IHKplus 3.2025 | Unternehmensnachfolge

Das Lebenswerk in gute Hände geben

Anna-Rita Fanelli hat für ihr restaurant in Wermelskirchen lange erfolglos eine Nachfolge gesucht – die IHK konnte helfen.
Aus dem Namen ist „Anna“ schon verschwunden, die Osteria „ToscAnna“ in Wermelskirchen heißt jetzt „Toskana“.
17 Jahre lang hat Anna Rita Fanelli mit ihrem Mann Emidio das italienische Restaurant geführt. Am 1. Mai hat das Paar den Laden an Natasha Stolte übergeben. „Die Kraft war einfach nicht mehr da“, resümiert Fanelli.
Angefangen hat das italienische Paar mit einem kleinen Lebensmittelgeschäft samt Mittagstisch um die Ecke. Als sich die Gäste immer mehr mediterranes Flair und Essen wünschen, eröffnen Fanelli und ihr Mann ein richtiges Restaurant in der Oberen Remscheider Straße 7. Das Datum weiß Fanelli noch ganz genau: 4. Juli 2009.

17 Jahre lang keinen Urlaub gemacht – dann der Schlaganfall

Nach und nach bauen sie Restaurant und Angebot immer weiter aus. Die ersten Jahre bereiten sie alle Speisen selbst zu, erst seit 2014 unterstützt sie ein Koch. Im Service helfen die beiden Kinder. Fanelli: „Wir sind langsam und stetig gewachsen, das Geschäft lief gut.“ Doch dann erleidet ihr Mann vor vier Jahren einen Schlaganfall und erblindet auf einem Auge. „Danach wurde es für ihn hier sehr stressig. Wir haben 17 Jahre lang sechs Tage die Woche mittags und abends durchgearbeitet und keinen Urlaub gemacht. Das ging nicht mehr“, erzählt Fanelli.

Nachfolgerin bei der IHK-Börse “nexxtchange” gefunden

Nach knapp zwei Jahren Grübelei entscheiden sich die beiden schweren Herzens, das Restaurant abzugeben. „Ich habe sehr mit mir gekämpft“, sagt Fanelli. Sie fragt bei mehreren Köchen im Bekanntenkreis herum, ob sie das Lokal übernehmen möchten, „aber keiner von ihnen hat sich getraut.“
Im Dezember 2024 veröffentlicht sie mit Hilfe der IHK Köln ein Inserat bei unserer Nachfolgebörse „nexxtchange“, die vom Bundeswirtschaftsministerium initiiert und von den IHKs als Regionalpartner unter stützt wird. Hier können Unternehmen anonym und kostenlos nach einem Nachfolger suchen, und umgekehrt finden Interessierte hier einen Betrieb, den sie über nehmen können.
Es dauert nicht lange, bis sich Natasha Stolte bei ihr meldet. Im Februar hat die Betriebswirtin und Industriekauffrau ihren Job gekündigt, ohne etwas Neues zu haben. „Ich wollte nicht wieder ins Angestelltenverhältnis zurück, deshalb habe ich mich bei der Nachfolgebörse umgeschaut“, erzählt sie. Sie kommt zwar ursprünglich nicht aus der Gastronomie, ist aber seit jeher offen für Veränderungen und sagt:
„Ich habe keine Angst davor, etwas Neues zu starten.“
Kein Wunder bei diesem Lebenslauf: Geboren wird sie in Brasilien, zieht mit vier Jahren wegen des Jobs ihres Vater nach Remscheid, geht hier zur Schule und studiert in Wuppertal. Nach dem Tod ihrer Mutter will sie 2011 ein Jahr auf Weltreise gehen, bleibt aber nach fünf Monaten auf Fidschi hängen. Sie heiratet dort, bekommt drei Kinder und gründet eine kleine Gästepension. Fünf Jahre lang lebt sie auf der Insel und kehrt 2016 mit ihren Kindern nach Deutschland zurück, weil sie das Schulsystem hier besser findet.

Nachfolgerin geht zuerst inkognito im Restaurant essen

Weil sie sich im Oberbergischen zuhause fühlt, zieht die Familie nach Wermelskirchen. Dass sie hier eines Tages ein Restaurant führen würde, ist ihr damals noch nicht klar. Auch noch nicht, als sie sich die Inserate in der Nachfolgebörse anschaut. „Es hätte auch etwas anderes werden können“, sagt Stolte. Sie geht mit ihrem Freund inkognito in der Osteria essen und ruft am nächsten Tag bei Fanelli an. „Wir haben uns direkt getroffen und unterhalten – und dann passte das von beiden Seiten“, erinnert sich Stolte.
Doch bevor sie das Restaurant übernehmen kann, muss sie erst ein paar Wochen lang lernen, wie alles funktioniert. „Ich habe gekellnert, mir alles angeguckt und war mit einkaufen, um die Abläufe kennenzulernen. Für mich war es sehr wichtig, dass die beiden nicht komplett den Schlüssel abgeben und sagen: Wir sind weg. Ich weiß nicht, ob ich mich dann getraut hätte“, erzählt Stolte.

Der Nachfolgerin nicht im Weg stehen

Seit dem 1. Mai ist sie nun die neue Chefin, Einrichtung, Personal und Essen sind aber gleich geblieben – vor allem den Stammgästen zuliebe. Irgendwann will Stolte das Angebot mediterraner machen und nicht mehr ausschließlich auf italienische Küche beschränken, aber das hat Zeit. Das Einzige, was sie geändert hat, ist der Name: „Das Wortspiel ToscAnna passt ja jetzt nicht mehr. Und weil ich keine Italienerin bin, habe ich den Namen eingedeutscht“, lautet die Erklärung.
Emidio Fanelli steht ihr weiterhin bei Fragen zur Seite und ist derzeit noch oft im Restaurant. Seine Frau dagegen hat sich mehr zurückgezogen, um ihre Nachfolgerin richtig ankommen zu lassen und ihr nicht im Weg zu sein. „Die Gäste kennen mich seit 17 Jahren. Natürlich bin ich dann die erste Ansprechpartnerin, wenn ich da bin. Ich weiß dann nicht, wie ich mich zu benehmen habe“, erklärt sie.

Das „Baby” in gute Hände geben

In erster Linie seien ihr Mann und sie daran interessiert, dass ihr „Baby“ in gute Hände kommt und alles gut weiterläuft. Deshalb hat sie Stolte nur einen wichtigen Ratschlag mit auf den Weg gegeben: „Es ist wichtig, das hier mit Herzblut zu machen. Alles andere kommt dann von selbst.“ Sie hat keine Zweifel daran, dass ihre Nachfolgerin die Übernahme gut hinbekommt: „Ich habe durch sie Revue passieren lassen, wie ich hier angefangen habe. Wir haben viele Gemeinsamkeiten. Deshalb war ich mir zu 100 Prozent sicher, dass sie das auf jeden Fall packt. Aber wenn sie ruft, sind wir da, um sie zu unterstützen.“
Ganz so leicht fällt es den beiden nämlich doch nicht, ihr „Baby“ komplett aus der Hand zu geben, vor allem Emidio Fanelli nicht. „Er genießt die Zeit, die er jetzt ohne Verantwortung und Stress im Restaurant verbringen kann“, weiß seine Frau. Ihr selbst gelingt das Loslassen ein bisschen besser, „weil ich der Meinung bin, das ist in sehr guten Händen.“ Und nur darauf kommt es an!
Osteria Toskana, Obere Remscheider Str. 7, 42929 Wermelskirchen, 02196/88 29 633
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 12 Uhr bis 14:30 Uhr und 17:30 Uhr bis 22 Uhr, Samstag 17:30 Uhr bis 22 Uhr, Sonntag und Montag Ruhetag
Tanja Kinstle
Unternehmensservice
Geschäftsstelle Leverkusen/Rhein-Berg — Unternehmensförderung