BBiG: Gesetz zur Modernisierung der Beruflichen Bildung

Das Berufsbildungsmodernisierungsgesetz (BBiMoG) gilt seit dem 1. Januar 2020. Die neuen Regelungen sollen die duale Berufsausbildung in Deutschland stärken und modernisieren.
Für Ausbildungsbetriebe ändert sich insbesondere folgendes:

Mindestausbildungsvergütung

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Das neu gefasste BBiG konkretisiert die Mindestvoraussetzungen für eine angemessene Vergütung. Eine Mindestausbildungsvergütung gilt erstmals für Berufsausbildungsverträge, die ab dem 1. Januar.2020 geschlossen werden. Für die meisten Unternehmen in der IHK-Region sind weiterhin die einschlägigen Tarifverträge bei der Berechnung der Ausbildungsvergütung maßgeblich. Für tarifgebundene Unternehmen gilt der Branchentarif uneingeschränkt. Nicht tarifgebundene Unternehmen dürfen den Branchentarif um bis zu 20 Prozent unterschreiten.  
Die Mindestausbildungsvergütung gilt ab 1. Januar 2020 für alle Betriebe, für die kein einschlägiger Branchentarifvertrag anzuwenden ist.
Für die gesamte Ausbildungsdauer müssen die Mindestvergütungssätze (differenziert nach Ausbildungsjahren) eingehalten werden, die für den Beginn der Ausbildung gelten. Bei bereits abgeschlossenen Ausbildungsverträgen darf die Vergütung ab 1. Januar 2020 nicht nach unten angepasst werden.
Ausbildungsbeginn
2020
2021
2022
2023
1. Ausbildungsjahr
515 Euro
550 Euro
585 Euro
620 Euro
2. Ausbildungsjahr
608 Euro
649 Euro
690 Euro
732 Euro
3. Ausbildungsjahr
695 Euro
743 Euro
790 Euro
837 Euro
4. Ausbildungsjahr
721 Euro
770 Euro
819 Euro
868 Euro
Der bisher von der unserer IHK ermittelte Referenztarif (durchschnittliche Ausbildungsvergütung für die Region) ist ab Januar 2020 nicht mehr für neu abgeschlossene Verträge anzuwenden, wenn die Unternehmen keinem Branchentarif zuzuordnen sind. Für sie gilt die Mindestausbildungsvergütung.

Einheitliche Regelung zur Freistellung für den Berufsschulunterricht

Erwachsene Auszubildende werden bei der Freistellung für Berufsschul- und Prüfungszeiten genauso behandelt wie jugendliche Auszubildende: Beginnt der Berufsschulunterricht vor 9 Uhr, so darf ein volljähriger Auszubildender zukünftig nicht mehr vorher in seinem Ausbildungsbetrieb beschäftigt werden
Auch ein in volljähriger Auszubildender ist von seinem Ausbildungsbetrieb freizustellen:
  • für die Teilnahme am Berufsschulunterricht
  • an einem Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden von mindestens je 45 Minuten, einmal in der Woche
  • in Berufsschulwochen mit einem planmäßigen Blockunterricht von mindestens 25 Stunden an mindestens fünf Tagen
  • an dem Arbeitstag unmittelbar vor dem Tag der schriftlichen Abschlussprüfung
Neu ist außerdem, dass in den letzten drei genannten Fällen die durchschnittliche tägliche bzw. wöchentliche Ausbildungszeit angerechnet wird. Dies gilt auch für Minderjährige nach § 9 JArbSchG.

Verbesserte Durchlässigkeit innerhalb der Ausbildung

Die Anrechenbarkeit der Ausbildungsdauer bei „gestuften“ Ausbildungen ist vereinfacht worden.
Zur Verbesserung der Durchlässigkeit bei aufeinander aufbauenden Ausbildungsberufen („gestufte Ausbildung“) kann eine Ausbildungsordnung künftig zusätzlich regeln, dass
  • Auszubildende bei erfolgreichem Abschluss eines zweijährigen Ausbildungsberufes vom ersten Teil der Abschlussprüfung oder einer Zwischenprüfung eines darauf aufbauenden drei- oder dreieinhalbjährigen Ausbildungsberufes ohne Antrag befreit sind und
  • Auszubildende bei nicht bestandener Abschlussprüfung in einem drei- oder dreieinhalbjährigen Ausbildungsberuf, der auf einem zweijährigen Ausbildungsberuf aufbaut, auf Antrag bei mindestens ausreichenden Leistungen im ersten Teil der Abschlussprüfung gleichzeitig den Abschluss des zweijährigen Ausbildungsberufes erwerben.
Die Voraussetzungen für die aufgeführten Neuerungen legen die jeweiligen Ausbildungsordnungen fest – das BBiG gibt „lediglich“ den Rahmen dafür vor.
Besteht ein Auszubildender erstmalig seine Abschlussprüfung in einem drei- bzw. dreieinhalbjährigen Beruf nicht, so kann er auf Antrag den zweijährigen Berufsabschluss zu erwerben. Durch den Erwerb des zweijährigen Abschlusses geht die Option, weitere Wiederholungsversuche in der Abschlussprüfung des drei- bzw. dreieinhalbjährigen Berufes zu unternehmen, nicht verloren.

Höhere Berufsbildung

In der höheren Berufsbildung gibt es ab sofort die Bezeichnungen “Bachelor Professional” für die Meister und Fachwirte und der “Master Professional” für die IHK-Betriebswirte und Berufspädagogen. Mit dieser Bezeichnung steigt die Vergleichbarkeit der höheren Berufsbildung mit der akademischen Bildung.
Die erste Fortbildungsstufe ist der Berufsspezialist. Er findet beispielsweise für die (zertifizierten) IT-Spezialisten und (geprüften) Servicetechniker Anwendung. Die zweite Stufe ist der Bachelor Professional und die dritte Stufe der Master Professional.
Die bisherigen, tradierten Abschlussbezeichnungen können erhalten bleiben und stehen vor der weiteren neuen Bezeichnung der Fortbildungsstufe. Die Umstellung auf die neuen Bezeichnungen erfolgt nicht automatisch. Hierzu ist eine Anpassung in den jeweiligen Fortbildungsordnungen durch das Bundesministerium und eine Anpassung der Rechtsvorschriften durch die IHKs erforderlich. Eine rückwirkende Anpassung ist nicht vorgesehen.

Teilzeitausbildung jetzt für alle

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Jeder Auszubildende kann seit dem 1. Januar 2020 den betrieblichen Teil seiner Ausbildung in Teilzeit absolvieren. Anders als bislang muss hierfür kein besonderer Grund mehr nachgewiesen werden.  
Das Einverständnis des Ausbildungsbetriebes vorausgesetzt, kann ein Teil oder die gesamte Ausbildungszeitbildung in Teilzeit absolviert werden. Ein Anspruch des Auszubildenden auf Teilzeitausbildung besteht jedoch nicht. Die Kürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit darf 50 Prozent einer Vollzeitausbildung nicht übersteigen. Die Dauer der Ausbildung verlängert sich entsprechend, höchstens jedoch bis zum anderthalbfachen der regulären Ausbildungsdauer. Das heißt: Bei einer regulär dreijährigen Ausbildung darf die Ausbildung in Teilzeit maximal 4,5 Jahre dauern. Die Berufsschule ist an eine im Ausbildungsvertrag vereinbarte Teilzeit nicht gebunden. Die Einbeziehung der Berufsschulzeiten in das Teilzeitmodell muss deshalb zwischen Betrieb, Auszubildenden und Berufsschule abgestimmt werden.

Prüfungswesen

Für IHK-Prüfer schafft das modernisierte BBiG unter anderem die Möglichkeit, die Bewertung nicht flüchtiger Prüfungsleistungen, wie zum Beispiel schriftlicher Prüfungen, auf zwei Prüfer abschließend zu delegieren. Darüber hinaus wurde die automatisierte Auswertung von Antwort-Wahlaufgaben (Multiple Choice) und die Errichtung gemeinsamer Prüfungsausschüsse in der Fortbildung in das Gesetz aufgenommen.

Freistellung von Prüfern geregelt

Bisher war die Freistellung von Prüfer*innen für ihre ehrenamtliche Tätigkeit im Berufsbildungsgesetz nicht geregelt. Mit der Neufassung des Gesetzes sind Prüfer*innen freizustellen, wenn der Ausübung des Prüferehrenamtes keine wichtigen betrieblichen Gründe entgegenstehen.

Einheitliche Regelung zur Freistellung für den Berufsschulunterricht

Die Regelungen für die Freistellung und Anrechnung des Berufsschulunterrichts auf die Arbeitszeit werden für erwachsene Auszubildende an die Regelungen für Jugendliche nach Jugendarbeitsschutzgesetz angeglichen. Das heißt:
  • Auch bei erwachsenen Auszubildenden ist bei wöchentlichem Unterricht ein Berufsschultag von mehr als fünf Unterrichtsstunden mit der vollen täglichen Ausbildungszeit anzurechnen, weitere Schultage mit der Schulzeit einschließlich Pausen.
  • Blockunterricht mit mehr als 25 Unterrichtsstunden pro Woche ist mit der vollen wöchentlichen Arbeitszeit anzurechnen.
  • Für alle Auszubildenden gilt außerdem weiterhin, dass sie vor einem vor 9 Uhr beginnenden Berufsschulunterricht nicht beschäftigt werden dürfen.

Freistellung für Prüfungen

Das neue Berufsbildungsgesetz vom 1. Januar 2020 legt für minderjährige und volljährige Auszubildende einheitlich fest:
Die Freistellung für Prüfungen ist im Zeitumfang der Teilnahme einschließlich Pausen (nicht aber Wegezeit) auf die Arbeitszeit anzurechnen. Zusätzlich muss der Ausbildungsbetrieb den Auszubildenden an dem Arbeitstag freistellen, der der schriftlichen Abschlussprüfung unmittelbar vorangeht. Diese Freistellung wird mit der durchschnittlichen täglichen Ausbildungszeit angerechnet. Auch für diesen Tag muss die Ausbildungsvergütung fortgezahlt werden.
Wichtig: Die Freistellung am Tag zuvor findet nur bei Abschlussprüfungen oder Wiederholungsprüfungen Anwendung, nicht etwa bei Zwischenprüfungen (bei Stufenausbildungen ist jede Prüfung am Stufenende eine Abschlussprüfung). Und: Eine Freistellung gibt es nur vor dem schriftlichen Teil der Abschlussprüfung, nicht auch vor anderen Prüfungsteilen, z.B. vor der Fertigkeitsprüfung oder der mündlichen Prüfung. Geht dem Prüfungstermin ein Feiertag, Berufsschultag oder Wochenende voran, muss nicht freigestellt werden.