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Homeoffice im Ausland

Seit der Pandemie ist das Angebot von mobiler Arbeit nicht mehr aus dem Unternehmensalltag wegzudenken. Aber auch immer mehr Arbeitnehmer wünschen sich, vorübergehend oder sogar langfristig im Ausland aus dem Homeoffice heraus zu arbeiten. Aus rechtlicher Sicht ergeben sich dabei viele Fragestellungen, für die die derzeit bestehenden Gesetze noch keine passgenauen Lösungen bieten. Um sich keinem Haftungsrisiko auszusetzen, sollten Arbeitgeber unbedingt die besonderen rechtlichen Rahmenbedingungen in verschiedenen Bereichen wie u.a. dem Arbeits-, Sozialversicherungs-, Aufenthalts- oder auch Steuerrecht berücksichtigen.

Rechtsgrundlage für Homeoffice im Ausland

Ein Recht auf Homeoffice im Ausland haben Arbeitnehmer nach derzeitigem Stand grundsätzlich nicht. Das Arbeitsgericht München stellt in seiner Entscheidung vom 27. August 2021 klar, dass es einen Anspruch auf mobiles Arbeiten aus dem Ausland – auch bei bestehendem Recht auf Homeoffice – nicht gibt (12 Ga 62/21). Die deutschen Arbeitgeber können demnach frei entscheiden, ob sie ihren Arbeitnehmern zusätzlich ein Tätigwerden im Ausland anbieten möchten oder nicht. Deshalb darf der Arbeitnehmer nur dann im Homeoffice im Ausland arbeiten, wenn er dies mit seinem Arbeitgeber vereinbart. Hierfür empfiehlt sich zwingend eine schriftlich fixierte Vereinbarung, auch um das Nachweisgesetz einzuhalten. 

Diese sollte mindestens folgende Punkte enthalten:

  • Beginn und Ende der Homeoffice-Zeit, gegebenenfalls abweichende Regelung während der Probezeit
  • Arbeitszeiten
  • Arbeitsmittel, welche der Mitarbeiter zur Verfügung stellt und solche, die der Arbeitgeber zur Verfügung stellt
  • gegebenenfalls private Nutzungsmöglichkeiten der zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel
  • gegebenenfalls Pauschale für die Kosten für die Unterhaltung des Homeoffice-Arbeitsplatzes
  • Verpflichtung zu Verschwiegenheit und Datenschutz
  • Pflicht des Arbeitnehmers zur Dokumentation der täglichen Arbeitszeit
  • Länder, von denen der Arbeitnehmer aus Home- bzw. Mobileoffice ausüben darf
  • gegebenenfalls Informationspflichten über den Aufenthalt des Arbeitnehmers
Da je nach Aufenthaltsstaat des Arbeitnehmers unterschiedliche rechtliche Rahmenbedingungen auf den Arbeitgeber zukommen können, sollte dringend geregelt werden, in welchen Staaten der Arbeitnehmer mobil arbeiten darf.
Falls mehrere Staaten in Betracht kommen, sollte der Arbeitnehmer sich zudem verpflichten, dem Arbeitgeber seinen aktuellen Aufenthalt mitzuteilen, damit dieser die Einhaltung der jeweils gültigen rechtlichen Vorschriften gewährleisten kann. Denn nur so kann der Arbeitgeber seiner arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht nachkommen, insbesondere wenn sich ggf. die Sicherheitslage im jeweiligen Aufenthaltsstaat verschlechtert.

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates

Mitbestimmung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG

Der Arbeitgeber muss bei remote Arbeit im Ausland auch die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats berücksichtigen. Zwar entscheidet der Arbeitgeber allein über die Möglichkeit von Home Office im Ausland. Werden jedoch Regeln, z.B. in Form von unternehmensinternen Leitlinien aufgestellt, die Näheres zum Remote Arbeiten im Ausland bestimmen, hat der Betriebsrat oftmals mitzubestimmen.
Mitbestimmungsfrei im Rahmen der mobilen Arbeit ist deren „Ob“: Die Entscheidung, ob die Arbeitnehmer die Möglichkeit zur Homeoffice im Ausland haben sollen, hat allein der Arbeitgeber. Bei dieser Frage hat der Betriebsrat nicht mitzubestimmen.
Ein klares Mitbestimmungsrecht hat der Betriebsrat bei der Frage des „Wie“ bzw. bei der Ausgestaltung der Möglichkeit von Homeoffice im Ausland. Möchte der Arbeitgeber über die Konditionen, wie z.B. Erreichbarkeits- und Abstimmungspflichten, Anwesenheit im Betrieb zu bestimmten Anlässen, entscheiden, hat der Betriebsrat ein zwingendes Mitbestimmungsrecht.
Einzelfallentscheidungen erfordern hingegen keine Mitbestimmung des Betriebsrates, wie z.B. ein verlängerter Familienbesuch im Ausland.

Weitere Mitbestimmungsrechte gem. § 87 Abs. 1 BetrVG

Bei der Ausgestaltung von Homeoffice im Ausland sind gemäß § 87 Abs. 1 BetrVG noch weitere Mitbestimmungstatbestände zu berücksichtigen wie u.a.
  • Aufstellung von Regeln zur Arbeitszeit (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG),
  • Einführung von „technischen Einrichtungen“ wie z.B. Laptops (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG),
  • Vergütungsfragen oder Aufwandsentschädigungen (§ 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG) oder auch
  • Regelungen betreffend des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer (§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG). 

Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis

Zunächst stellt sich die Frage, ob der Arbeitnehmer zum Aufenthalt und zur Arbeitsaufnahme im jeweiligen ausländischen Staat berechtigt ist.

EU-Staatsangehörige im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und in der Schweiz

Bürger der Europäischen Union genießen in der EU aufgrund der rechtlichen Freizügigkeit zahlreiche Erleichterungen: Innerhalb eines anderen EU-Mitgliedsstaates ist ein Aufenthalt ohne besondere Erlaubnis möglich (Art. 7 Abs. 1 AufenthG und EU-RL 2004/38/EG). 
In den Staaten, die Mitglied des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), aber nicht der EU sind, also Island, Liechtenstein und Norwegen, ist außerdem ein Aufenthalt von bis zu drei Monaten Dauer erlaubnisfrei möglich. Daneben bestehen Sonderregelungen für die Arbeitsaufnahme. Dasselbe gilt aufgrund eines bilateralen Abkommens auch für die Schweiz.
Neben dem Recht zum Aufenthalt kann zudem eine Arbeitserlaubnis notwendig sein. Innerhalb der EU genießen die Unionsbürger hierbei ebenfalls Freizügigkeit. Das heißt, dass sie für die Arbeit in einem anderen EU-Staat keine Arbeitserlaubnis benötigen. Dies gilt ebenso für die Schweiz bei einer Arbeitstätigkeit von bis zu drei Monaten.

Drittstaatsangehörige in EU-Staaten und EWR-Staaten

Drittstaatsangehörige benötigen für mobiles Arbeiten innerhalb der EU grundsätzlich einen gesonderten Aufenthaltstitel und ggf. auch eine Arbeitserlaubnis für das Land, in dem sie mobil arbeiten.
Auch wenn viele deutsche Aufenthaltstitel, die eine Arbeitserlaubnis beinhalten, auf Verordnungen der EU basieren, oder – wie etwa die „Blaue Karte EU“ – das Wort „EU“ sogar im Namen tragen, handelt es sich um nationale Aufenthaltstitel nach deutschem Recht, die das Arbeiten allein in Deutschland erlauben. Deutsche Aufenthaltstitel berechtigen zwar zu freien touristischen Aufenthalten im Schengen-Raum. Jedoch erlauben sie die Erwerbstätigkeit vorwiegend nur in Deutschland.

EU-Staatsangehörige und Drittstaatsangehörige in Drittstaaten

Für alle sonstigen Staaten außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind die jeweiligen nationalen Vorschriften zu beachten - egal, ob es sich um EU-Staatsangehörige oder Drittstaatenangehörige handelt. Daher gilt es vor der Arbeitsaufnahme in Drittstaaten zu klären, ob ein Visum oder eine Arbeitserlaubnis benötigt wird. Denn in den meisten Staaten darf nicht ohne Arbeitserlaubnis gearbeitet werden. Das gilt auch dann, wenn die Arbeit aus dem Home Office, einem Hotel oder Ferienhaus erfolgt und nach außen nicht in Erscheinung tritt.
Die Möglichkeit einer visumsfreien Einreise gibt zumeist nicht gleichzeitig auch ein Recht auf Erwerbstätigkeit. Oftmals ist die visumsfreie Einreise nur für touristische Zwecke möglich.
Daher ist ein besonderes Ausgenmerk auch auf die passende Visumskategorie zu richten. Wenn eine falsche Visumskategorie, z.B. ein Touristenvisum statt eines Businessvisums, genutzt wird, so kann dies zu persönlichen Konsequenzen für die Mitarbeitenden und zu Nachteilen für den Arbeitgeber führen.
Hinzukommt, dass die Beantragung eines Aufenthaltstitel für mobiles Arbeiten im Ausland problematisch werden kann. Ein Aufenthaltstitel, abhängig von dem jeweiligen nationalen Recht, ist allein für die Tätigkeit im Home Office möglicherweise gar nicht oder nur mit viel Aufwand zu erwirken, da die meisten Aufenthaltstitel die Beschäftigung in einem Betrieb des Aufnahmestaats verlangen.

Weitere Informationen:

Melde- und Dokumentationspflichten im Ausland

Auch können Melde- und Dokumentationspflichten im jeweiligen Zielland bestehen. Aufgrund der sog. Entsenderichtlinie 96/71/EG und der Durchsetzungsrichtlinie 2014/67/EU gibt es bei Mitarbeiterentsendungen innerhalb der EU gesteigerte Arbeitgeberpflichten, die zu Melde- und Dokumentationspflichten führen.
Auch wenn die Entsenderichtlinie und die darauf beruhende Durchsetzungsrichtlinie ihrem Wortlaut nach für Homeoffice, nicht einschlägig sein dürfte, ist maßgeblich entscheidend, wie die Mitgliedstaaten die betreffenden Pflichten konkret ausgestaltet haben. Zum Teil wurden diese Pflichten auch unabhängig von den Richtlinien eingeführt. Daher sollten sie im Zweifel immer eingehalten werden, um ein Bußgeld zu vermeiden.
Demzufolge sind in vielen EU-Mitgliedstaaten umfangreichen Melde- und Dokumentationspflichten für ausländische Arbeitnehmer nachzukommen.
In der Regel müssen auf Meldeportalen Unternehmens- und Mitarbeiterdaten angegeben, entsprechende Dokumente vom Arbeitnehmer im Ausland mitgeführt und vom Arbeitgeber verwahrt und ggf. für Aufsichtsbehörden bereitgestellt werden.
Informationen zu den länderspezifischen Melde- und Dokumentationspflichten können Sie unserem Artikel Entsendung von Arbeitnehmern in die EU entnehmen.

Arbeitsrechtliche Bestimmungen

Anzuwendendes Arbeitsrecht

Soweit das Arbeitsverhältnis sich nach dem deutschen Recht richtet, ändert sich durch ein vorübergehendes mobiles Arbeiten im EU-Ausland daran nichts: Bei einer vorübergehenden Homeoffice-Tätigkeit im Ausland bleibt der vertraglich vereinbarte Arbeitsort in Deutschland.
Das Merkmal „vorübergehend“ wird nach dem Verständnis der Rom I-Verordnung sehr weit interpretiert: Die Erbringung der Arbeitsleistung in einem anderen Staat gilt als vorübergehend, wenn von dem Arbeitnehmer erwartet wird, dass er nach seinem Arbeitseinsatz im Ausland seine Arbeit im Herkunftsstaat wieder aufnimmt.
Nach Art. 8 Abs. 1 S. 1 Rom-I-VO unterliegen Individualarbeitsverträge grundsätzlich dem von den Parteien gewählten Recht i.S.d. Art. 3 Rom I-VO. Unabhängig von der Rechtswahl können zum Schutze des Arbeitnehmers aber zwingende Bestimmungen des gewöhnlichen Arbeitsorts Wirkung entfalten (Art. 8 Abs. 2 Rom I-VO). 
Zudem kann das lokale Recht des Zielstaates unabhängig vom gewählten anwendbaren Recht durch sog. Eingriffsnormen Geltung entfalten (Art. 9 Rom I-VO). Eine Eingriffsnorm ist eine zwingende Vorschrift, deren Einhaltung von einem Staat als so entscheidend für die Wahrung seines öffentlichen Interesses angesehen wird, dass sie ungeachtet des anwendbaren Rechtsstatuts auf alle Sachverhalte anzuwenden ist, die in ihren Geltungsbereich fallen.
Der Anwendungsbereich von Eingriffsnormen des ausländischen Erfüllungsortes ist daher eng und umfasst folgende Bereiche:
  • Arbeitsverbote
  • Höchstarbeitszeiten, Mindestruhezeiten 
  • Arbeitsschutzrecht (Sicherheit und Gesundheit)
  • Mutterschutzrecht
  • Gesetzliche Feiertage
Bei Beschäftigten, die in das EU-Ausland entsendet werden, sind außerdem bestimmte Mindestarbeitsbedingungen einzuhalten. Nähere Informationen zu den Mindestarbeitsbedingungen innerhalb der EU finden Sie in unserem Webartikel Entsendung von Arbeitnehmern ins Ausland.
Darüber hinaus können sich in Nicht-EU-Staaten auch weitere Arbeitsschutzregelungen nach dem jeweiligen nationalen Recht ergeben. Arbeitgeber sollten sich daher umfassend über die lokalen Rechtsbestimmungen und das Arbeitsschutzniveau des jeweiligen Ziellandes informieren, um die lokalen Gesetze einzuhalten und einen bußgeldbewehrten Verstoß zu vermeiden. Insofern sollte der Arbeitgeber stets vorab prüfen, wie hoch das Arbeitsschutzniveau des jeweiligen Aufenthaltsstaates ist.

Arbeitsmittel und Aufwendungsersatz

Grundsätzlich ist der Arbeitgeber für die Einrichtung des Home-Office zuständig und trägt auch die damit verbundenen Kosten. Es ist jedoch nicht zwangsläufig notwendig, dass der Arbeitgeber alle erforderlichen Arbeitsmittel zur Verfügung stellen muss.
Der Arbeitnehmer kann auch eigene Arbeitsmittel verwenden, die entsprechenden finanziellen Aufwendungen hierfür können gegebenenfalls durch Kostenpauschalen kompensiert werden. Die Einzelheiten sollten durch Vereinbarung geregelt werden.

Datenschutz

Auch im Home Office sind die Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung einzuhalten. Daten und Unterlagen müssen vor der Einsichtnahme durch Dritte geschützt werden. Bei einer mobilen Tätigkeit außerhalb der EU ist zu prüfen, ob das Aufenthaltsland ein vergleichbares Datenschutzniveau sicherstellt. Falls dies nicht gegeben ist, sind ggf. geeignete Garantien für Drittlandübermittlungen i.S.d. Art. 44 ff. DSGVO zu erwirken.
Bei der Frage, was genau unter einer Drittlandübermittlung zu verstehen ist, können die Guidelines des europäischen Datenschutzausschusses als Beurteilungshilfe dienen.
Der Europäische Datenschutzausschuss hat im Februar 2023 mit der Neufassung seiner Guidelines erklärt, dass nach seiner Ansicht die Datenweitergabe innerhalb einer juristischen Person keine Drittstaatenübermittlung darstellt.
Diese Privilegierung gilt nicht, wenn es sich um unterschiedliche Verantwortliche oder um Büros mit eigener Rechtspersönlichkeit im Ausland handelt, oder Beschäftigte im Ausland die Unternehmensdaten für eigene/andere Zwecke nutzen.

Sozialversicherungsrecht

Tätigkeitsortprinzip im Europäischen Wirtschaftsraum sowie in der Schweiz

Die VO (EG) Nr. 883/2004 gilt für grenzüberschreitende Tätigkeiten innerhalb der EU-Mitgliedstaaten, der EWR-Staaten und der Schweiz. Sie statuiert für das Sozialversicherungsrecht das Tätigkeitsortprinzip. Danach gelten für eine Person, die in einem Staat einer Beschäftigung nachgeht, grundsätzlich die Rechtsvorschriften dieses Staates (vgl. Art. 11 VO (EG) Nr. 883/2004).
Würde dieser Grundsatz uneingeschränkt eingehalten werden, würde jede noch so geringfügige Beschäftigung im Ausland dazu führen, dass der Arbeitnehmer in das dortige Sozialversicherungssystem aufgenommen wird. Dies hätte zum Ergebnis, dass mehrere Sozialversicherungssysteme im Arbeitsverhältnis zur Anwendung kämen.

Ausnahme vom Tätigkeitsortsprinzip: Entsendung

Der Grundsatz, dass ein Beschäftigter im Falle eines grenzüberschreitenden Tätigwerdens dem Sozialversicherungssystem des Staates unterfällt, in dem die Arbeitstätigkeit ausgeübt wird, gilt nicht ausnahmslos.
Der Grundsatz wird von Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004) durchbrochen. Danach sollen Personen, die innerhalb dieser Staaten grenzüberschreitend arbeiten, dem Sozialversicherungssystem nur eines Staates unterworfen werden. Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 sieht vor, dass während einer Entsendung das bisherige Sozialversicherungsrecht des Heimatstaates anwendbar bleibt.
Doch die Vorschrift setzt hierfür voraus, dass ein Beschäftigter von seinem Arbeitgeber für voraussichtlich maximal 24 Monate in einen anderen Mitgliedstaat entsandt wird, um eine Arbeit für dessen Rechnung auszuführen. Dies bedeutet: Eine Entsendung liegt i.S.d. Verordnung nach ihrem Wortlaut nur vor, wenn der Beschäftigte aufgrund einer arbeitgeberseitigen Weisung in dem fremden Staat vorübergehend tätig wird; sprich die Entsendung muss durch den Arbeitgeber veranlasst werden.
Dies ist jedoch bei Home Office im Ausland selten der Fall, da für gewöhnlich der Arbeitgeber dem Wunsch des Arbeitnehmers nachkommt, indem er ihm dieses Anliegen genehmigt. Deswegen handelt es sich üblicherweise nicht um eine arbeitgeberseitige Weisung, sodass die Ausnahme einer Entsendung dem Wortlaut der Verordnung nach nicht greifen kann.
Dem aktuellen Diskussionsstand zufolge handelt es nach dem Verständnis der EU-Kommission zumindest um eine Entsendung i.S.d. Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004, wenn die Arbeit im Home Office zufällig bzw. gelegentlich und nicht als Teil eines festen Arbeitsrhythmus geleistet wird. Laut den Ausführungen der Kommission sei nicht ausschlaggebend, in welchem Interesse oder auf wessen Initiative hin die grenzüberschreitende Telearbeit stattfinde.
Maßgeblich sei, dass der Arbeitnehmer weiterhin dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterstellt bleibe. Weiterhin solle, wenn Art. 12 VO (EG) Nr. 883/2004 für die grenzüberschreitende Telearbeit zur Anwendung komme, der Verbleib im heimischen Sozialversicherungssystem bis zu einer Dauer von 24 Monaten möglich sein.
Dieses Verständnis deckt sich auch mit der bisherigen Einschätzung der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA).
Laut der DVKA sei es für das Vorliegen einer Entsendung i.S.d. EU-Verordnung insbesondere unerheblich, dass die Initiative von den Beschäftigten ausgehe und in ihrem (überwiegenden) Interesse erfolge. (FAQ der DVKA zur Entsendung). 
Nach diesem Ansatz verbleibt ein Beschäftigter im Falle einer grenzüberschreitenden Telearbeit im deutschem Sozialversicherungssystem, wenn
  • der Arbeitgeber von der Auslandstätigkeit Kenntnis hat und dieser zustimmt, 
  • der Arbeitgeber die erbrachte Leistung entgegennimmt und vergütet sowie
  • eine EU-Entsendung bei der hierfür zuständigen Stelle beantragt wird.
Die Feststellung der Kommission und der DKVA ist ein wichtiger Anhaltspunkt dafür, dass der Begriff der Entsendung i.S.d. VO (EG) Nr. 883/2004 weit zu verstehen ist. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales schließt sich dieser Rechtsauffassung an. Jedoch muss auf weiterführende Konkretisierungen auf europarechtlicher Ebene und klare Regelungen des Gesetzgebers gewartet werden.

Praxistipp: Abstimmung mit DVKA und Beantragung der A1-Bescheinigung

Bis dahin empfiehlt sich eine pragmatische Herangehensweise beim Thema Sozialversicherungspflicht für Home Office im Ausland. Hier bietet sich der praktische Ansatz der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA) an. 
Wichtig ist, dass sich Unternehmen darüber im Klaren sind, dass die Auffassung der DVKA keine Gewähr für eine sichere rechtliche Lösung für mobiles Arbeiten im Ausland darstellt. Rechtssicherheit kann letztendlich nur eine klare gesetzliche Regelung bewirken. Jedoch ist die Handhabung der DVKA eine pragmatische Möglichkeit, um vorübergehend mit Home Office im Ausland (EU, EWR und Schweiz) umzugehen.

In Bezug auf die Sozialversicherung für mobile Arbeit im Ausland (EU, EWR, Schweiz) empfehlen wir derzeit folgende Schritte:

  • Kontaktaufnahme und Abstimmung mit der DVKA über das konkrete Vorgehen 
  • Beantragung der A1-Bescheinigung bei der zuständigen Stelle
    Zuständig ist die gesetzliche Krankenkasse, der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung (DRV Bund, DRV Knappschaft-Bahn-See, der zuständige Regionalträger der DRV oder die Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen e.V.)
  • Dokumentation und Verwahrung der Korrespondenz mit der DVKA
Eine Abstimmung mit der DVKA sollte immer vorgenommen werden – unabhängig davon, wie lange der Mitarbeiter im Ausland tätig sind (d.h. auch bei geringfügigen Tätigkeiten im Umfang von weniger als 5 Prozent i.S.d. VO (EG) Nr. 883/2004). Auch im Falle einer Workation oder, wenn im Anschluss eines Urlaubes noch einige Tage/Wochen im Urlaubsland die Arbeitsleistung in Form von mobiler Arbeit erbracht wird, sollte dies mit der DVKA abgesprochen werden.
Für die Beantragung der A1-Bescheinigung sollte ein zeitlicher Vorlauf von mind. einer Woche einberechnet werden. Die „Entsendung” sollte nicht unterbrochen werden (z.B. für einen kurzen „Heimatbesuch“), weil in diesem Fall die Entsendung regelmäßig endet und bei Rückkehr an den Urlaubsort das ausländische Sozialversicherungsrecht anwendbar wäre. Für jede Unterbrechung und Rückkehr muss eine neue A1-Bescheinigung beantragt werden.

Sonderfall: Grenzpendler

Bei sog. Grenzpendlern – Beschäftigten, die dauerhaft grenzüberschreitend in zwei oder mehr Staaten tätig werden und teils im Homeoffice in einem EU-Staat und teils im Büro in einem benachbarten EU-Staat ihre Arbeitsleistungen erbringen, ist für das anwendbare Sozialversicherungsrecht Art. 13 VO (EG) Nr. 883/2004 einschlägig.
Art. 13 VO (EG) 883/04 bestimmt für Personen, die in zwei oder mehr Mitgliedsstaaten regelmäßig eine Beschäftigung ausüben, dass der Beschäftigte im Wohnsitzstaat sozialversicherungspflichtig ist, wenn ein wesentlicher Teil seiner Arbeitsleistung im Wohnsitzstaat ausgeübt wird (mind. 25 Prozent der gesamten Arbeit).
Ebenso richtet sich die Sozialversicherungspflicht nach dem Wohnsitzstaat, wenn der Arbeitnehmer bei mehreren Unternehmen tätig ist, die ihre Sitze in verschiedenen Mitgliedsstaaten haben. Sollte aber nur ein unwesentlicher Teil der Arbeitsleistung im Wohnsitzstaat erbracht werden (weniger als 5 Prozent der regulären Arbeitszeit und/oder weniger als 5 Prozent der Gesamtvergütung), so ist der Arbeitnehmer im Staat des Unternehmenssitzes sozialversicherungspflichtig.
Mehr Informationen auch unter:

Drittstaaten (Staaten außerhalb der EU/EWR und Schweiz)

Außerhalb der EU, des EWR und der Schweiz hat die Bundesrepublik Sozialversicherungsabkommen mit einer Reihe von Staaten abgeschlossen. Eine Liste dieser Abkommen kann auf der Webseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales eingesehen werden. Es ist zu prüfen, ob Deutschland mit dem Zielland ein Abkommen geschlossen hat und welche Sozialversicherungszweige von diesem Abkommen umfasst sind.
Bei Staaten, mit denen kein derartiges Abkommen besteht, ist zu empfehlen, die jeweilige Rechtslage vorab in Erfahrung zu bringen. So kann ein fehlender Versicherungsschutz oder eine Doppelversicherung vermieden werden.

Steuerrecht 

Fraglich ist die Besteuerung von Arbeitnehmern, die sich zeitweise oder vorübergehend auch außerhalb von Deutschland aufhalten. Grundsätzlich finden für die steuerliche Behandlung sowohl die Regeln des Arbeitgeberlandes als auch des Aufenthaltsstaates Anwendung, wobei zwischen Deutschland und dem ausländischen Staat bestehende Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zu beachten sind. 
Auf der Webseite des Bundesfinanzministeriums findet sich eine Liste der Staaten, mit denen ein Doppelbesteuerungsabkommen abgeschlossen wurde. Sollte kein DBA vorliegen, kann die im Ausland gezahlte Steuer gegebenenfalls auf die deutsche Steuerbelastung angerechnet werden, § 34c EStG.
Die Pflicht zur Zahlung von Einkommenssteuer in Deutschland entfällt, wenn der Arbeitnehmer seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr in der Bundesrepublik hat, vgl. § 1 Abs. 1 EStG. Der gewöhnliche Aufenthalt liegt außerhalb der Bundesrepublik, wenn sich der Arbeitnehmer mehr als sechs Monate zusammenhängend im Ausland aufhält, vgl. § 9 S. 2 AO. Kurzfristige Unterbrechungen bleiben dabei unberücksichtigt.

Homeoffice als Betriebsstätte im Ausland

Wenn ein Mitarbeiter im Ausland eine Tätigkeit ausführt und hierzu zum Beispiel Verträge abschließt, so kann es sich nach dem Recht des jeweiligen Staates oder des bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens unter Umständen um eine Betriebsstätte handeln, was wiederum für das Unternehmen steuerliche Pflichten und Belastungen auslösen kann. Neben teils umfangreichen Registrierungs- und Deklarationspflichten können sich zudem auch Gewinnabgrenzungserfordernisse ergeben, deren Nichtbeachtung Strafen und Bußgelder nach sich ziehen kann.
Insofern ist eine vorherige Prüfung der entsprechenden nationalen Rechtsvorschriften und etwaiger DBAs dringend anzuraten. Arbeitgeber sollten prüfen, ob nach den nationalen Vorschriften des Aufenthaltsstaates eine Steuerpflicht ausgelöst wird, wenn Arbeitnehmer dort mobil arbeiten möchten. Als nächstes ist zu klären, ob ein DBA zwischen dem Aufenthaltsstaat des Mitarbeiters und dem Staat des Unternehmenssitz besteht.
Wenn dies der Fall ist, ist zu prüfen, ob die Steuerpflicht aufgrund der Regelungen dieses Doppelbesteuerungsabkommens entfällt. Hierbei ist im Einzelfall die Hinzuziehung einer auf das Zielland spezialisierten Steuerberatungskanzlei zu empfehlen, insbesondere auch, weil es zwischen dem Wortlaut des Doppelbesteuerungsabkommens und der praktischen Anwendung durch die Finanzverwaltung Diskrepanzen geben kann.

Leitlinien der OECD zur Interpretation der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)

Die meisten Doppelbesteuerungsabkommen basieren auf dem OECD-Musterabkommen. In den im Jahr 2020 herausgegebenen Leitlinien der OECD spricht sich diese für eine großzügige Auslegung der Doppelbesteuerungsabkommen im Hinblick auf die zunehmende Home-Office-Arbeit aus. So sollen Personen, die Telearbeit in einem anderen Staat nachgehen, nicht automatisch eine ausländische Betriebsstätte gründen.
Allerdings sind die Staaten, die Doppelbesteuerungsabkommen nach dem OECD-Musterabkommen abgeschlossen haben, nicht an die Leitlinien der OECD gebunden. Insofern ist die Rechtslage individuell zu beurteilen und insbesondere der Standpunkt der jeweils zuständigen Steuerbehörden vorab in Erfahrung zu bringen. Die OECD-Leitlinien können aber gerade bei Staaten, deren DBA sich an dem OECD-Musterabkommen orientieren, als Argumentationshilfe dienen und gegebenenfalls dazu führen, dass die Staaten eine Neubeurteilung im Vergleich zu früheren Sachverhalten durchführen.
Informationen zur Rechtslage und der Verwaltungspraxis in bestimmten Ländern können bei lokalen Behörden sowie den deutschen Auslandshandelskammern angefragt werden.

Praktische Umsetzung

Erstellung unternehmensinterner Leitlinien für mobile Arbeit im Ausland

Um für alle Beteiligten weitestmöglich Transparenz und Rechtssicherheit zu schaffen, sollte der Arbeitgeber unternehmensinterne Leitlinien zur mobilen Arbeit im Ausland erstellen. Bei Bestehen eines Betriebsrats kann dies durch eine Betriebsvereinbarung erfolgen.

Die Unternehmensleitlinien sollten folgende Aspekte regeln:

  • Zeitliches Prozedere für die Beantragung von Telearbeit (Fristen etc.)
  • Berechtigter Personenkreis und zulässige Orte für Telearbeit im Ausland (z.B. EU, EWR, Schweiz)
  • Maximale Dauer der Telearbeit im Ausland
  • Technische Anforderungen an den Arbeitsplatz und Datenschutz
  • Einhaltung der Bestimmungen des deutschen und der lokalen zwingenden Arbeitsbestimmungen (z.B. Höchstarbeitszeit, Mindestruhezeit und Feiertage Sprungverweis einbauen)
  • Arbeitszeit, Arbeitszeiterfassung und Erreichbarkeit
  • Ausschluss der Vergütung für Wegzeiten bzw. Fahrtkosten zur frei gewählten Arbeitsstelle
  • Rückholrecht des Arbeitgebers / Widerrufsklausel
  • Gesetzlicher Unfallversicherungsschutzes, evtl. Abschluss von Zusatzversicherungen durch den Arbeitgeber und/oder Arbeitnehmer
  • Bestimmung des anzuwendenden Rechts (deutscher Arbeitsvertragsstatut)

Zusatzvereinbarung mit Mitarbeitern abschließen

Neben den unternehmensinternen Leitlinien wird empfohlen, eine individuelle Vereinbarung mit dem Mitarbeiter zu vereinbaren. Zumal eine Arbeitstätigkeit, die länger als einen Monat außerhalb von Deutschland erfolgen soll, einer schriftlichen Vereinbarung zwingend bedarf.
Gemäß § 2 Abs. 2 NachwG muss die Niederschrift dem Arbeitnehmer vor seiner Abreise ausgehändigt werden und folgende zusätzliche Angaben enthalten:
  • Land oder die Länder, in dem oder in denen die Arbeit im Ausland geleistet wird
  • Dauer der im Ausland auszuübenden Tätigkeit
  • Währung, in der das Arbeitsentgelt ausgezahlt wird
  • Zusätzliches mit dem Auslandsaufenthalt verbundenes Arbeitsentgelt und zusätzliche Sachleistungen, insbesondere Entsendezulagen und zu erstattende Reise-, Verpflegungs- und Unterbringungskosten
  • Angabe, ob eine Rückkehr des Arbeitnehmers vorgesehen ist, und ggf. die Bedingungen der Rückkehr
  • im Fall einer Entsendung ferner die Entlohnung, auf die die Beschäftigten nach dem Recht des Ziellandes Anspruch haben, sowie den Link zu der einzigen offiziellen nationalen Website des jeweiligen EU-Mitgliedsstaates.
Die jeweiligen Websites der einzelnen Mitgliedstaaten hat die EU unter Nationale Internetseiten zum Thema Entsendung zur Verfügung gestellt.