OLG Karlsruhe: Nur "Herr" und "Frau" als Anrede ist dis­kri­mi­nie­rend

In einem Onlineshop liegt eine unerlaubte Diskriminierung vor, wenn die Anredeauswahl lediglich binäre Geschlechter zulässt. So hat das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe geurteilt. Damit bestätigt das OLG am 14. Dezember 2021 das klageabweisende Urteil vom Landgericht Mannheim aus der Vorinstanz. Demnach wird eine Person nichtbinärer Geschlechtsidentität, die beim Online-Einkauf nur zwischen den Anreden “Frau” oder “Herr” auswählen kann, wegen des Geschlechts benachteiligt.
Im beklagten Onlineshop für Bekleidung musste im Registrierungs- und Bezahlvorgang eine Auswahl zwischen “Herr” und “Frau” getroffen werden, um fortzufahren. Dies stellt laut dem Urteil einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) dar. Die Person sei in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, da sie den Kaufvorgang nicht abschließen kann, ohne falsche Angaben über ihr Geschlecht zu machen.
Ein Anspruch auf Entschädigung eines deswegen geltend gemachten immateriellen Schadens bestehe jedoch nicht, da die festgestellte Diskriminierung im konkreten Fall nicht die dafür erforderliche Intensität erreichte.
Auch ein Anspruch auf Unterlassung wurde wegen fehlender Wiederholungsgefahr abgelehnt, da der Online-Shop in diesem Fall mittlerweile eine geschlechtsneutrale Anrede aufgenommen hat.