Recht

Krise oder Insolvenz von Geschäftspartnern: Was ist zu tun?

Die Zahl von Unternehmensinsolvenzen ist im Jahr 2023 deutlich gestiegen. Corona-Krise, Ukraine-Krieg und Inflation: immer mehr Unternehmen geraten in die Krise oder zwingen Unternehmen sogar zur Insolvenzanmeldung. Wir zeigen, wie eine Krise des Geschäftspartners erkannt werden kann? Wir zeigen weiter, was ein Unternehmen bereits im Vorfeld tun kann, um sich vor einer Insolvenz seines Geschäftspartners abzusichern und wie es vorgehen sollte, wenn über das Vermögen des Geschäftspartners bereits ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde.

Wie erkenne ich eine Krise des Geschäftspartners?

Im Vorfeld einer vertraglichen Vereinbarung sollte auf Krisenmerkmale beim Geschäftspartner geachtet werden. Verschiedene Kriterien zeigen oft, dass der Geschäftspartner bereits in einer Krise steckt und die vertragliche Beziehung ein erhöhtes Verlustrisiko birgt:
Dazu gehört beispielsweise ein verändertes Zahlungsverhalten des Geschäftspartners (regelmäßige Bitte um Zahlungsaufschub, nachträgliche Vereinbarung einer Ratenzahlung etc). Auch wenn der Lieferant plötzlich versucht, verkürzte Zahlungsziele zu vereinbaren, könnte dies ein Versuch sein, seine Liquidität kurzfristig zu verbessern. Des Weiteren könnte die Veränderung der Personalstruktur beim Geschäftspartner einen Krisenhinweis darstellen. Eine große Kündigungswelle oder der Abgang entscheidender Mitarbeiter deutet oftmals auf strukturelle und finanzielle Probleme hin. Schließlich sind auch eine schlechtere Qualität von gelieferten Produkten oder vermehrt schlechtere Dienstleistungen ein möglicher Krisenhinweis.

Wie können sich Unternehmen gegen die Insolvenz eines Geschäftspartners absichern?

Eine rechtssichere Vertragsgestaltung ist das wichtigste Instrument um eigene Forderungen und Rechte vorbeugend abzusichern. So sollten die Bedingungen für Zahlungen, Verzug und Fälligkeitszeitpunkte stets vertraglich – hierfür bieten sich AGB an – festgehalten werden. Darüber hinaus sollte möglichst nicht in Vorleistung geleistet werden, sondern stets ein Leistungsaustausch Zug um Zug vereinbart werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die finanzielle Situation des Vertragspartners nicht genau eingeschätzt werden kann. Außerdem kann die Vermeidung von zu langen Zahlungszielen eine effektive Möglichkeit sein, das Unternehmen vor einer möglichen Insolvenz des Geschäftspartners abzusichern.
Die wichtigste vertragliche Absicherung ist die Vereinbarung von Sicherungsrechten (Garantien, Bürgschaften oder Eigentumsvorbehalte, Grundpfandrechte, Sicherungsübereignung). Bei einer Insolvenz eines Geschäftspartners hat das Unternehmen beispielsweise bei einem Eigentumsvorbehalt ein sog. Aussonderungsrecht, sodass die Ware, die unter Eigentumsvorbehalt übergeben wurde, nicht in die Insolvenzmasse fällt. Aussonderungsberechtigte Gläubiger sind dann keine Insolvenzgläubiger, da der Gegenstand nie zu der Insolvenzmasse gehört hat und an den Aussonderungsberechtigten herauszugeben ist. Auch die Absicherung durch Bürgschaften oder Versicherungen kann hilfreich sein. Üblich und praxisnah sind hierbei Bankbürgschaften, bei denen die absichernde Bank garantiert, dass im Falle einer Zahlungsunfähigkeit eine bereits geleistete Anzahlung zurückbezahlt wird. Eine sog. Warenkreditversicherung mit ausreichender Deckungszusage kann im Fall der Lieferung von Waren und Produkten sinnvoll sein, die im Falle eines Forderungsausfalls des Geschäftspartners eingreift.
Die Einbindung von Lösungsklauseln im Falle einer Insolvenz in den Verträgen mit dem Geschäftspartner ist hingegen zwar möglich, oftmals aber nicht zu empfehlen. Grundsätzlich kann ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Insolvenzverwalter entscheiden, ob er einen Vertrag fortführt oder das Vertragsverhältnis beendet wird. Dieses in der Insolvenzordnung geregelte Wahlrecht darf nicht eingeschränkt werden. Klauseln wie „Der Vertrag ist hinfällig, wenn ein Geschäftspartner einen Insolvenzantrag stellt“ sind deshalb unwirksam. Möglich und empfehlenswerter sind Lösungsklauseln, die dem Gläubiger schon beim Zahlungsverzug oder auch bei Vermögensverschlechterung die Vertragskündigung und die Ausübung von Sicherungsrechten ermöglichen. Weitergehende Lösungsklauseln sollten nur nach anwaltlicher Beratung vereinbart werden. Wichtig ist auch ein aktives Forderungsmanagement. Neben der Kontrolle, ob der Kunde rechtzeitig zahlt, sollten offene Forderungen unverzüglich geltend gemacht, verspätete Zahlungen angemahnt und diese in letzter Konsequenz auch durch Zwangsvollstreckung beim zuständigen Gericht eingeklagt werden (Säumige Schuldner: Mahnung und Verzug). Ergänzend kann es hilfreich sein, mithilfe von Auskunfteien die Bonität von Geschäftspartnern laufend zu beobachten, um auf Veränderungen rechtzeitig reagieren zu können. Im Vorfeld eines Vertragsabschlusses kann über das Insolvenzregister abgefragt werden, ob das Unternehmen in der Vergangenheit bereits eine Insolvenz angemeldet hat und möglicherweise restrukturiert wurde.
Schließlich besteht die Möglichkeit der Unsicherheitsrede gemäß § 321 BGB. So kann im Falle einer erkannten akuten Liquiditätskrise die Unsicherheitseinrede erhoben werden und beispielsweise gefordert werden, dass die Leistung gegenüber dem Geschäftspartner nur erbracht wird, wenn dieser in Vorkasse zahlt.

Der Geschäftspartner ist insolvent – was nun?

Ist der Insolvenzantrag gestellt und das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Geschäftspartners eröffnet, sollte möglichst schnell versucht werden, den Schaden zu begrenzen. Zunächst gilt es, Zahlungen und Lieferungen an den Geschäftspartner einzustellen. Es sollte unmittelbar der Kontakt zum Insolvenzverwalter, im Falle eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung der Sachwalter gesucht werden. Er entscheidet, ob gegenseitige Verträge während eines Insolvenzverfahrens fortbestehen (§103 InsO). Voraussetzung ist, dass weder der Schuldner noch der Gläubiger ihren Teil des (dann schwebenden) Vertrages bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits vollständig erfüllt haben. Andernfalls muss der Vertragspartner des Schuldners seinen Gegenanspruch zur Insolvenztabelle als Forderung anmelden. In manchen Fällen kann die Ware geliefert oder der Kaufpreis gezahlt werden. Der Insolvenzverwalter kann dann gegen Erhalt der Gegenleistung auf Vertragserfüllung bestehen. Dennoch könnte es häufig nicht zu einer Vertragsfortführung kommt, denn in den meisten Fällen wird das Unternehmen schon bei Stellung des Insolvenzantrags überschuldet oder zahlungsunfähig sein. An eine Warenlieferung oder eine Kaufpreiszahlung ist nicht mehr zu denken. Im Falle einer bereits geleisteten Anzahlung kann diese dann zwar zurückgefordert werden, sie ist aber beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anzumelden. Mangels Masse wird es in den meisten Fällen jedoch schwierig, die gesamte Summe zurückzuerlangen. Zumeist kann nur mit einer Erstattung von 0% bis 5% gerechnet werden.
Ausführliche Informationen zum Ablauf eines Insolvenzverfahrens finden Sie im Artikel Insolvenzverfahren – Ablauf für Schuldner und Gläubiger.