IHK-Merkblatt (Stand: Juni 2022)

Gewerbeuntersagung

Allgemeines

Die selbstständige Ausübung eines Gewerbes ist – von wenigen Ausnahmen abgesehen – grundsätzlich jedermann gestattet, ohne dass es einer Erlaubnis bedarf. Die Ausübung des Gewerbes kann jedoch untersagt werden, wenn die gewerbliche Zuverlässigkeit nicht gegeben und eine Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist.
In Zeiten einer unbefriedigenden konjunkturellen Lage müssen Unternehmer – häufig unverschuldet, da sie selbst fällige Forderungen nicht realisieren können – vermehrt finanzielle Engpässe überwinden. In einer solchen Situation ist oftmals festzustellen, dass hinsichtlich der bestehenden Zahlungsverpflichtungen die Prioritäten falsch gesetzt werden.
So werden etwa die abzuführenden laufenden Steuern, die Beiträge an die Sozialversicherungsträger oder an die Berufsgenossenschaften oft nicht mehr zeitgerecht bzw. gar nicht entrichtet. Was vielen Unternehmern nicht bewusst ist: Bestehen gravierende Zahlungsrückstände bei Finanzämtern und Krankenkassen, können diese ein Gewerbeuntersagungsverfahren wegen persönlicher Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden bei der zuständigen Behörde anregen.

Ist ein solches Verfahren in Gang, wird die IHK vom jeweiligen Gewerbe- oder Ordnungsamt um eine gutachterliche Stellungnahme zu den erhobenen Vorwürfen gebeten. Die IHK prüft dann die Vorwürfe und gibt den Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme.

Gründe für die Einleitung des Gewerbeuntersagungsverfahrens

Als gewerberechtlich unzuverlässig im Sinne des § 35 der Gewerbeordnung (GewO) ist anzusehen, wer nach dem Gesamtbild seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, das von ihm ausgeübte Gewerbe künftig ordnungsgemäß zu betreiben. Nicht ordnungsgemäß ist die Gewerbeausübung, wenn der Gewerbetreibende nicht willens oder nicht in der Lage ist, die im öffentlichen Interesse zu fordernde einwandfreie Führung seines Gewerbes zu gewährleisten.
Zum Schutz der Allgemeinheit und der im Betrieb Beschäftigten werden in einem solchen Fall von der zuständigen Behörde die maßgeblichen Tatsachen ermittelt, und es wird die Erforderlichkeit einer völligen oder teilweisen Untersagung der weiteren Ausübung des Gewerbes geprüft. Das Vorliegen eines oder mehrerer der nachstehend aufgeführten "Unzuverlässigkeitsmerkmale" begründet in der Praxis zumeist die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens:
  • Missachtung steuerrechtlicher Pflichten; d. h. Steuererklärungen werden nicht oder ständig erheblich verzögert abgegeben und/oder Steuerzahlungen nicht oder ständig erheblich verzögert geleistet, so dass Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt "auflaufen".
  • Missachtung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten; d. h. Sozialversicherungsbeiträge werden nicht abgeführt.
  • Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten.
  • Die eidesstattliche Versicherung (e.V.) über das Vermögen (früher: "Offenbarungseid") wird abgegeben oder es ergeht ein Haftbefehl zur Erzwingung der Abgabe der e.V.
  • Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für die Gewerbeausübung fehlt, d. h. die für die Gewerbeausübung notwendigen finanziellen Mittel sind nicht vorhanden.
  • Der wirtschaftliche Leistungswille fehlt.
  • Das nötige berufliche Verantwortungsbewusstsein fehlt.
Die Einleitung des Verfahrens wird dem Betroffenen immer schriftlich mitgeteilt und ausführlich begründet, da es sich beim Gewerbeuntersagungsverfahren um ein förmliches Verwaltungsverfahren handelt. Der Unternehmer bzw. Gewerbetreibende hat dann innerhalb der ihm von der Behörde gesetzten Frist, die mit der Zustellung des Schreibens beginnt, Gelegenheit, sich zum Sachverhalt zu äußern.

Was können und sollten Betroffene tun?

Zunächst einmal, ist die Angelegenheit auf jeden Fall ernst zu nehmen. Es geht um die unternehmerische Existenz! Unnötige zusätzliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit einem Gewerbeuntersagungsverfahren lassen sich am ehesten vermeiden, wenn folgende Hinweise beachtet werden:
  • Unter allen Umständen soll das Schreiben unverzüglich geöffnet werden. Bei der Post niedergelegte Schriftstücke sind so schnell wie möglich abzuholen. Insbesondere bei eigener Abwesenheit ist für die Entgegennahme, Sichtung und Bearbeitung der Post zu sorgen. Versäumnisse oder gar Gleichgültigkeit können irreparable Folgen haben.
  • Auf Schreiben des Gewerbe- bzw. Ordnungsamts, insbesondere wenn darin die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens angekündigt wird, unmittelbar reagieren. Unbedingt innerhalb der dort genannten Frist schriftlich oder telefonisch Kontakt mit dem zuständigen Sachbearbeiter aufnehmen. Engagement in eigener Sache zeigen!
  • Wahrnehmung der mit der zuständigen Behörde vereinbarten Gesprächstermine bzw. den Ansprechpartner dort informieren, wenn ein Termin aus einem wichtigen Grund verschoben werden muss. "Unentschuldigtes" Fernbleiben fällt auf einen selbst zurück!
  • Mit der Behörde getroffene Absprachen, wie z. B. die Vorlage eines Sanierungsplans bis zu einem festgesetzten Zeitpunkt oder eine Ratenzahlungsvereinbarung, einhalten bzw. der Behörde frühzeitig mitteilen, wenn und warum vielleicht doch einmal wider Erwarten die Absprache nicht eingehalten werden kann.
  • Der Behörde gegenüber ggf. auch Auskunft über persönliche Schwierigkeiten geben, die zu der Situation beigetragen haben oder sogar ausschlaggebend für diese waren. Die Angaben werden vertraulich behandelt.
  • Mit den Gläubigern (insbesondere Finanzamt, Krankenkassen, Berufsgenossenschaft) sprechen. Willen zur Tilgung der Schulden signalisieren und den Versuch unternehmen, Ratenzahlungen (sog. Tilgungsvereinbarung) zu vereinbaren. Auch wenn es vielleicht Kommunikationsschwierigkeiten mit dem Sachbearbeiter gibt, weiterhin das Gespräch suchen, möglicherweise mit einem anderen Mitarbeiter bzw. Vorgesetzten.
  • Zeitnah das Gewerbe- bzw. Ordnungsamt sowohl über positive als auch negative Ergebnisse der Gespräche mit den Gläubigern informieren und diese möglichst schriftlich belegen. Eigeninitiative zeigen, nicht erst auf eine Nachfrage der Behörde warten.
  • Den Überblick über abgegebene eidesstattliche Versicherungen (e. V.) bzw. Haftbefehle zur Erzwingung der Abgabe einer e. V. behalten.

Welche Konsequenzen hat eine Gewerbeuntersagung?

Erlässt die zuständige Behörde eine Gewerbeuntersagungsverfügung, wirkt sich dies für den betroffenen Unternehmer wie ein Berufsverbot aus. Die Gewerbeuntersagung verhindert rechtlich die Ausübung des Gewerbes durch den hiervon Betroffenen für die Zukunft. Gegen den behördlichen Bescheid kann der Adressat der Gewerbeuntersagung innerhalb eines Monats (Frist!) Widerspruch einlegen. Im Fall der Anordnung des sofortigen Vollzugs der Untersagung kann beim zuständigen Verwaltungsgericht ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gestellt werden. Sofortiger Vollzug bedeutet, dass die gewerbliche Tätigkeit sofort eingestellt und das Gewerbe abgemeldet werden muss. In einem solchen Fall ggf. von einem Rechtsanwalt beraten lassen. Ist ein Untersagungsbescheid bestandskräftig geworden, kann grundsätzlich frühestens nach einem Jahr (nur in Ausnahmefällen früher) ein Antrag auf Wiedergestattung der Ausübung der selbständigen gewerblichen Tätigkeit gestellt werden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Antragstellung ist das Vorliegen von Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit nicht mehr vorliegt (sog. "positive Zukunftsprognose").

Was tut die IHK?

Die IHK, als Vertreter des Gesamtinteresses der ihr zugehörigen Gewerbetreibenden, wird oftmals von den für das Gewerbeuntersagungsverfahren zuständigen Behörden zu eingeleiteten Untersagungsverfahren um Abgabe einer ergänzenden Stellungnahme gebeten. Die schlussendliche Entscheidung über Erlass oder Nichterlass einer Gewerbeuntersagungsverfügung trifft die zuständige Behörde selbst. Zur Vorbereitung der Abgabe ihrer ergänzenden Stellungnahme gibt die IHK in der Regel dem Betroffenen die Gelegenheit, sich zu äußern (schriftlich oder mündlich) und Gründe und Tatsachen gegen die beabsichtigte Gewerbeuntersagung vorzubringen. Dazu gehören z. B. die Darstellung der betrieblichen Verhältnisse und Planungen, aus denen sich die Möglichkeit zur Zahlung der Rückstände und die künftige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Gewerbebetriebes ersehen lassen.
Alle Informationen werden von der IHK selbstverständlich vertraulich behandelt. Durch die Mitwirkung des Betroffenen, auch der IHK gegenüber, erhält diese möglicherweise zusätzliche wichtige Informationen, die für eine aussagekräftige Stellungnahme - eventuell mit positiven Aspekten - hilfreich sein können.
 
Hinweis: Dieses Merkblatt soll nur erste Hinweise geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.