Verspätete Rückkehr allein rechtfertigt keine Kündigung

Ein Arbeitgeber darf eine Kündigung wegen unentschuldigten Fernbleibens nach dem Urlaub nicht allein auf die Ungewissheit über eine Rückkehr stützen – zumindest nicht, wenn keine konkreten betrieblichen Ablaufstörungen dargelegt werden. Das hat das Arbeitsgericht (ArbG) Herne in einem aktuellen Urteil vom 8. Mai 2025 entschieden.
Ein Logistikarbeiter war seit 2019 bei einem internationalen Paketspeditionsunternehmen mit 20 Wochenstunden beschäftigt. Vom 16. September bis 25. Oktober 2024 hatte er Urlaub, den er in Somalia verbrachte. Die Rückreise über Addis Abeba war gebucht, jedoch trat der Arbeitnehmer trat seine Arbeit am 28. Oktober 2024 nicht wieder an. Eine persönliche Abmeldung oder Krankmeldung erfolgte nicht. Am selben Tag ging jedoch ein Anruf eines Dritten bei der Arbeitgeberin ein, wonach sich der Kläger noch in Afrika befinde.
Im Verlauf der folgenden Wochen erhielt der Kläger zwei Abmahnungen (am 26. November und 4. Dezember 2024) wegen unentschuldigten Fehlens. Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis am 20. Januar 2025 ordentlich zum 31. März 2025. Der Kläger kehrte am 4. Februar 2025 nach Deutschland zurück und bot seine Arbeitskraft am Folgetag an.
Er trug vor, dass ihm vor Abflug der Aufenthaltstitel am Flughafen gestohlen worden sei und er ohne diesen das Flugzeug nicht habe besteigen dürfen. Die Wiederbeschaffung habe sich über die deutsche Botschaft bis Ende Januar hingezogen.
Das ArbG Herne gab der Kündigungsschutzklage statt. Die Kündigung sei nicht sozial gerechtfertigt im Sinne des Paragrafen 1 Absatz 1 und 2 Kündigungsschutzgesetz (KSchG): Zwar habe der Kläger durch sein Fernbleiben objektiv eine erhebliche Pflichtverletzung begangen. Doch sei ihm diese unter den gegebenen Umständen nicht vorwerfbar. Das Gericht erkannte in seinem Verhalten keine derart schwerwiegende Pflichtverletzung, die eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen könnte.
Entscheidend war, dass die Arbeitgeberin keine konkreten betrieblichen Auswirkungen durch das Fehlen des Klägers dargelegt hatte. Allein die Unsicherheit über eine Rückkehr genüge nicht – jedenfalls nicht bei einer Abwesenheit von etwa drei Monaten. Für kürzere Fehlzeiten seien konkrete betriebliche Störungen erforderlich, etwa durch mangelnde Planbarkeit oder fehlende Vertretungsmöglichkeiten.
Zudem habe der Kläger zumindest versucht, seine Rückkehrprobleme mitzuteilen: Neben dem Anruf eines Dritten am 28. Oktober 2024 legte er auch E-Mails vor, mit denen er über den Aufenthaltstitelverlust und seine Kontaktaufnahme mit der Botschaft informierte. Das reiche aus, um ein konsistentes Bemühen um Information anzunehmen.
ArbG Herne, Urteil vom 8. Mai 2025, Az.: 4 Ca 208/25