Betriebsbedingte Kündigung: Abbau einer Hierarchieebene und Umverteilung von Aufgaben bedürfen Erläuterung
In einem vom Arbeitsgericht (ArbG) Siegburg zu entscheidenden Fall stritten die Parteien um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 30. Dezember 2024:
Die beklagte Arbeitgeberin, die mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit gemäß § 23 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) beschäftigt, hatte gegenüber der Klägerin eine ordentliche Kündigung zum 31. März 2025 ausgesprochen. Dagegen wandte sich die Arbeitnehmerin mit der Kündigungsschutzklage und vertrat die Ansicht, dass die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt sei. Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass ihre Aufgaben ersatzlos entfallen seien.
Das Arbeitsgericht (ArbG) Siegburg gab der Arbeitnehmerin Recht: Es bejahte die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes, sah aber keine dringenden betrieblichen Gründe im Sinne von § 1 Absatz 2 KSchG für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegeben und begründete dies wie folgt:
In den Fällen, in denen die Organisationsentscheidung des Arbeitgebers und sein Kündigungsentschluss praktisch deckungsgleich seien, müsse der Arbeitgeber konkrete Angaben dazu machen, wie sich seine Organisationsentscheidung auf die Einsatzmöglichkeiten der Arbeitnehmer auswirke. Laufe die unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus, verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedürfe es näherer Darlegungen, damit geprüft werden könne, ob der Beschäftigungsbedarf für den betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich entfallen und die Entscheidung weder offensichtlich unsachlich noch willkürlich sei. Der Arbeitgeber müsse konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher von dem betroffenen Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen würden. Er müsse die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben auf die zukünftige Arbeitsmenge anhand einer schlüssigen Prognose konkret darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden könnten.
Die Beklagte erfülle mit ihrem Vortrag diese Voraussetzungen nicht: Im Streitfall habe der Entschluss der Beklagten, die Stelle der Klägerin zu streichen, taggleich mit dem Ausspruch der Kündigung gelegen. Sie habe allein den Abbau der Stelle der Klägerin zum Gegenstand und gehe einher mit einer Umverteilung der der Klägerin zugewiesenen Aufgaben auf die Geschäftsführung und die Verwaltung, mithin auch auf andere Arbeitnehmer. Es habe daher einer näheren Erläuterung dieses Entschlusses und dessen Umsetzbarkeit bedurft. Hieran fehle es vollständig: Die behauptete unternehmerische Entscheidung hinsichtlich der organisatorischen Durchführbarkeit sei in keiner Weise dargelegt worden sei.
ArbG Siegburg, Urteil vom 26. Juni 2025, Az.: 5 Ca 347/25