DIHK-Umfrage: Auswirkungen des EuGH-Urteils zu Kundenanlagen

Ende 2024 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) einen wichtigen Teil der deutschen Energienetz-Systematik infrage gestellt: Dem Urteil zufolge verstößt die Ausgestaltung der "Kundenanlage" gegen EU-Recht. Eine Kurzumfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) beleuchtet die Betroffenheit der Betriebe.
Aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 28.11.2024 (C-293/23) ist die rechtssichere Weiterleitung von Energie und insbesondere Strom in Deutschland innerhalb eines Betriebsnetzes zukünftig ungewiss. Konkret geht es um den Begriff der Kundenanlagen nach § 3 Nr. 24a und 24b im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG), welcher nicht mit dem europäischen Recht vereinbar sei.
Betroffen sind unzählige dezentrale Energieversorgungsanlagen in Deutschland: Industrie-, Betriebs- und Gewerbenetze, ebenso wie beispielsweise Stromnetze von Einzelhandelszentren, Bürogebäuden, Krankenhäusern oder Universitäten.
Vor diesem Hintergrund hat die DIHK im März bundesweit Unternehmen zum Thema befragt. Die Rückmeldungen aus den Betrieben zeigen, dass mehr als die Hälfte davon eine Kundenanlage betreibt – vielfach sogar, ohne es zu wissen.
Die vollständigen Ergebnisse der Umfrage finden Sie als Download: DIHK-Kurzumfrage: Kundenanlage nach dem Energiewirtschaftsgesetz
Quelle: DIHK

Zukunft der Kundenanlage ungewiss - BGH veröffentlicht Urteilsbegründung - Juli 2025

Konkret hat der BGH in einem Einzelfall entschieden, dass die Versorgung von Wohneinheiten mittels eines BHKW keine Kundenanlage sein könne, weil es sich nach europäischem Recht um Verteilnetz handeln würde.
Der BGH stellt in seiner Begründung vor allem darauf ab, dass die Kundenanlage die Belieferung angeschlossener Letztverbraucher diskriminierungsfrei unabhängig von der Wahl des Lieferanten und unentgeltlich ermöglich muss. Des Weiteren führt der BGH aus, dass er an der bisherigen Rechtsprechung zur Kundenanlage nicht festhält. Demnach musste eine solche bisher in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht unbedeutend für den Wettbewerb sein. Dieser Punkt ist nun für den BGH nicht ausschlaggebend. Vielmehr kann es sich nur um eine Kundenanlage handeln, wenn ein Netz nicht nach Artikel 2 EltRL 2019 bzw. Artikel 2 EltRL 2009 ein Verteilnetz ist. Es handelt sich demnach um ein Verteilnetz, wenn es "der Weiterleitung von Elektrizität mit Hoch-, Mittel- oder Niederspannung dient, die zum Verkauf an Großhändler und Endkunden bestimmt ist. " Zusätzliche Kriterien dürfen die Mitgliedstaaten nicht heranziehen, so der BGH. Ausgenommen werden von den Verteilnetzpflichten können nur geschlossene Verteilnetze oder Bürgerenergiegemeinschaften.
Die Entscheidung des BGH hat zunächst einmal nur direkte Auswirkungen auf den Einzelfall. Es besteht daher keine unmittelbare Gefahr für existierende Kundenanlagen. Allerdings wird der Gesetzgeber auf die Entscheidung reagieren und die Regelungen in den Paragrafen 3 Nr. 24 a und b EnWG voraussichtlich anpassen müssen.
Die DIHK empfiehlt betroffenen Unternehmen sich vorsorglich zu informieren. Derzeit ist nicht absehbar, welche Arten von Kundenanlage künftig weiterhin möglich sein können und welche nicht. Auch gibt es Möglichkeiten auf europäischer Ebene, das Urteil zu heilen.
Die Urteilsbegründung des BGH finden Sie hier: Beschluss des Kartellsenats vom 13.5.2025 - EnVR 83/20 -
Quelle: DIHK