Steuern

Aufbewahrungspflichten

Stand: 1. Januar 2014

1. Einleitung

Die Vorschriften über die Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen ergeben sich aus einer Vielzahl von Gesetzen und Schreiben des Bundesfinanzministeriums. Im Einzelnen zu nennen sind hier die Abgabenordnung (AO), die im Bereich des Steuerrechts die Aufbewahrungspflichten regelt, und das Handelsgesetzbuch (HGB), das die entsprechenden Regelungen für Kaufleute enthält. Die handels- und steuerrechtlichen Vorschriften zur Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen und zur Aufbewahrung von Schriftgut stimmen größten Teils überein, für die betriebliche Praxis sind jedoch überwiegend die steuerrechtlichen Vorschriften relevant.
Große Bedeutung kommt folgenden Schreiben des Bundesfinanzministeriums zu:
  • BMF-Schreiben vom 7. November 1995 - Grundsätze ordnungsgemäßer DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) (abrufbar über die seitliche Linkleiste)
  • BMF-Schreiben vom 16. Juli 2001 - Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) (abrufbar über die seitliche Linkleiste).

2. Wer muss Aufbewahrungspflichten beachten?

Die Aufbewahrungspflicht ist Teil der steuerlichen und handelsrechtlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht. Folglich ist derjenige, der nach Steuer- oder Handelsrecht zum Führen von Büchern und Aufzeichnungen verpflichtet ist, auch verpflichtet, diese aufzubewahren.
Handelsrechtlich verpflichtet § 257 HGB zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen. Nach den Vorschriften des Steuerrechts (Abgabenordnung) sind darüber hinaus alle diejenigen zur Buchführung und Führung von Aufzeichnungen verpflichtet, die nach anderen Gesetzen buchführungspflichtig sind. Mit "anderen Gesetzen" ist nicht nur das HGB gemeint, sondern eine Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen, die für bestimmte Berufe oder Tätigkeiten Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten vorschreiben. Außerdem verpflichtet die Abgabenordnung alle Gewerbetreibenden ab Überschreiten bestimmter Umsatz- bzw. Gewinngrenzen zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen. Die Umsatzgrenze liegt derzeit bei 500.000 Euro, die Gewinngrenze bei 50.000 Euro.
Hinweis: Auch Privatleute haben seit dem 31. Juli 2004 eine zweijährige Aufbewahrungspflicht zu beachten. Sie bezieht sich auf Rechnungen, Zahlungsbelege oder andere beweiskräftige Unterlagen, die Privatpersonen im Zusammenhang mit Leistungen an einem Grundstück erhalten haben. Zu den Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück gehören u. a. sämtliche Bauleistungen, planerische Leistungen, die Bauüberwachung, Renovierungsarbeiten, das Anlegen von Bepflanzungen, Gerüstbau. Auf diese Aufbewahrungspflicht der Privatperson hat der Unternehmer nach dem Umsatzsteuergesetz in der Rechnung hinzuweisen.

3. Was ist aufzubewahren?

Aus steuerrechtlichen Gründen sind sämtliche Bücher und Aufzeichnungen aufzubewahren, die für die Besteuerung von Bedeutung sind. § 147 Abs. 1 AO nennt im Einzelnen folgende Unterlagen:
  • Bücher (bei Kaufleuten Handelsbücher) und Aufzeichnungen
  • Inventare
  • Jahresabschlüsse
    bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung
  • Lageberichte
  • Eröffnungsbilanz
  • die zum Verständnis dieser Unterlagen erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen
  • empfangene Handels- und Geschäftsbriefe
  • Wiedergaben der abgesandten Handels- und Geschäftsbriefe
  • Buchungsbelege
  • Unterlagen, die einer mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebenen Zollanmeldung nach Art. 77 Abs. 1 i.V.m. Art. 62 Abs. 2 Zollkodex beizufügen sind, sofern die Zollbehörden auf ihre Vorlage verzichtet oder sie nach erfolgter Vorlage zurückgegeben haben und
  • sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind.
Zu den Büchern (Handelsbücher) und Aufzeichnungen gehören Grundbuch sowie Haupt- und Nebenbücher, wobei Letztere bei der doppelten Buchführung in Form von Konten geführt werden. Bei der Offene-Posten-Buchhaltung ersetzen Belege die sonst zu führenden Konten. Hierbei kommt es nur darauf an, ob die Bücher für die Besteuerung irgendwie von Bedeutung sind. Inventare sind Aufzeichnungen über die körperliche und wertmäßige Bestandsaufnahme aller Vermögensgegenstände und Schulden. Je nach Art und angewandtem Verfahren müssen zusätzlich Inventuranweisungen, Verfahrensbeschreibungen o.ä. Aufzeichnungen aufbewahrt werden. Nach AO und HGB sind die Arbeitanweisungen und Organisationsvorschriften aufzubewahren, die zum Verständnis der Bücher etc. notwendig sind.
Hierunter fallen auch Unterlagen, die die Technik eines DV-Buchführungssystems erläutern. Als Geschäftsbrief (Handelsbrief) gilt jegliche Korrespondenz, die der Vorbereitung, der Durchführung oder der Rückgängigmachung eines Geschäftes dient. Korrespondenz, die nicht zum Abschluss eines Geschäfts geführt hat (z.B. nicht erfolgreiche Angebote, Werbeflyer, Prospekte), ist kein Handels-/Geschäftsbrief. Buchungsbelege haben die Funktion nachzuweisen, dass einem gebuchten Sachverhalt auch ein tatsächlich existierender Vorgang zugrunde liegt. Dabei sind alle Sachverhalte buchungspflichtig, die eine Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Unternehmens haben. Oft sind externe Buchungsbelege zugleich auch Geschäftsbriefe. Sonstige Unterlagen sind beispielsweise Kalkulationsunterlagen, Ausfuhrbelege oder Bewertungen von Eigenleistungen. Ihre Bedeutung für die Besteuerung ist im Einzelfall zu prüfen.
Speziell geregelt ist in § 14b UStG die Aufbewahrung von Rechnungen. Danach hat ein Unternehmer eine Doppel der Rechnungen, die er selbst oder ein Dritter in seinem Namen und auf seine Rechnung ausgestellt hat, sowie alle Rechnungen, die er erhalten oder die ein Leistungsempfänger oder in dessen Namen und auf dessen Rechnung ein Dritter ausgestellt hat, aufzubewahren. Dies gilt auch in Fällen, in denen die Steuerschuld auf den letzten Abnehmer bzw. den Leistungsempfänger verlagert ist.

4. Wie lange ist aufzubewahren?

Die Aufbewahrungsfrist für Bücher und Aufzeichnungen, Jahresabschluss, Inventare, Lageberichte, Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeistanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen, Buchungsbelege, Unterlagen, die einer mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebenen Zollanmeldung beizufügen sind (ATLAS), sofern die Zollbehörden auf ihre Vorlage verzichtet oder sie nach erfolgter Vorlage zurückgegeben haben, und Rechnungen beträgt zehn Jahre. Alle anderen aufbewahrungspflichtigen Geschäftsunterlagen sind sechs Jahre aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist beginnt jeweils mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt, der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist, ferner die Aufzeichnung vorgenommen worden ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann sich die Aufbewahrungsfrist auch verlängern. Dies ist der Fall, wenn das Schriftgut für Steuern von Bedeutung ist, bei denen die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist (nach Ablauf der Festsetzungsfrist ist eine Steuerfestsetzung sowie ihre Aufhebung oder Änderung nicht mehr zulässig). Der Ablauf der Festsetzungsfrist kann durch eine Reihe von Ereignissen gehemmt werden.
Nach einem BMF-Schreiben vom 25. Oktober 1977 sind Unterlagen nach Ablauf der Aufbewahrungsfristen nur dann noch länger aufzubewahren, wenn und soweit sie für folgende Sachverhalte von Bedeutung sind:
  • für eine begonnen Außenprüfung
  • für eine vorläufige Steuerfestsetzung nach § 165 AO
  • für anhängige steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen
  • für ein schwebendes oder aufgrund einer Außenprüfung zu erwartendes Rechtsbehelfsverfahren
  • zur Begründung von Anträgen des Steuerpflichtigen

5. In welcher Form müssen Unterlagen aufbewahrt werden?

Für die Aufbewahrung sind gesetzlich folgende Formen vorgeschrieben beziehungsweise zugelassen:
  • Jahresabschlüsse, Eröffnungsbilanzen und Unterlagen, die einer mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebenen Zollanmeldung beizufügen sind, sofern die Zollbehörden auf ihre Vorlage verzichtet oder sie nach erfolgter Vorlage zurückgegeben haben, sind nach § 147 Abs.2 AO im Original aufzubewahren.
    Wichtig: Für Ausfuhrbelege, bei denen die Originale mit Dienststempelabdrucken versehen sind, bei denen die Stempelfarben Pigmentierungen enthalten, ist nach Auffassung der Finanzverwaltung eine originalgetreue Wiedergabe im Wege der digitalen Archivierung technisch nicht darstellbar. Daher wird für solche Dokumente eine Aufbewahrung im Original verlangt. Vergleiche hierzu auch .
    Vorsicht ist auch geboten bei Eingangsrechnungen, aus denen die Vorsteuer geltend gemacht wird. Hier gilt, dass dem Unternehmer, der den Vorsteuerabzug in Anspruch nimmt, die Originalrechnung vorgelegen haben muss. Hierfür trägt er die objektive Beweislast. Diesen Nachweis kann er zwar mit allen verfahrensrechtlich zulässigen Beweismitteln führen. Im Einzelfall wird dies jedoch schwierig sein, so dass eine Aufbewahrung im Original zum Ausschluss jeglichen Risikos empfehlenswert sein kann.
  • Handels- und Geschäftsbriefe und Buchungsbelege sind so aufzubewahren, dass ihre Wiedergabe bildlich mit dem Original übereinstimmt.
  • Bei allen anderen aufbewahrungspflichtigen Unterlagen reicht die inhaltliche Wiedergabe aus.
  • Für elektronische Rechnungen, die seit 1. Juli 2011 auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs grundsätzlich anerkannt werden, gilt, dass diese grundsätzlich auch digital zu archivieren sind. Ein bloßer Papierausdruck der elektronisch übersandten Rechnung genügt nicht.
Beachte: Durch eine Änderung der Abgabenordnung mit Wirkung ab 1. Januar 2002 ist die vorstehend beschriebene Wahlfreiheit bezüglich der Form der Aufbewahrung eingeengt worden. Unterlagen, die steuerlich relevant und zugleich originär digital sind, müssen in einer Form aufbewahrt werden, dass sie maschinell ausgewertet werden können. Dies bedeutet, dass für steuerlich relevante, originär digitale Unterlagen, für die bis zum 31. Dezember 2001
  • die bildliche Wiedergabe auf Papier, Mikrofilm oder als Image in einem optischen Archiv oder
  • die inhaltliche Wiedergabe auf einem beliebigen Datenträger
zulässig war, diese für sich alleine nicht mehr ausreicht. Sie dürfen neben der neu geforderten Form, nach der eine maschinelle Auswertung möglich sein muss, nur zusätzlich in den vor dem 1. Januar 2002 zulässigen Formen aufbewahrt werden (vgl. hierzu auch Punkt 7).

5.1 Aufbewahrung im Original

Die Aufbewahrung im Original muss gesichert und geordnet erfolgen. Eine gesicherte Aufbewahrung bedeutet, dass der Raum oder das Gebäude, in dem die Unterlagen aufbewahrt werden, vor Einwirkungen wie Feuer, Wasser und Feuchtigkeit geschützt ist. Insbesondere muss auch gewährleistet sein, dass die Schrift auf dem verwendeten Papier nicht verblasst. Die geordnete Aufbewahrung erfordert, dass ein sachverständiger Dritter die Unterlagen in angemessener Zeit prüfen können muss. Hierzu kann beispielsweise ein Regelwerk dienen, in dem unter anderem festgelegt wird, welche Unterlagen nach welchen Ordnungskriterien archiviert werden und wer dafür verantwortlich ist.

5.2 Die bildliche Wiedergabe

Die bildliche Wiedergabe erfordert die originalgetreue Übertragung des Bildes auf das Speichermedium sowie die gesicherte und geordnete Aufbewahrung der Speichermedien und eine lesbare bildliche Wiedergabe bei Bedarf. Dabei kann die bildliche Wiedergabe auch kleinformatiger wieder hergestellt werden. Sie muss allerdings alle auf dem Original angebrachten Sicht-, Kontroll- und Bearbeitungsvermerke enthalten. Im Einzelfall kann auch der Farbe Beweiskraft zukommen, z. B. bei einer Rechnung, wenn allein die Farbe beweist, dass es sich dabei um das Original und nicht um den Durchschlag handelt.
Bitte beachten Sie:
Für die digitale Archivierung von Ausfuhrbelegen hat die Oberfinanzdirektion Koblenz im Einvernehmen mit dem BMF und den Ländern mit Verfügung vom 7. Mai 2007 bekannt gegeben, dass eine Löschung nach elektronischer Archivierung zwar grundsätzlich zulässig sei. Dies gelte jedoch nicht, wenn die Originalbelege Zollstempel enthielten. Denn die Echtheit von Stempelabdrücken könnte nur anhand der Originalunterlagen überprüft werden. Dies gelte auch ? was überrascht ? für Stempelabdrücke, die keine speziellen Pigmentierungen enthielten. Soweit Ausfuhrbelege mit Dienststempelabdrucken ohne Farbpigmentierungen digitalisiert und danach vernichtet wurden, werde dies aber nicht beanstandet, soweit die Digitalisierung und Vernichtung vor dem 1. Mai 2007 erfolgt sind. Für Zeiträume davor, hatte die Oberfinanzdirektion Koblenz mit Verfügung vom 1. Januar 2006 die zwischen Bund und Ländern abgestimmte Auffassung veröffentlicht, wonach die Vernichtung von Originalbelegen mit Dienststempelabdrucken, bei denen die Stempelfarben Pigmentierungen enthalten, nicht in Betracht kommt.
Ausfuhrbelege mit Dienststempelabdrucken sind daher nach der Verfügung grundsätzlich zehn Jahre im Original aufzubewahren. Andere Ausfuhrbelege nebst den dazugehörigen anhängenden Rechnungen können dagegen nach digitaler, farbgetreuer Speicherung vernichtet werden. Die Frage, in welcher Auflösung und Farbtiefe die Speicherung zu erfolgen hat, hat der Unternehmer nach der Verfügung mit dem zuständigen Finanzamt zu klären. Sie finden den Volltext der Verfügung vom 7. Mai 2007 in der seitlichen Linkleiste.

5.3 Die inhaltliche Wiedergabe

Die inhaltliche Wiedergabe erfordert, dass die aufzubewahrenden Informationen vollständig und richtig auf das magnetische Speichermedium übernommen werden, dass der Inhalt während der Aufbewahrung nicht verändert wird und das die Wiedergabe während der Aufbewahrungsfrist möglich ist.

5.4 Beweiskraft

Als Unternehmer sollten Sie sich vor Vernichtung der Originalunterlagen immer fragen, ob eine Aufbewahrung im Original aus Beweisgründen notwendig bzw. im Einzelfall abseits dessen sinnvoll ist. Die Aufbewahrung des Originals kann auch aus Gründen der Beweiserheblichkeit im Prozess notwendig sein. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Rechtsanspruch nur durch das Original zu beweisen ist (z. B. bei Vollmachten, Wertpapieren).
Grundsätzlich genügt die Möglichkeit der bildlichen Wiedergabe zur Beweissicherung. Sie unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung. Als Urkundenbeweise gelten nur schriftliche Äußerungen. Opto-elektronisch gespeicherte Daten gelten deshalb vor Gericht nicht als Urkunden im Sinne der Zivilprozessordnung. Ihnen fehlt die für Urkunden erforderliche Schriftlichkeit, da bei diesen Speichermedien Belege digital aufgezeichnet werden und sie deshalb nur maschinell darstellbar sind.

6. Wo muss aufbewahrt werden?

Nach der steuerlichen Vorschrift (§ 146 Abs. 2 AO) ist das aufbewahrungspflichtige Schriftgut grundsätzlich in Deutschland aufzubewahren. Die zuständige Finanzbehörde kann jedoch auf schriftlichen Antrag des Steuerpflichtigen abweichend vom vorgenannten Grundsatz bewilligen, dass elektronische Bücher und sonstige erforderliche elektronische Aufzeichnungen im Ausland geführt und aufbewahrt werden können. Voraussetzungen sind, dass
  1. der Steuerpflichtige der zuständigen Finanzbehörde den Standort des Datenverarbeitungssystems und bei Beauftragung eines Dritten dessen Namen und Anschrift mitteilt,
  2. der Steuerpflichtige seinen sich aus den §§ 90, 93, 97, 140 bis 147 und 200 Absatz 1 und 2 ergebenden Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist,
  3. der Datenzugriff nach § 147 Absatz 6 in vollem Umfang möglich ist und
  4. die Besteuerung hierdurch nicht beeinträchtigt wird.
Das Handelsgesetzbuch schreibt keinen bestimmten Ort vor, doch müssen die Unterlagen in einer angemessenen Zeit vorgelegt werden können (§ 239 Abs. 4 HGB).
Hinsichtlich der Aufbewahrung von Rechnungen ist zu beachten, dass im Inland ansässige Unternehmer alle Rechnungen im Inland aufzubewahren haben. Handelt es sich allerdings um eine elektronische Aufbewahrung, die eine vollständige Fernabfrage der betreffenden Daten gewährleistet, darf der Unternehmer die Rechnungen auch im übrigen Gemeinschaftsgebiet aufbewahren. Es ist jedoch dem Finanzamt mitzuteilen, wenn die Rechnungen nicht im Inland aufbewahrt werden.

7. Besonderheiten für originär digitale Daten durch den EDV-Zugriff der Finanzverwaltung

Bei originär digitalen Daten hat die Finanzbehörde seit 1. Januar 2002 das Recht, im Rahmen einer Außenprüfung Einsicht in die gespeicherten Daten zu nehmen und das Datenverarbeitungssystem zur Prüfung der Unterlagen zu nutzen. Der EDV-Zugriff der Finanzverwaltung beschränkt sich ausschließlich auf Daten, die für die Besteuerung von Bedeutung sind. Hierzu gehören nach Auffassung der Finanzverwaltung in jedem Fall die Daten in den Bereichen Finanzbuchhaltung, Lohnbuchhaltung und Anlagenbuchhaltung. Aber auch Daten aus anderen Bereichen können hierzu gehören, soweit sie für die Besteuerung relevant sind.
Der aufbewahrungspflichtigen Unternehmer muss also originär digitale Daten immer in einer maschinell auswertbaren Form aufbewahren und bereitstellen. Dabei sind als "originär digital" die Daten anzusehen, die in das Datenverarbeitungssystem in elektronischer Form eingehen oder im Datenverarbeitungssystem erzeugt werden. Maschinell auswertbar sind Unterlagen, wenn sie maschinell gelesen, maschinell sortiert und maschinell selektiert/gefiltert werden können.

7.1 Formen des Datenzugriffs

Die Finanzverwaltung kann in folgenden drei Varianten auf die Daten des Steuerpflichtigen Zugriff nehmen:
  • Nur-Lese-Zugriff
  • Mittelbarer Datenzugriff
  • Datenträgerüberlassung
Im Rahmen des Nur-Lese-Zugriffs greift die Finanzbehörde selbst unmittelbar auf das Datenverarbeitungssystem des Steuerpflichtigen in der Form zu, dass sie Einsicht in die gespeicherten Daten nimmt und die vorhandene Hard- und Software zu Prüfung der Daten nutzt. Der Nur-Lese-Zugriff umfasst das Lesen, Filtern und Sortieren der Daten, eine Fernabfrage (Online-Zugriff) durch den Betriebsprüfer ist nicht möglich.
Beim mittelbaren Datenzugriff kann die Finanzbehörde verlangen, dass Daten nach ihrer Vorgabe maschinell ausgewertet werden, um den Nur-Lese-Zugriff durchführen zu können. Dabei kann die Finanzbehörde nur solche Auswertungen verlangen, wie sie das Datenverarbeitungssystem des Steuerpflichtigen ermöglicht.
Bei der Datenträgerüberlassung kann die Finanzbehörde verlangen kann, dass ihr die steuerlich relevanten Unterlagen auf einem maschinell lesbaren Datenträger zur Auswertung überlassen werden.

7.2 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Für den Unternehmer bedeuten diese Vorschriften ein erhebliches Mehr an Kosten und organisatorischem Aufwand. Um den Aufwand für den Steuerpflichtigen im Rahmen zu halten, hat das Bundesministerium für Finanzen in dem BMF-Schreiben "Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU)" den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit formuliert. Danach kann die Finanzbehörde beim mittelbaren und unmittelbaren Datenzugriff beispielsweise nicht verlangen, dass vor dem 1. Januar 2002 archivierte Daten nochmals in das Datenverarbeitungssystem eingespeist werden, wenn dies nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich wäre. Darüber hinaus ist es im Falle eines Systemwechsels nicht erforderlich, die ursprüngliche Hard-/Software vorzuhalten, wenn die maschinelle Auswertbarkeit der Altdaten (Daten, die nach dem 31. Dezember 2001 archiviert wurden) auch durch das neue System gewährleistet ist.

7.3 Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen

Die Abgabenordnung verpflichtet den Steuerpflichtigen zur Mitwirkung bei der Feststellung der für die Besteuerung erheblichen Sachverhalte. Die GDPdU definieren speziell für den Fall des EDV-Zugriffs der Finanzverwaltung die Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen. So muss dieser beim unmittelbaren Datenzugriff dem Prüfer die erforderlichen Hilfsmittel zur Verfügung stellen, ihn in das System einweisen und die Zugangsberechtigung des Prüfers so gestalten, dass er auf alle steuerlich relevanten Daten zugreifen und die vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten nutzen kann. Beim mittelbaren Datenzugriff gehört zur Mitwirkungspflicht insbesondere das zur Verfügungstellen einer mit dem Datenverarbeitungssystem vertrauten Person.

7.4 Fragen und Antworten-Katalog zum Datenzugriffsrecht der Finanzverwaltung

Das BMF stellt eine regelmäßig aktualisierte Übersicht über Fragen zusammen, zu denen die Finanzverwaltung bereits Stellung genommen hat. Der Katalog gibt unter anderem Auskünfte darüber, welche Möglichkeiten des Datenzugriffs bestehen und welche Daten steuerlich relevant sind. Der Katalog wurde zuletzt am 22. Januar 2009 aktualisiert und ist hier abrufbar.

8. Folgen bei Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten

Werden die Aufbewahrungspflichten nicht eingehalten und entspricht die Buchführung damit nicht den §§ 140 bis 148 AO, so ist die Finanzbehörde berechtigt, die Besteuerungsgrundlage zu schätzen. Weiterhin kann bei der Verletzung der Buchführungspflichten je nach Einzelfall aufgrund der Verwirklichung von Steuerstraftatbeständen oder anderen Straftatbeständen eine nicht unerhebliche Freiheitsstrafe drohen.