und versteuert werden müssen
  • Die Wiedereinfuhr der veredelten Ware erfolgt ohne Präferenznachweis (da kein Freihandelsabkommen existiert)
In diesem Fall wird für die Berechnung der entstandenen Zollschuld die sogenannte Mehrwertmethode angewandt. Dabei wird der Einfuhrabgabenbetrag auf der Grundlage der Kosten für den außerhalb des Zollgebiets der Union vorgenommenen Veredelungsvorgang bemessen. Somit wird der im Drittland erhaltene Wertschöpfungsanteil der Ware verzollt, nicht aber die gelieferten Vorprodukte.
Da das Draw-Back-Verbot nicht in den Präferenzabkommen der EU z. B. mit den APS-Ländern vorgesehen ist (einseitige Präferenzgewährung durch die EU), wäre es jedoch möglich, Ware in die aktive Veredelung in z. B. Indien zu überführen und die Ware dann dennoch präferenzbegünstigt wieder in die EU einzuführen.
Das Veredelungserzeugnis unterliegt der Einfuhrumsatzsteuer. Deren Bemessungsgrundlage ist das für die Veredelung zu zahlende Entgelt. Falls ein solches Entgelt nicht gezahlt wird, wird für die Berechnung die durch die Veredelung eingetretene Wertsteigerung zugrunde gelegt.
Weitere Informationen zur passiven Veredelung finden Sie auf der Website der Generalzolldirektion.
Stand: 26.03.2020