Gehaltszahlung nach Kündigung und Freistellung: Neue Rechtsprechung bringt Klarheit für Unternehmen

Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) klärt eine seit Langem umstrittene Rechtsfrage: Arbeitgeber dürfen die Gehaltszahlung an freigestellte Arbeitnehmer nicht mit der Begründung verweigern, dass sich diese nicht aktiv um eine neue Anstellung bemüht haben. Das Urteil hat weitreichende Auswirkungen für Unternehmen, die ihre Personalstrategien entsprechend anpassen sollten.

Im vorliegenden Fall hatte ein Unternehmen einem Senior Consultant gekündigt und ihn bis zum Ende der Kündigungsfrist unwiderruflich von der Arbeit freigestellt. Während der Freistellungsphase forderte der Arbeitgeber den Mitarbeiter aktiv auf, sich um eine neue Stelle zu bemühen, und sandte ihm insgesamt 43 Stellenangebote aus verschiedenen Online-Portalen zu. Der Arbeitnehmer bewarb sich jedoch erst gegen Ende der Kündigungsfrist auf sieben dieser Angebote.

Verärgert darüber verweigerte der Arbeitgeber die Zahlung des letzten Monatsgehalts in Höhe von 6.440 Euro brutto mit der Begründung, dass der Mitarbeiter böswillig eine anderweitige Einkommensmöglichkeit unterlassen habe.

Der Arbeitnehmer klagte erfolgreich auf Zahlung seines ausstehenden Gehalts: Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass der Arbeitgeber sich nach einer einseitigen Freistellung im Annahmeverzug befinde und daher die volle Vergütung nach Paragraf 615 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) schulde. Eine Anrechnung unterlassener Erwerbsmöglichkeiten nach Paragraf 615 Satz 2 BGB sei nur unter besonderen Umständen möglich.

Das Gericht stellte fest, dass Arbeitnehmer nicht verpflichtet seien, sich während der Freistellungsphase aktiv um eine neue Anstellung zu bemühen, solange keine böswillige Unterlassung vorliege. Eine solche liege nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer in treuwidriger Weise eine naheliegende und zumutbare Erwerbsmöglichkeit bewusst ausschlage. Dies konnte das Gericht im konkreten Fall nicht feststellen.

Das Urteil des BAG sorgt für Rechtsklarheit und stellt hohe Anforderungen an Unternehmen bei Freistellungen. Die Praxis, Arbeitnehmer zur frühzeitigen Aufnahme einer neuen Stelle zu drängen oder das Gehalt einseitig zu kürzen, ist rechtlich nicht haltbar.

BAG, Urteil vom 12. Februar 2025, Az.: 5 AZR 127/24