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Erfolgsfaktor Familienfreundlichkeit
Viele Unternehmen im IHK-Bezirk Koblenz haben sich Familienfreundlichkeit auf die Fahnen geschrieben. Je mehr Möglichkeiten sie Mitarbeitenden bieten, familiäre Belange mit ihrer Berufstätigkeit zu verbinden, desto besser können sich Unternehmen im Wettbewerb um Fachkräfte positionieren. Wir zeigen beispielhaft, welche Akzente die Unternehmen in unserem IHK-Bezirk dabei setzen.
Autor: Lothar Schmitz
Einen „Genussort für die ganze Familie“ – in einem Industriepark an der Autobahn würde man ihn vielleicht nicht unbedingt suchen. Doch es gibt ihn – und zwar im Industriepark Boppard Hellerwald, hoch über dem Rhein, nahe der A 61-Anschlussstelle Boppard. Seit Dezember 2023 sind hier Sterneköchin Sarah Henke und ihr Mann Christian Eckhardt, ebenfalls Sternekoch, im Restaurant „Lemabri“ aktiv. Das Konzept ist gleich mehrfach erwähnenswert. Zum einen natürlich wegen der beiden Promis, deren Namen für kreative Küche auf hohem Niveau stehen. Zum zweiten, weil das Restaurant bewusst die ganze Familie adressiert. „Wir sind seit drei Jahren Eltern und haben seitdem selbst erfahren müssen, dass man mit kleinen Kindern nicht in jedem Restaurant erwünscht ist“, erzählt Henke. „Das wollten wir anders machen.“
Und so sind Familien ausdrücklich willkommen im „Lemabri“ in Boppard-Buchholz. Es gibt einen separaten Kinder-Spielraum, der akustisch vom Restaurant getrennt ist. Außerdem verfügt das Restaurant über mehrere Sitzbereiche, sodass das Team bereits bei der Reservierung steuern kann, wer wo sitzt. Paare ohne Kinder, Geschäftsleute, Familien – für jeden gibt es genug Raum, ohne dass es zu laut und lebendig für alle wird.
Im Restaurant Lemabri sind Kinder willkommen, eine liebevoll gestaltete Kinderspielecke gehört zum familienfreundlichen Konzept.
Ungewöhnlich ist das „Lemabri“ aber auch deshalb, weil es – auch – ein Betriebsrestaurant ist. Diese Besonderheit geht auf Marco Ehrhardt zurück, Vorsitzender des Management Boards der Ehrhardt Partner Group (EPG). Das Unternehmen mit Sitz in dem zu Boppard gehörenden Industriepark, spezialisiert auf Logistik-Software, zählt zu den großen Arbeitgebern der Region. Es zählt über 1.000 Beschäftigte weltweit, darunter etwa 500 am Stammsitz.
Für diese Mitarbeitenden wollte Ehrhardt etwas Gutes schaffen. Und ebenso für die Menschen in der Region. Ihm schwebte ein gehobenes gastronomisches Angebot vor. Weit mehr als eine Kantine. Mit einem attraktiven kulinarischen Mittagsangebot für die eigenen Beschäftigten sowie die Mitarbeitenden anderer Unternehmen am Standort. Mit einer Küche, für die die Menschen aus der Region auch am Abend nach Boppard-Buchholz fahren. Und mit einem dezidiert familienfreundlichen Konzept. Mit Sarah Henke und Christian Eckhardt fand er die passenden Mitstreitenden für sein innovatives Konzept.
Im Fachkräftewettbewerb punkten
Das Engagement der EPG geht aber noch weiter. Schon vor dem Restaurant-Konzept entstand die Idee eines Betriebskindergartens. Aus Befragungen wusste Ehrhardt, dass sich viele Beschäftigte eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf wünschten, zudem war das Angebot an öffentlichen Kita-Plätzen unzureichend. „Ein qualitativ hochwertiges Betreuungsangebot für Kinder in Arbeitsplatznähe reduziert den täglichen Stress der Eltern und steigert ihre Identifikation mit dem Unternehmen sowie ihre Motivation“, betont Ehrhardt.
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Marco Ehrhardt
Ehrhardt Partner Group (EPG) |
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Und so ging, zeitgleich mit dem „Lemabri“, die Kindertagesstätte „EPGlinos“ an den Start. Mit 80 Plätzen, von denen Ende 2024 knapp 60 belegt waren. Nicht nur EPG-Beschäftigte bringen ihre Kinder dorthin, die Kita ist auch für andere Familien aus der Region offen. So machen auch Beschäftigte anderer Unternehmen im Industriepark von der Betreuungsmöglichkeit Gebrauch.
Mit Kita und Restaurant kann die EPG im Wettbewerb um begehrte Fachkräfte punkten. „Es ist nicht immer leicht, Spitzenkräfte in ländliche Regionen zu locken“, weiß Ehrhardt, „doch mit einem solchen Angebot verbessern wir definitiv unsere Position – und die gesamte Region profitiert.“
Betriebskindergarten – seit 30 Jahren
Auch die wolfcraft GmbH, ein Traditionsunternehmen der Werkzeugbranche, muss es schaffen, Fachkräfte in den ländlichen Raum zu ziehen. Das Unternehmen mit insgesamt rund 700 Beschäftigten sitzt in Kempenich in der Osteifel, rund 15 Kilometer vom Laacher See entfernt.
Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf exerzieren sie hier schon lange: Robert Wolff gründete das Unternehmen 1949. Sein Sohn Reinhard stieg 1981 ins Unternehmen ein, dessen Bruder Thomas 1982. Aktuell ist Reinhard Wolff Vorsitzender des Beirats, sein Bruder Stellvertreter. Alle zwei Jahre wechseln sie die Position. Drei Enkel des Gründers sind auch bereits im Unternehmen aktiv. Ein eigener Betriebskindergarten ist bei wolfcraft ein zentraler Eckpfeiler der familienfreundlichen Unternehmenskultur. „Er feiert dieses Jahr 30. Geburtstag“, erzählt Thomas Wolff stolz. „Bei der Gründung 1995 war es erst der zweite Betriebskindergarten in ganz Rheinland-Pfalz.“
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Thomas Wolff
wolfcraft GmbH |
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40 Kinder finden dort einen Platz. Knapp die Hälfte der Plätze sind von den Kindern von wolfcraft-Beschäftigten belegt, die übrigen stehen allen Familien in der Gegend zur Verfügung. Verantwortlich für den Betrieb des Kindergartens ist eine Nichte von Thomas Wolff. Darüber hinaus wird bei wolfcraft mobiles Arbeiten groß geschrieben. „Darauf haben wir schon vor Corona viel Wert gelegt“, erzählt Wolff, „weil wir die Eltern unter unseren Beschäftigten gut einbinden wollten, ohne dass sie ihre familiären Aufgaben vernachlässigen müssen.“ Angenehmer Nebeneffekt dieses familienfreundlichen Ansatzes: Als wegen der Pandemie die Firmen schlagartig auf mobiles Arbeiten umstellen mussten, war wolfcraft vorbereitet.
Mobiles Arbeiten spielt auch heute noch eine große Rolle bei dem Kempenicher Unternehmen. Doch auch die Präsenzarbeitsplätze hat wolfcraft weiterentwickelt. Mehr Rückzugsorte, Kreativräume und Treffpunkte ermöglichen flexibleres Arbeiten, stärker angepasst an individuelle Bedürfnisse als zuvor.
Flexible Arbeitszeiten
Der Fachkräftemangel ist für viele Unternehmen der Grund für die Einführung von familienfreundlichen, flexibleren Rahmenbedingungen. Die monte mare Andernach Betriebs-GmbH & Co. KG hatte hier schon immer gute Voraussetzungen. Das Unternehmen betreibt in Andernach eine Sauna mit Spa-Bereich und Restaurant sowie ein 4-Sterne-Hotel mit direktem Zugang zum Spa-Bereich. Ein Fitnessstudio, betrieben von der La Vida Sports GmbH, rundet das Angebot ab. Geschäftsführer ist in beiden Fällen Patrick Doll, der sich auch im Tourismusausschuss der IHK Koblenz engagiert. Insgesamt zählen die beiden Unternehmen knapp 100 Beschäftigte. Geöffnet sind Sauna und Spa an 363 Tagen pro Jahr, an den meisten Tagen von 6:30 bis 23 Uhr. „Wir haben mehrere Teams und ganz unterschiedliche Schichtmodelle“, erzählt Betriebsleiter Michael Retterath, „dadurch können wir unseren Beschäftigten viel Flexibilität bieten.“ Wer für die eigenen Kinder da sein müsse oder ältere Angehörigen pflege, könne dies mit seinen Arbeitszeiten vereinbaren.
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Michael Retterath
monte mare Andernach Betriebs-GmbH & Co. KG |
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Das Unternehmen belässt es nicht bei flexiblen Arbeitszeitmodellen. Es legt auch viel Wert auf ein gutes Miteinander der Beschäftigten und sieht dieses Engagement ebenfalls als Teil seiner Strategie als familienfreundlicher Arbeitgeber. Beschäftigte mit Migrationshintergrund schlüpfen beispielsweise in die Rolle als „Paten“ für neue Mitarbeitende aus demselben Herkunftsland. Vom Bewerbungsgespräch bis zur erfolgreichen Eingewöhnung am neuen Arbeitsplatz unterstützen sie in ihrer Muttersprache, ob Ukrainisch, Italienisch oder Spanisch. Zudem fördert das Unternehmen die Kommunikation untereinander durch viel Transparenz und Anregungen. „Wir informieren regelmäßig alle Mitarbeitenden, wo gerade etwas Neues entsteht oder wo es Personalengpässe gibt“, berichtet Retterath, „so können sie auch eigene Netzwerke nutzen, um etwa auf vakante Stellen aufmerksam zu machen.“
Im Herbst 2024 erhielt das Unternehmen eine besondere Würdigung: Bereits zum siebten Mal zeichnete der Landkreis Mayen-Koblenz Unternehmen aus, die sich in besonderem Maße für eine familienbewusste Personalpolitik engagieren. Bei dem Wettbewerb „MYK Zukunft mit Familie – Familienfreundliches Unternehmen“ belegte das monte mare in der Kategorie 21 bis 100 Beschäftigte den dritten Platz. Die Jury hob besonders die „vorbildlichen Kommunikationsstrukturen und die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund“ hervor.
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Kontakt

Susanne Ditzer
Welcome Center, Fachkräftesicherung (Geschäftsbereich Unternehmensservice)