Qualifizierung von Fahrpersonal im Güter- und Personenverkehr

Fahrer*innen, die gewerblichen Güterkraft- und Personenverkehr auf öffentlichen Straßen durchführen, müssen eine besondere Qualifizierung nachweisen. Nur so dürfen sie selbstständig oder abhängig tätig sein. Diese Regelung gilt für Fahrer*innen von Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen im Güterkraftverkehr sowie für Fahrer von Fahrzeugen mit mehr als acht Fahrgastplätzen im Personenverkehr.
Die Pflicht zur Grundqualifikation besteht grundsätzlich für selbstständige und angestellte Fahrer*innen, die
  • deutsche Staatsangehörige sind,
  • Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind oder
  • Staatsangehörige eines Drittstaats sind und in einem Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum beschäftigt oder eingesetzt werden,
und Fahrten zu gewerblichen Zwecken (dies umfasst auch Werkverkehr und Transporthilfstätigkeiten) auf öffentlichen Straßen mit folgenden Kraftfahrzeugen durchführen:
  • Fahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse größer 3,5 Tonnen im Güterkraftverkehr (Fahrerlaubnis der Klassen C1, C1E, C, CE)
  • Fahrzeuge mit mehr als acht Fahrgastplätzen im Personenverkehr (Fahrerlaubnis der Klassen D1, D1E, D, DE)
Ausgenommen von dieser Regelung sind Fahrten mit Kraftfahrzeugen,
  • deren zulässige Höchstgeschwindigkeit 45 Kilometer pro Stunde nicht überschreitet,
  • die von der Bundeswehr, der Truppe und dem zivilen Gefolge der anderen Vertragsstaaten des Nordatlantikpaktes, den Polizeien des Bundes und der Länder, dem Zolldienst sowie dem Zivil- und Katastrophenschutz und der Feuerwehr eingesetzt werden oder ihren Weisungen unterliegen,
  • die zur Notfallrettung von den nach Landesrecht anerkannten Rettungsdiensten eingesetzt werden,
  • die zum Zwecke der technischen Entwicklung oder zu Reparatur- oder Wartungszwecken oder zur technischen Untersuchung Prüfungen unterzogen werden,
  • die in Wahrnehmung von Aufgaben, die den Sachverständigen oder Prüfern im Sinne des § 1 Kraftfahrsachverständigengesetzes oder der Anlage VIII b der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung übertragen sind, eingesetzt werden,
  • die neu oder umgebaut und noch nicht in Betrieb genommen worden sind,
  • zur Beförderung von Material oder Ausrüstung, das der Fahrer oder die Fahrerin zur Ausübung des Berufs verwendet, sofern es sich beim Führen des Kraftfahrzeugs nicht um die Hauptbeschäftigung handelt. Hierunter fallen auch Beförderungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 und 7 des Güterkraftverkehrsgesetzes.
Darüber hinaus besteht ein Besitzstandsschutz für Fahrer*innen,
  • die im Güterverkehr eingesetzt werden und ihren Führerschein vor dem 10. September 2009 erworben haben. Diese müssen nur eine Weiterbildung absolvieren.
  • die im Personenverkehr eingesetzt werden und ihren Führerschein vor dem 10. September 2008 erworben haben. Diese müssen nur eine Weiterbildung absolvieren.

Arten der Grundqualifikation

Es gibt zwei Arten, die Grundqualifikation zu erwerben:
  • Grundqualifikation
  • Beschleunigte Grundqualifikation
Grundqualifikation
Der Nachweis der Grundqualifikation kann auf zwei Wegen erbracht werden:
  1. Es wird eine Berufsausbildung zum/zur Berufskraftfahrer*in oder zur Fachkraft im Fahrbetrieb erfolgreich abgeschlossen beziehungsweise ein staatlich anerkannter Ausbildungsberuf, in dem vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse zur Durchführung von Fahrten mit Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen vermittelt werden.
  2. Es wird erfolgreich eine Prüfung bei der IHK abgelegt. Die Prüfung umfasst
a) einen theoretischen Prüfungsteil - 240 Minuten
  • Multiple-Choice-Fragen
  • Fragen mit direkter Antwort
  • Erörterung von Praxissituationen und
b) einen praktischen Prüfungsteil - 210 Minuten, bestehend aus den drei Teilen
  • Fahrprüfung – 120 min.,
  • praktischer Prüfungsteil – 30 min. (zu Themen wie Ladungssicherung, Notfallsituationen),
  • Bewältigung kritischer Fahrsituationen – max. 60 min.
Zur Ablegung der Prüfung ist die Teilnahme an einem Vorbereitungsunterricht nicht vorgeschrieben. Erforderlich zur Zulassung zur Prüfung ist jedoch der Besitz der jeweiligen Fahrerlaubnis.
Für Prüfungsteilnehmer*innen, die bereits Fachkundenachweise entsprechend den Berufszugangsverordnungen für Güterkraftverkehr und Personenverkehr (GBZugVO und PBZugVO) besitzen, sind Erleichterungen in den theoretischen Prüfungsteilen vorgesehen.
Beschleunigte Grundqualifikation
Die beschleunigte Grundqualifikation wird erworben durch die Teilnahme an einer Schulung von 140 Stunden (zu jeweils 60 Minuten) bei einer anerkannten Ausbildungsstätte sowie durch die erfolgreiche Ablegung einer 90-minütigen theoretischen Prüfung bei der IHK. Die Teilnahme am Unterricht ist hier verpflichtend. Bei der theoretischen Prüfung sind wiederum Erleichterungen für Inhaber*innen von Fachkundenachweisen nach den Berufszugangsverordnungen vorgesehen.
Eine Fahrerlaubnis muss für die beschleunigte Grundqualifikation nicht vorliegen.
Mindestalter
Das Mindestalter zum Einsatz der Fahrerinnen und Fahrer in den jeweiligen Fahrerlaubnisklassen hängt von der jeweiligen Qualifikation bzw. der Verkehrsart ab.
Güterkraftverkehr
Klasse
Ausbildung 'Berufskraftfahrer*in' oder 'Fachkraft im Fahrbetrieb'
oder Ausbildungsberuf mit vergleichbaren Fertigkeiten
Grundqualifikations-
prüfung
Beschleunigte
Grundqualifikation
C
18 Jahre
18 Jahre
21 Jahre
CE
18 Jahre
18 Jahre
21 Jahre
C1
18 Jahre
18 Jahre
18 Jahre
C1E
18 Jahre
18 Jahre
18 Jahre

Personenverkehr
Klasse
Ausbildung 'Berufskraftfahrer*in' oder 'Fachkraft im
Fahrbetrieb' oder Ausbildungsberuf mit vergleichbaren Fertigkeiten
Grundqualifikations-
prüfung
Beschleunigte Grundqualifikation
D
18 Jahre
(Linienverkehr bis 50 km)
20 Jahre
21 Jahre
21 Jahre
(Linienverkehr bis 50 km)
23 Jahre
DE
18 Jahre
(Linienverkehr bis 50 km)
20 Jahre
21 Jahre
21 Jahre
(Linienverkehr bis 50 km)
23 Jahre
D1
18 Jahre
21 Jahre
21Jahre
D1E
18 Jahre
21 Jahre
21 Jahre

Weiterbildung

Jeweils innerhalb von fünf Jahren im Anschluss an den Erwerb der Grundqualifikation bzw. der beschleunigten Grundqualifikation müssen die Kenntnisse durch Teilnahme an einer Fortbildungsschulung aufgefrischt werden.
Die Weiterbildung erfolgt in Lehrgängen mit 35 Unterrichtsstunden zu je 60 Minuten. Diese 35 Pflichtstunden können auf einzelne 'Blöcke' aufgeteilt und müssen nicht am Stück hintereinander absolviert werden. Allerdings muss ein 'Einzelblock' mindestens 7 Stunden umfassen. Die Teilnahme an einzelnen 'Weiterbildungsblöcken' kann durch Teilbescheinigungen nachgewiesen werden. Für den Fall, dass ein Fahrer oder eine Fahrerin das Unternehmen wechselt, werden die Weiterbildungsmaßnahmen/-zeiten, die bereits absolviert wurden, angerechnet.
Für die Weiterbildung ist ausschließlich die Teilnahme am Lehrgang verpflichtend. Eine Abschlussprüfung ist nicht vorgesehen.

Dokumentation der Qualifikation

Die Grundqualifikation bzw. die Weiterbildung werden durch den Eintrag im Führerschein dokumentiert. Hierzu ist mit der Richtlinie 2003/59/EG der Gemeinschaftscode '95' eingeführt worden:
„95. Kraftfahrer, der Inhaber eines Befähigungsnachweises ist und die Befähigungspflicht gemäß Artikel 3 bis zum –––. erfüllt.”
In Deutschland erfolgt hierzu eine Eintragung der Ziffer 95 in Verbindung mit einer Frist in der Spalte 12 der Fahrerlaubnis (Beispiel: 95.01.01.2012). Indirekte Folge dieser Regelung ist, dass der Umtausch 'alter Führerscheine' in neue Kartenführerscheine erforderlich wird.

Anerkannte Ausbildungsstätten

Anerkannte Ausbildungsstätten für die beschleunigte Grundqualifikation und die Weiterbildung sind:
  • Fahrschulen mit einer Fahrschulerlaubnis der Klassen CE oder DE,
  • Fahrschulen und Fahrlehrerausbildungsstätten, die keiner Fahrschulerlaubnis und keiner Anerkennung bedürfen,
  • Ausbildungsbetriebe, die eine Berufsausbildung in den Ausbildungsberufen „Berufskraftfahrer*in“ oder „Fachkraft im Fahrbetrieb“ oder einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf, in dem vergleichbare Fertigkeiten und Kenntnisse zur Durchführung von Fahrten mit Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen vermittelt werden, durchführen,
  • Bildungseinrichtungen, die eine Umschulung zum/zur Berufskraftfahrer*in oder zur Fachkraft im Fahrbetrieb durchführen.