Beschäftigung ausländischer Fachkräfte
Die Sicherung des Fachkräftebedarfs ist und bleibt eine zentrale Herausforderung für unsere Wirtschaft. Zuwanderung ist eine Möglichkeit, dem Fachkräftemangel zu begegnen. Im Juli 2023 hat der Bundesrat das Gesetz und die Verordnung zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung beschlossen. Die neuen Regelungen traten in Form eines drei-Säulen-Modells schrittweise im November 2023, März 2024 und Juni 2024 in Kraft.
Voraussetzung einer Arbeitserlaubnis in Deutschland
Staatsangehörige der Europäischen Union (EU) sowie aus Norwegen, Liechtenstein, Island und der Schweiz benötigen keine Arbeitserlaubnis (uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit). Angehörige anderer Staaten (Drittstaaten) können unter bestimmten Voraussetzungen zum deutschen Arbeitsmarkt zugelassen werden.
Prüfen Sie mit Ihrer/m ausländischen Bewerber/in im Quick-Check die Möglichkeiten, in Deutschland zu arbeiten.
Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Im neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz wird von den 3 Säulen der Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten gesprochen. Die wichtigsten Regelungen auf einen Blick:
1. Fachkräfte- säule |
2. Erfahrungs- säule |
3. Potenzial- säule |
1. Säule: Qualifizierte Fachkräfte
Eine vereinfachte Einreise ist seit November 2023 für qualifizierte Fachkräfte möglich, die
- im Ausland ein Hochschulstudium abgeschlossen haben, das in Deutschland anerkannt ist, oder
- im Ausland eine Berufsqualifikation erworben haben und im Berufsanerkennungsverfahren einen Bescheid über die volle Gleichwertigkeit mit einem deutschen Abschluss erhalten haben oder
- in Deutschland ein Studium oder eine qualifizierte Ausbildung absolviert haben
Diese Personen dürfen künftig in allen qualifizierten Berufen arbeiten (gilt nicht für reglementierte Berufe wie Heil-, Pflege- und Lehrberufe). Für diese Aufenthaltstitel sind ein Arbeitsplatzangebot bzw. -vertrag und die Anerkennungsnachweise erforderlich. Diese Aufenthaltstitel für qualifizierte Fachkräfte können auch in Deutschland beantragt werden, wenn die Einreise mit einem Visum außerhalb des Erwerbskontextes erfolgt ist.
Außerdem können wie bisher Personen einreisen, die in Deutschland eine Ausbildung absolvieren möchten und bereits einen Ausbildungsvertrag mit einem Unternehmen haben. Hier wurde – wie es bereits für Fachkräfte gilt – die Vorrangprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit abgeschafft.
Für ausländische Akademiker*innen, die in Deutschland eine qualifizierte Beschäftigung aufnehmen wollen, gelten gesonderte Erleichterungen durch die Möglichkeit der “blauen Karte EU”.
- Blaue Karte EU
Die Blaue Karte EU ist ein besonderer Aufenthaltstitel für ausländische Akademikerinnen und Akademiker, die in Deutschland eine qualifizierte Beschäftigung aufnehmen wollen. Voraussetzungen für die Erteilung der Blauen Karte sind der Nachweis entweder eines deutschen oder eines anerkannten ausländischen oder vergleichbaren ausländischen Hochschulabschlusses. Zudem ist die Vorlage eines Arbeitsvertrages oder eines verbindlichen Arbeitsplatzangebots mit einem Bruttojahresgehalt in Höhe von mindestens 43.800 Euro notwendig bzw. 39.682,80 Euro für Engpassberufe und Berufsanfänger. Bei Beschäftigungen in den Berufsfeldern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Ingenieurwesen und der Humanmedizin gilt ein verringertes Bruttojahresgehalt in Höhe von mindestens 39.682 Euro. In diesem Fall muss die Bundesagentur für Arbeit (BA) Ihrer Beschäftigung zustimmen. Inhaber einer Blauen Karte EU müssen eine ihrer Qualifikation angemessene Beschäftigung ausübenDie Blaue Karte EU wird bei erstmaliger Erteilung auf maximal vier Jahre befristet. Beträgt die Dauer des Arbeitsvertrags weniger als vier Jahre, wird die Blaue Karte EU für die Dauer des Arbeitsvertrags zuzüglich eines Zeitraums von drei Monaten ausgestellt.
Der Antrag auf die Blaue Karte muss vor der Einreise nach Deutschland gestellt werden. Zuständig ist die jeweilige deutsche Auslandsvertretung.
Ausführliche Informationen zur Blauen Karte EU finden sich auf der Internetseite des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sowie hier: Make it in Germany.
2. Säule: Berufserfahrung
Seit März 2024 dürfen auch Personen ohne förmliches Anerkennungsverfahren als erfahrene Fachkraft in nicht-reglementierten Berufen in Deutschland arbeiten.
- Vorausgesetzt wird eine im Herkunftsland staatlich anerkannte mindestens zwei-jährige Berufsqualifikation bzw. ein Hochschulabschluss und mindestens zwei Jahre Berufserfahrung (in den letzten fünf Jahren)
- berufserfahrene IT-Spezialist*innen müssen nur die Berufserfahrung, aber keinen Abschluss nachweisen
- Weitere Voraussetzungen:
- Mindestgehalt von rund 39.700 Euro – bei tarifgebundenen Unternehmen darf im Rahmen des Tarifvertrags nach unten abgewichen werden.
- Tätigkeit in einem in Bezug auf die Qualifikation/Berufserfahrung verwandten Beruf
- vorliegendes/r Arbeitsangebot/-vertrag
In die Erfahrungssäule wurde daneben die so genannte Anerkennungspartnerschaft aufgenommen: Das Anerkennungsverfahren kann in Deutschland durchgeführt werden, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich verpflichten, es unverzüglich nach der Einreise zu starten und eine ggf. erforderliche Anpassungsqualifizierung durchzuführen. Währenddessen kann der Arbeitnehmer dort eine qualifizierte Beschäftigung ausüben. Auch für die Anerkennungspartnerschaft müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestimmte Voraussetzungen erfüllen.
3. Säule: Erhöhtes Potenzial
Seit Juni 2024 gibt es die sogenannte Chancenkarte. Ausländische Personen können ohne Angebot/Vertrag zur Suche einer Arbeit, Ausbildung oder Qualifizierung im Rahmen des Anerkennungsverfahrens für max. 12 Monate einreisen. Dafür müssen sie folgende Grundvoraussetzungen erfüllen:
- gesicherter Lebensunterhalt und
- im Herkunftsland staatlich anerkannte/r mindestens zwei-jährige Berufsqualifikation oder Hochschulabschluss und
- mindestens Deutschkenntnisse Niveau A1 oder Englischkenntnisse Niveau B2
Zusätzlich müssen sie entweder eine volle Anerkennung ihres Berufs- oder Hochschulabschlusses oder mindestens sechs Punkte gemäß der so genannten Chancenkarte vorweisen. Kriterien für die Punktevergabe sind dabei Qualifikation, Berufserfahrung, Engpassberuf, weitere Sprachkenntnisse, Alter, Deutschlandbezug sowie der/die mitziehende Ehe-/Lebenspartner/in. Erhalten die Suchenden ein/en Arbeitsplatzangebot/-vertrag, erfüllen aber noch nicht alle Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel zur Beschäftigung, kann die Chancenkarte einmalig um bis zu 2 Jahre verlängert werden (Folge-Chancenkarte).
Für Ausbildungsplatzsuchende wurden die bisherigen Voraussetzungen erleichtert:
- Probebeschäftigungen von jeweils 2 Wochen (Vollzeit)
- Nebenbeschäftigung von max. 20 Stunden pro Woche (auch zur Unterhaltssicherung)
Lesen Sie hier mehr über die Möglichkeiten, ausländische Fachkräfte und Auszubildende zu rekrutieren: Rekrutierung ausländischer Fachkräfte und Auszubildender
Weiterführende Informationen zur Beschäftigung und Integration von ausländischen Fachkräften des europäischen und außereuropäischen Auslands finden sich außerdem im Portal Make it in Germany, einer Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWE), sowie im Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung.
Anerkennung von ausländischen Abschlüssen
Zu einer besseren Beurteilung der beruflichen Fähigkeiten internationaler Fachkräfte kann das sogenannte Anerkennungsverfahren beitragen. Dabei geht es um die Prüfung der Gleichwertigkeit eines ausländischen Bildungsabschlusses (Gleichwertigkeitsprüfung). Für viele Bewerber*innen aus Drittstaaten ist ein solches Verfahren verpflichtend und eine der Voraussetzungen für die Visumserteilung. Bewertet wird, ob bzw. inwieweit die ausländische berufliche Qualifikation dem entsprechenden deutschen Referenzberuf entspricht, ausgehend von der geltenden Aus- bzw. Fortbildungsverordnung. In diesem Kapitel erfahren Sie, was das konkret bedeutet – und wie Sie Bewerber über das gesamte Verfahren hinweg unterstützen können.
Ob ein Verfahren zu Anerkennung der Berufsqualifikation für internationale Fachkräfte notwendig ist, hängt zum einen von der Tätigkeit eines Bewerbers ab. Zum anderen spielt dessen Herkunft eine wesentliche Rolle:
- Anerkennung für Fachkräfte aus EU-Staaten
Zwingend erforderlich ist eine Anerkennung der Berufsqualifikation nur für reglementierte, also zulassungspflichtige Berufe (z.B. Arzt, Krankenpfleger, Erzieher, Lehrer, Rechtsanwalt).
Für nicht reglementierte Berufe – wie die meisten der rund 330 Ausbildungsberufe im dualen System – ist die Gleichwertigkeitsprüfung innerhalb der EU nicht zwingend erforderlich, sondern optional. Eine formale Anerkennung ist für die Fachkraft empfehlenswert, die dann über wichtige zusätzliche Unterlagen zu ihrer Qualifikation verfügt. Unternehmen können durch eine formale Anerkennung die ausländische Berufsqualifikation einfacher einschätzen und den Bedarf einer Weiterbildung oder Nachqualifizierung passgenau bestimmen.
Laut der Novelle des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes können auch Fachkräfte ohne formale Anerkennung und mit zweijähriger Berufserfahrung eine Beschäftigung in Deutschland aufnehmen.
Bei akademischen Abschlüssen, die zu nicht reglementierten Berufen führen (ca. 90 Prozent der Studienberufe), besteht die Möglichkeit, das ausländische Hochschulzeugnis von der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen (ZAB) bewerten zu lassen. - Anerkennung für Fachkräfte aus Westbalkan
Die Westbalkanregelung bietet Arbeitgebern die Möglichkeit, Fachkräfte aus den sechs Westbalkanstaaten nach Deutschland zu holen. Staatsangehörige von Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien können laut dieser Regelung auch ohne die Anerkennung ihrer Qualifikation eine Arbeitserlaubnis und ein Visum erteilt bekommen.Folgende Voraussetzungen müssen dabei erfüllt sein:
- Die Fachkraft kann einen Arbeitsvertrag oder ein verbindliches Arbeitsangebot vorweisen.
- Die Stelle kann nicht mit einer/m bevorrechtigten Bewerber*in aus Deutschland oder der EU besetzt werden (Vorrangprüfung durch die Bundesagentur für Arbeit).
- Die Stelle ist nicht in einem reglementierten Beruf.
Für die Erteilung der Zustimmung prüft die Bundesagentur für Arbeit, ob inländische oder Arbeitskräfte aus der Europäischen Union für den jeweiligen Arbeitsplatz zur Verfügung stehen (Vorrangprüfung) und die Beschäftigungsbedingungen gleichwertig mit denen von inländischen Arbeitskräften sind.Tätigkeiten als Leiharbeitnehmer*innen und -arbeitnehmer*innen sind nicht zulässig.Für die Einreise nach Deutschland zur Arbeitsaufnahme ist ein Visum notwendig, das bei der zuständigen deutschen Auslandsvertretung in einem der oben genannten Staaten beantragt werden muss. Die Wartezeiten für Termine zur Visumbeantragung in den deutschen Botschaften der entsprechenden Länder liegen derzeit bei über einem Jahr. Ein beschleunigtes Verfahren kann nicht beantragt werden.
Anerkennungsberatung:
Für alle Berufe des Handels, der Industrie, der Versicherungen, Banken und Dienstleistungen sind die Industrie- und Handelskammern zuständig. Sie haben dazu eine eigene Anerkennungsstelle, das Kompetenzzentrum IHK-FOSA (Foreign Skills Approval) mit Sitz in Nürnberg, eingerichtet.
Das IQ Netzwerk Niedersachsen berät sowohl ausländische Fachkräfte als auch regionale Unternehmen und begleitet sie durch das Anerkennungsverfahren.
In unserer IHKLW bietet der Geschäftsbereich Aus- und Weiterbildung eine ausführliche Beratung und weitere Informationen zum Thema Anerkennung an, sofern sich die ausländische Fachkraft bereits in Deutschland mit einem entsprechenden Aufenthaltstitel befindet.
Weitere Informationen zur Anerkennung von ausländischen Abschlüssen erhalten Sie auch auf dem Portal des Bundesinstituts für Berufsbildung Anerkennung in Deutschland und beim Migrationsportal des IQ Netzwerks Niedersachsen.
Weitere Informationen zur Anerkennung von ausländischen Abschlüssen erhalten Sie auch auf dem Portal des Bundesinstituts für Berufsbildung Anerkennung in Deutschland und beim Migrationsportal des IQ Netzwerks Niedersachsen.
Lesen Sie hier mehr zum Ablauf des Anerkennungsverfahrens.
Sprachkurse
Gute Sprachförderung ist nicht nur für die Arbeitsaufnahme sondern auch für die berufliche und betriebliche Integration wichtig. Detaillierte Informationen zu Berufssprachkursen und Integrationskursen sowie über Fördermöglichkeiten bieten die Agentur für Arbeit und das Bundesministerium für Migration und Flüchtlinge (BAMF).
Integration ausländischer Fachkräfte und Geflüchtete
Die Willkommenskultur in Ihrem Unternehmen ist sowohl für inländische als auch ausländische Mitarbeitende sehr wichtig. In einem neuen Land mit neuen Organisationsstrukturen kann es für eine neue Fachkraft herausfordernd sein, sich wohl und willkommen zu fühlen. Die Kolleg*innen und auch die Führungskräfte sollten eine offene, freundliche Willkommenskultur schaffen und den Neuankömmlingen aktiv beim Einleben im Arbeitsalltag helfen. Ausführliche Informationen und Tipps zur beruflichen und sozialen Integration sowie Anlaufstellen zur Sprachförderung finden Sie im Portal Make it in Germany sowie in regionalen Welcome Centern, wie dem Welcome Center Heidekreis und Welcome Center Braunschweig-Wolfsburg.
Eine besondere Zielgruppe bei den internationalen Fachkräften stellen Geflüchtete dar. Das Netzwerk Unternehmen integriert Flüchtlinge (NUIF) der DIHK unterstützt Betriebe aller Größen, Branchen und Regionen, die geflüchtete Menschen beschäftigen wollen.