Genossenschaftsanteile: Nur Einlage zählt – kein Anspruch auf Mehrwert
Mit Beschluss vom 18. März 2025 hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Grenzen eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen einer genossenschaftlichen Verschmelzung klargestellt:
Mitglieder der übertragenden Genossenschaft könnten im Spruchverfahren nur einen Ausgleich verlangen, wenn der Nominalwert ihres Geschäftsguthabens im Zuge der Verschmelzung tatsächlich reduziert worden sei. Eine Bewertung anhand des „inneren Werts“ der Anteile – etwa unter Berücksichtigung von Rücklagen oder stillen Reserven – sei rechtlich ausgeschlossen.
Der Antragsteller war mit zwei voll eingezahlten Geschäftsanteilen zu je 125 Euro (insgesamt 250 Euro) Mitglied einer Genossenschaft, die im Jahr 2021 mit einer weiteren Genossenschaft verschmolzen wurde. Bei der aufnehmenden Genossenschaft betrug der Geschäftsanteil künftig nur noch 25 Euro, sodass die Geschäftsguthaben im Verhältnis 1:10 umgerechnet wurden. Der Antragsteller sah darin einen erheblichen Wertverlust und verlangte im Spruchverfahren eine Ausgleichszahlung in Höhe von 1.063 Euro.
Sowohl das Landgericht als auch das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) wiesen den Antrag ab. Der BGH bestätigte nun diese Entscheidungen in letzter Instanz.
Kern der Entscheidung ist die Auslegung von Paragraf 85 Absatz 2 Umwandlungsgesetz (UmwG). Danach ist das „Geschäftsguthaben“ im Sinne der Vorschrift ausschließlich der Nominalwert der Beteiligung, also der tatsächlich eingezahlte Betrag auf den oder die Geschäfts-anteile, zuzüglich etwaiger Gewinn- oder Rückvergütungsgutschriften, abzüglich etwaiger Verlustabschreibungen.
Eine wirtschaftliche Bewertung, die Rücklagen oder stille Reserven der Genossenschaft berücksichtigt, sei ausgeschlossen. Das bedeutet: Selbst wenn sich der innere Wert der Anteile durch die Verschmelzung objektiv verringert hat, besteht kein Anspruch auf finanziellen Ausgleich, solange der Nominalwert gewahrt bleibt.
Der BGH betont, dass diese Regelung kein Zufall, sondern bewusst gesetzgeberisch gewollt sei. Sie diene dem Ziel, das Eigenkapital der übernehmenden Genossenschaft zu sichern und eine übermäßige Kapitalabwanderung zu verhindern. Zugleich solle ein finanzieller Anreiz zum Ausscheiden von Mitgliedern nach einer Verschmelzung vermieden werden, um die Mitgliederbindung zu stärken.
Eine verfassungsrechtliche Überprüfung oder Einschränkung der Vorschrift lehnte der BGH ausdrücklich ab. Auch eine „teleologische Reduktion“ der Norm – also eine richterliche Korrektur aufgrund ungewollter Härtefälle – komme nicht in Betracht, da es sich um eine bewusst gesetzte Grenze handele.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18. März 2025; Az.: II ZB 7/24