US-Exportkontrolle

Einführung in das US-Exportkontrollrecht

Die US-Exportkontrolle ist ein zentrales Element des internationalen Handelsrechts und betrifft Unternehmen weltweit – auch dann, wenn sie nicht in den USA ansässig sind. Sie regelt den Export, Reexport und Inlands-Transfer von Gütern, Software und Technologien mit US-Bezug. Grundlage bilden verschiedene Regelwerke wie die Export Administration Regulations (EAR) für Dual-Use-Güter, die International Traffic in Arms Regulations (ITAR) für militärische Produkte sowie die OFAC-Sanktionen des US-Finanzministeriums.
Im Fokus stehen Fragen zur Produktklassifizierung (ECCN/USML), zum Bestimmungsland und zur Endverwendung. Auch sogenannte „Deemed Exports“ – etwa die Weitergabe technischer Daten an ausländische Mitarbeitende – können genehmigungspflichtig sein. Unternehmen sind verpflichtet, ihre Prozesse rechtskonform zu gestalten, Risiken zu erkennen und bei Bedarf Lizenzen über elektronische Systeme wie SNAP-R oder DECCS zu beantragen.

Überblick über den US-Rechtsrahmen

  • EAR – Export Administration Regulations
    Zuständig: Bureau of Industry and Security (BIS)
    Regelt die Ausfuhr und Weitergabe sogenannter Dual-Use-Güter, also Produkte, Software und Technologien mit zivilem und potenziell militärischem Verwendungszweck. Im Mittelpunkt stehen Klassifizierungen nach der Commerce Control List (CCL) und die Einteilung in ECCNs.
  • ITAR – International Traffic in Arms Regulations
    Zuständig: Directorate of Defense Trade Controls (DDTC)
    Gilt für militärische Güter, Bauteile, Software und technische Daten, die auf der United States Munitions List (USML) stehen. ITAR ist besonders streng: Bereits einzelne US-Bauteile können ein gesamtes Produkt ITAR-pflichtig machen.
  • OFAC – Office of Foreign Assets Control / Sanktionsrecht
    Zuständig: US-Finanzministerium
    Verwaltet wirtschaftliche Sanktionen gegen Länder, Organisationen und Einzelpersonen. Transaktionen mit gelisteten Parteien (z. B. auf der SDN List) sind in der Regel verboten – unabhängig davon, ob ein physischer Export stattfindet.
Dieser rechtliche Rahmen gilt extraterritorial, das heißt: Auch ein deutsches Unternehmen kann verpflichtet sein, US-Exportkontrollrecht zu beachten – vor allem dann, wenn es mit US-Waren arbeitet oder mit Unternehmen oder Personen handelt, die in US-Sanktionslisten aufgeführt sind.

US-Exportkontrolle im Detail

Export Administration Regulations (EAR)

Was unterliegt den EAR?

Die US-Exportkontrollvorschriften (EAR) gelten weit über die Grenzen der USA hinaus. Folgende Produkte und Technologien können der EAR unterliegen:
  1. Physische Güter in den USA
    Alle Waren, die sich physisch in den USA befinden, inklusive solcher im Transit oder in einer Foreign Trade Zone – fallen unter die EAR.
  2. US-Ursprungswaren weltweit
    Produkte mit Ursprung in den USA unterliegen den EAR, unabhängig davon, wo auf der Welt sie sich befinden oder weiterverarbeitet wurden.
  3. Ausländische Güter mit US-Anteilen
    Die EAR greifen auch bei Produkten, die außerhalb der USA hergestellt wurden, wenn sie:
    • US-Komponenten oder Software enthalten,
    • mit US-Technologie „vermengt“ wurden (z. B. durch Entwicklung, Integration oder Modifikation).
    Ein wichtiger Bezugspunkt hierbei ist die De-minimis-Regel
Typische Produktgruppen, die der EAR unterliegen
Leistungsstarke Computer
Ausländisch hergestellte Computer mit hoher Rechenleistung (APP), die bestimmte US-Halbleiter enthalten, unterliegen immer den EAR – besonders bei Exporten in bestimmte Länder wie Kuba, Iran, Nordkorea oder Syrien.
Verschlüsselungstechnologien
Technologien mit US-Verschlüsselung unterliegen unabhängig vom Umfang immer der EAR – auch bei minimaler US-Beteiligung.
Halbleiterfertigungsausrüstung
Maschinen zur Entwicklung oder Herstellung hochentwickelter Chips sind dann kontrolliert, wenn sie in bestimmten Ländern eingesetzt werden.
Luftfahrttechnologien
Spezifische Technologien im Luftfahrtbereich unterliegen den EAR, sobald sie im Ausland verwendet, angepasst oder verarbeitet werden.
Militärgüter
Ausländisch produzierte Militärprodukte mit bestimmten US-Komponenten sind kontrolliert, wenn sie in Länder der Gruppe D:5 exportiert werden – darunter China, Russland, Iran, Syrien.

De-minimis-Regeln: Wann ist der US-Anteil entscheidend?

10%-Regel
Gilt weltweit – auch für problematische Länder (z. B. Iran, Nordkorea, Syrien, Kuba), sofern keine speziellen Ausnahmen greifen.
Erlaubt den Reexport ausländischer Produkte, wenn:
  • der Wert der enthaltenen US-kontrollierten Anteile (Waren, Software, Technologie) ≤ 10 % des Gesamtwerts beträgt,
  • und keine zusätzlichen Kontrollgründe bestehen (z. B. militärische Endverwendung, Embargos),
  • und nur bestimmte Software (mit AT-Kontrollgrund oder EAR99) enthalten ist.
Nicht erlaubt:
  • Wenn die Software separat (nicht gebündelt) exportiert wird.
  • Wenn andere Kontrollgründe als nur Anti-Terrorismus (AT) vorliegen.
  • Für spezielle Empfänger oder Technologien (z. B. Militär, Nuklear, 600er-Serie etc.)
25%-Regel
Nur gültig für Reexporte in „nicht-sanktionierte Länder“ (also nicht in Länder der Gruppen E:1 und E:2 wie Iran, Kuba, Nordkorea, Syrien).
Erlaubt höhere US-Anteile:
  • Reexporte zulässig, wenn der US-Anteil ≤ 25 % ist,
  • und das Ziel nicht in einer sanktionierten Ländergruppe liegt.
Dieselben Bedingungen wie bei der 10%-Regel hinsichtlich:
  • gebündelter Software (nicht separat),
  • Art der US-Kontrollgründe (nur AT oder EAR99),
  • Dokumentation und einmalige Meldung bei vermischter Technologie.

Klassifizierung Ihres Produkts (ECCN)

Sobald feststeht, dass Ihr Produkt den Export Administration Regulations (EAR) unterliegt, ist der nächste Schritt bei der Lizenzprüfung die Bestimmung der zutreffenden Export Control Classification Number (ECCN) – für Waren, Software oder Technologie.
Was ist eine ECCN?
Die ECCN ist eine fünfstellige alphanumerische Kennzeichnung aus der Commerce Control List (CCL), mit der Produkte anhand ihrer Eigenschaften und technischen Spezifikationen klassifiziert werden.
Wichtig: Eine ECCN ist nicht dasselbe wie ein Schedule B Code oder ein Zolltarif-Code (HTS). Diese dienen der Handelsstatistik bzw. Zollabwicklung, nicht der Exportkontrolle.
Aufbau einer ECCN:
  • Erste Ziffer (0–9): Kategorie (z. B. Elektronik, Materialverarbeitung, etc.)
  • Zweiter Buchstabe (A–E): Produktgruppe (z. B. Systeme, Software, Technologie)
  • Drei Ziffern: Konkreter Listeneintrag innerhalb der CCL
Wie finde ich die richtige ECCN?
Hersteller kontaktieren
Fragen Sie den Hersteller, Entwickler oder Lieferanten, ob eine ECCN vorliegt. Achten Sie darauf, die angegebene ECCN mit der aktuellen CCL zu überprüfen – ECCNs können sich ändern!
Selbst klassifizieren
Wenn Sie über ausreichende technische Kenntnisse verfügen, können Sie das Produkt auch selbst klassifizieren. Dafür benötigen Sie:
  • Detailliertes technisches Verständnis des Produkts
  • Kenntnisse im Aufbau und der Struktur von ECCNs
Offizielle Klassifizierung und/oder Genehmigung bei BIS beantragen
Sie können beim Bureau of Industry and Security (BIS) eine verbindliche Klassifizierung sowie die Erteilung einer Ausfuhrlizenz beantragen.
Dies erfolgt elektronisch über das System SNAP-R (Simplified Network Application Process – Redesign).
Was, wenn mein Produkt nicht in der Commerce Control List gelistet ist?
Wenn Ihr Produkt den EAR unterliegt, aber nicht in der Commerce Control List beschrieben oder durch eine ECCN klassifiziert ist, wird es als „EAR99“ eingestuft.
  • EAR99-Produkte benötigen in der Regel keine Ausfuhrlizenz.
  • Ausnahmen bestehen jedoch bei:
    • Empfängern auf Sanktionslisten,
    • kritischen Endverwendungen (z. B. Nuklear, Militär),
    • Exporten in bestimmte Länder (z. B. Iran, Syrien, Nordkorea).

Office of Foreign Assets Control (OFAC)-Sanktionslisten

US-Sanktionslisten wie die SDN-Liste (Specially Designated Nationals) und weitere von OFAC verwaltete Listen verbieten Geschäfte mit bestimmten Personen, Unternehmen oder Transportmitteln.
Was bedeutet das für Unternehmen?
  • Keine Geschäfte mit gelisteten Personen/Organisationen
  • Gilt auch außerhalb der USA
  • Hohe Strafen bei Verstößen
Prüfung leicht gemacht
Nutzen Sie das offizielle Sanctions List Search Tool:
  • Erkennt ähnliche Schreibweisen automatisch
  • Liefert Treffer mit Risikoeinschätzung (Regler einstellbar)
  • Zeigt an, welche Sanktionen gelten
Das Tool ist eine Hilfe, ersetzt aber keine vollständige Compliance-Prüfung!

International Traffic in Arms Regulations

Was unterliegt der ITAR?

  • Alle Güter, Dienstleistungen und technischen Daten auf der U.S. Munitions List (USML).
  • der den Kriterien in der USML entspricht oder
  • gleichwertige militärische Fähigkeiten wie ein gelistetes Gut aufweist oder
  • einen kritischen militärischen oder geheimdienstlichen Vorteil bietet.
  • Zivilnutzung allein ist kein Ausschlusskriterium.
Überprüfung mittels Commodity Jurisdiction beim DDTC