Deutsches vs. UN-Kaufrecht
Das deutsche Kaufrecht (BGB/HGB) und das UN-Kaufrecht (CISG) regeln beide den Kauf von Waren. Das BGB gilt vorrangig für Inlandsverträge; das CISG für internationale Warenkäufe zwischen Unternehmen aus verschiedenen Vertragsstaaten. Trotz ähnlicher Ziele unterscheiden sich Detailregeln deutlich.
- 1. Vertragsschluss
- 2. Leistungspflichten von Käufer und Verkäufer Lieferort
- 3. Sach- und Rechtsmängel
- 4. Rügepflicht und Beweislast
- 5. Rechte bei Mängeln und sonstigen Vertragsverletzungen
- 6. Wie wirkt das UN-Kaufrecht in der Praxis
- 7. Besonderheiten im internationalen Handel
- 8. Empfehlungen für die Praxis
1. Vertragsschluss
Deutsches Recht
Ein Vertrag entsteht durch Angebot und Annahme.
Ein Vertrag entsteht durch Angebot und Annahme.
- Ein Angebot muss bestimmte Inhalte haben (Ware, Menge, Preis).
- Es ist bindend, sobald es dem Empfänger zugeht.
- Eine Annahme, die auch nur leicht abweicht, gilt als neues Angebot.
- Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) werden einbezogen, wenn auf sie hingewiesen wurde und sie zugänglich sind.
Kaufmännisches Bestätigungsschreiben
Unter Kaufleuten gilt Schweigen auf ein Bestätigungsschreiben häufig als Zustimmung, wenn sich die Parteien schon mündlich geeinigt hatten.
Unter Kaufleuten gilt Schweigen auf ein Bestätigungsschreiben häufig als Zustimmung, wenn sich die Parteien schon mündlich geeinigt hatten.
UN-Kaufrecht (CISG)
Auch hier entsteht ein Vertrag durch Angebot und Annahme, aber es gelten andere Details:
Auch hier entsteht ein Vertrag durch Angebot und Annahme, aber es gelten andere Details:
- Ein Angebot muss klar genug sein, damit der Vertragsschluss ohne weiteres erfolgen kann (Ware, Menge, Preis oder Berechenbarkeit).
- Ein Angebot kann widerrufen werden, solange der Empfänger seine Annahmeerklärung noch nicht abgeschickt hat.
- Eine abweichende Annahme führt nur dann zu einem neuen Angebot, wenn die Abweichung „wesentlich“ ist. Kleine Änderungen führen zum Vertrag, wenn der Anbieter nicht sofort widerspricht.
AGB im CISG
Ein bloßer Hinweis genügt nicht.
AGB müssen tatsächlich übermittelt werden oder klar im Angebot enthalten sein – sonst gelten sie nicht.
Ein bloßer Hinweis genügt nicht.
AGB müssen tatsächlich übermittelt werden oder klar im Angebot enthalten sein – sonst gelten sie nicht.
Bestätigungsschreiben
Im CISG nicht ausdrücklich geregelt; es kann aber über Handelsbräuche einbezogen werden.
Im CISG nicht ausdrücklich geregelt; es kann aber über Handelsbräuche einbezogen werden.
2. Leistungspflichten von Käufer und Verkäufer
Lieferort
- Deutschland: Grundsätzlich am Sitz des Verkäufers, wenn nichts anderes vereinbart wurde.
- CISG:
- Bei Versendungskäufen: Übergabe an das Transportunternehmen.
- Bei Abholung: Sitz des Verkäufers.
Lieferzeit
- Deutschland: Ohne Vereinbarung sofort.
- CISG: Innerhalb einer angemessenen Frist.
Zahlungsort
In beiden Rechtsordnungen meist am Sitz des Verkäufers.
In beiden Rechtsordnungen meist am Sitz des Verkäufers.
3. Sach- und Rechtsmängel
Deutsches Recht (§ 434 BGB)
Eine Sache ist mangelhaft, wenn sie bei Gefahrübergang nicht
Eine Sache ist mangelhaft, wenn sie bei Gefahrübergang nicht
- den subjektiven Anforderungen (vereinbarte Beschaffenheit, vertraglich vorausgesetzte Verwendung, vereinbartes Zubehör und Anleitungen),
- den objektiven Anforderungen (Eignung zur gewöhnlichen Verwendung, übliche Beschaffenheit, Übereinstimmung mit Probe/Muster, erwartetes Zubehör und Anleitungen oder
- den Montageanforderungen (sachgemäße Montage bzw. mangelfreie Montageanleitung) entspricht.
UN-Kaufrecht (Art. 35 CISG)
Eine Ware ist mangelhaft, wenn sie nicht
Eine Ware ist mangelhaft, wenn sie nicht
- den vertraglich vereinbarten Anforderungen an Menge, Qualität, Art sowie Verpackung entspricht,
- objektiv für die gewöhnliche Verwendung geeignet ist,
- einen ausdrücklich mitgeteilten Zweck mit einem vorgelegten Muster/Probe entspricht und
- in der üblichen oder angemessenen Weise verpackt ist.
4. Rügepflicht und Beweislast
Deutsche Unternehmer (§ 377 HGB)
Der Käufer muss die Ware unverzüglich prüfen und einen Mangel sofort rügen.
Spätere Rügen führen zum Verlust aller Gewährleistungsrechte.
Der Käufer muss die Ware unverzüglich prüfen und einen Mangel sofort rügen.
Spätere Rügen führen zum Verlust aller Gewährleistungsrechte.
CISG (Art. 38, 39)
Die Ware muss in angemessener Frist untersucht werden (typisch 3–7 Tage).
Ein Mangel muss innerhalb einer angemessenen Frist nach Entdeckung gerügt werden.
Nach spätestens 2 Jahren ab Lieferung erlöschen die Rechte endgültig.
Die Ware muss in angemessener Frist untersucht werden (typisch 3–7 Tage).
Ein Mangel muss innerhalb einer angemessenen Frist nach Entdeckung gerügt werden.
Nach spätestens 2 Jahren ab Lieferung erlöschen die Rechte endgültig.
Beweislast
- Grundsätzlich trägt der Käufer die Beweislast dafür, dass ein Mangel bei Lieferung bestand.
- Ausnahme in Deutschland: Beim Verbrauchsgüterkauf gilt bis zu 12 Monate eine Beweislastumkehr zu Gunsten des Verbrauchers (§ 477 BGB).
5. Rechte bei Mängeln und sonstigen Vertragsverletzungen
Deutsches Recht
- Nacherfüllung: Wahl zwischen Reparatur und Ersatzlieferung.
- Rücktritt: Möglich, außer Mangel ist unerheblich.
- Minderung: Preis kann gesenkt werden.
- Schadensersatz: Nur bei Verschulden des Verkäufers.
- Zweite Chance für Verkäufer: Verkäufer darf nachbessern, bevor weitere Rechte bestehen.
UN-Kaufrecht
- Nacherfüllung: Der Käufer kann Nachbesserung verlangen. Nachlieferung aber nur bei wesentlicher Vertragsverletzung.
- Wesentliche Vertragsverletzung: Liegt vor, wenn der Käufer durch den Mangel so beeinträchtigt ist, dass er den Vertrag nicht wesentlich erhalten will.
- Schadensersatz: Ohne Verschulden möglich, außer bei höherer Gewalt.
- Rücktritt: Nur bei wesentlicher Vertragsverletzung.
- Minderung: Sehr flexibel – bereits bei jedem Mangel möglich, außer der Verkäufer bessert wirksam nach.
Haftungsumfang:
Im CISG auf vorhersehbare Schäden begrenzt; im deutschen Recht nicht ausdrücklich begrenzt.
Im CISG auf vorhersehbare Schäden begrenzt; im deutschen Recht nicht ausdrücklich begrenzt.
6. Wie wirkt das UN-Kaufrecht in der Praxis
Das CISG gilt automatisch, wenn:
- Verkäufer und Käufer in verschiedenen Vertragsstaaten sitzen, und
- es kein gültiger Ausschluss des CISG vereinbart wurde.
Viele glauben fälschlich, dass das CISG nicht gilt, wenn man „deutsches Recht“ vereinbart – das stimmt nicht.
Ohne klaren Ausschluss gehört das CISG zum deutschen Recht.
Ohne klaren Ausschluss gehört das CISG zum deutschen Recht.
Gültiger Ausschluss:
„Es gilt deutsches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts (CISG).“
„Es gilt deutsches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts (CISG).“
7. Besonderheiten im internationalen Handel
Gerichtsstand
In der EU richtet sich die Zuständigkeit nach der EuGH-Verordnung (EuGVO).
Entscheidend kann sein:
In der EU richtet sich die Zuständigkeit nach der EuGH-Verordnung (EuGVO).
Entscheidend kann sein:
- Erfüllungsort
- Sitz des Verkäufers oder Käufers
- vertraglich vereinbarter Gerichtsstand
Internationale Vertragsgestaltung
Wichtig ist eine klare Regelung zu:
Wichtig ist eine klare Regelung zu:
- Gerichtsstand
- anwendbarem Recht
- Lieferbedingungen (z. B. Incoterms)
- AGB (müssen wirklich übermittelt werden!)
8. Empfehlungen für die Praxis
Für deutsche Verkäufer
- Lieferung nach Deutschland vereinbaren.
- Deutschen Gerichtsstand und deutsches Recht inkl. Ausschluss des CISG.
- AGB in der Sprache des Vertragspartners übermitteln.
Für deutsche Käufer
- Lieferung nach Deutschland verhandeln.
- Deutsches Recht vereinbaren – CISG nur ausschließen, wenn es Nachteile bringt.
Bei Lieferungen aus Nicht-CISG-Staaten kann das CISG sinnvoll sein, z. B. zur Vereinheitlichung.