Coronavirus

Hauptgeschäftsführer Marx zur Soforthilfe Corona

Seit gut einer Woche können Unternehmen in Baden-Württemberg die Soforthilfe Corona beantragen. Die Plausibilitätsprüfung der Anträge liegt bei den Industrie- und Handelskammern und den Handwerkskammern. IHK-Hauptgeschäftsführer Claudius Marx zieht eine erste Bilanz. 

Wie viele Anträge auf Soforthilfe sind bei der IHK Hochrhein-Bodensee bereits eingegangen?
Schon viele Unternehmen in der IHK-Region Hochrhein-Bodensee haben einen Antrag auf Soforthilfe gestellt. Über 14.000 wurden uns bislang zur Plausibilitätsprüfung übermittelt, Baden-Württemberg weit sind es momentan etwa 290.000. Wir haben ein Team von 40 Mitarbeitern zusammengestellt, das die Anträge prüft und an die L-Bank weiterleitet oder, wenn notwendig, mit der Bitte um Korrektur an den Antragsteller zurückschickt. Unsere Beratungshotline arbeitet von 8 bis 18 Uhr. Vor allem Kleinstunternehmen bis zu fünf Beschäftigen, darunter auch viele Freiberufler und Soloselbstständige, haben einen Antrag gestellt. Wir arbeiten alle mit Hochdruck in Schichten, damit den Unternehmen die Soforthilfe so schnell wie möglich ausgezahlt werden kann. Wir wissen um die schwierige Situation, in der viele Unternehmen aufgrund der Coronakrise stecken. Das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben ist fast vollständig zum Stillstand gekommen. Die Entscheidung von Bund und Ländern, mit einem "Shutdown" die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, war und ist richtig und notwendig, denn es geht um die Gesundheit der Menschen. Für die Wirtschaft sind die Auswirkungen allerdings enorm, für viele ist der bereits jetzt eingetretene Schaden irreversibel.

Reichen die Maßnahmen aus, um die vielen Betriebe zu retten?
Die aktuellen Maßnahmen haben mit über 150 Mrd. Euro allein auf Bundesebene ein großes Potenzial. Das ist ohne jeden Zweifel weitaus mehr als eine "Beruhigungspille". Ob sie ausreichen, hängt dennoch davon ab, wie lange die behördlich angeordneten Maßnahmen andauern werden. Das Soforthilfeprogramm, das wir jetzt implementieren, hat einen Horizont von drei Monaten und zielt darauf, Insolvenzen wegen Zahlungsunfähigkeit zu vermeiden. Sollten die Maßnahmen zur Verlangsamung der Ausbreitung des Virus länger dauern, werden Bund und Land wohl nicht umhinkommen, weitere Programme zur Unterstützung von Klein- und Kleinstbetrieben aufzulegen oder bestehende zu verlängern. Und auch, wenn wir die Wirtschaft wieder hochfahren, wird es dafür staatlicher Unterstützung bedürfen - von öffentlichen Investitionen bis zu einem robusten Konjunkturprogramm. Diese Krise ist davon gekennzeichnet, dass alle Maßnahmen, die wir dagegen ergreifen, fast täglich nachgesteuert werden müssen. 

Viele klagen darüber, dass die Antragstellung zu kompliziert ist. Können Sie uns ein paar Tipps nennen?
Wir sind sehr froh, dass das Wirtschaftsministerium in Sachen Einsatz des Privatvermögens Klarheit geschaffen hat. Seit dem 29. März wissen wir, dass die Corona-Soforthilfe des Landes ohne Prüfung des privaten Vermögens ausbezahlt wird. Das war zuvor noch anders geregelt.
Das Wichtigste für die Antragsteller in drei Sätzen lautet: (1) Anträge ausschließlich über die Seite des Wirtschaftsministeriums BW stellen (2) Die dortigen Hinweise für Antragsteller sorgfältig lesen und beachten und (3) Konkret darstellen, ob die betrieblichen Ausgaben infolge der Coronakrise nicht mehr aus den betrieblichen Einnahmen gedeckt werden könne (coronabedingter Liquiditätsengpass). Der Antragsteller muss versichern, dass er durch die Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, die seine Existenz bedrohen und dass er ohne die Soforthilfe notwendige Verbindlichkeiten nicht mehr bedienen kann. Häufigstes Missverständnis: Die Soforthilfe ist kein Ersatz für entgangenen Umsatz. Sie sichert ausschließlich coronabedingt gefährdete Liquidität.

Wo müsste nachgebessert werden?
Grundsätzlich läuft das Verfahren gut, alle beteiligten Stellen machen ein tollen Job, Bund und Land agieren konzertiert und schnell. Auch wir haben alle die Ärmel hochgekrempelt, damit Klein- und Kleinstunternehmen schnell und unbürokratisch Hilfe bekommen. Das Besondere an der Situation ist die Geschwindigkeit, mit der die Pandemie um den Globus läuft. Sie zwingt uns zur permanenten Anpassung und Nachjustierung aller Reaktionen. Das gilt auch für dieses Programm. Das Wirtschaftsministerium hat bereits angekündigt, dass sich Formulare und Konditionen in Einzelheiten weiter ändern können und müssen, wenn im laufenden Betrieb deutlich wird, dass nachgesteuert werden muss. Hier bitten wir auch die Antragsteller um Geduld und Verständnis. Viele Fragen, die am Anfang noch offen waren, wurden mittlerweile geklärt und auf manche gibt es heute eine andere Antwort als noch vor einer Woche. Wir alle lernen in dieser Krise "by doing".