Verhältnismäßigkeit einer Probezeit hängt vom Einzelfall ab
Für die Verhältnismäßigkeit einer vereinbarten Probezeit in einem befristeten Arbeitsverhältnis im Sinne von § 15 Absatz 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) gibt es keinen Regelwert.
Vielmehr ist nach einem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 30. Oktober 2025 stets eine Einzelfallabwägung unter Berücksichtigung der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit durchzuführen.
Die Klägerin arbeitete seit 22. August 2022 bei der Beklagten, wobei das Arbeitsverhältnis auf ein Jahr befristet war. Es sollte mit den gesetzlichen Fristen kündbar sein. Die ersten vier Monate der Tätigkeit vereinbarten die Parteien als Probezeit mit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist.
Mit einem am 10. Dezember 2022 zugegangenen Schreiben kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 28. Dezember 2022. Dagegen hat sich die Klägerin mit ihrer Klage gewandt und geltend gemacht, die vereinbarte Probezeit sei unverhältnismäßig lang, so dass das Arbeitsverhältnis frühestens mit der gesetzlichen Frist des § 622 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum 15. Januar 2023 enden könne. Es sei aber davon auszugehen, dass wegen Unwirksamkeit der Probezeitklausel die Vereinbarung der Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses nach § 15 Absatz 4 TzBfG insgesamt entfalle. Jedenfalls bedürfe die Kündigung der sozialen Rechtfertigung, weil die Wartezeit des § 1 Absatz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nur so lang sein könne, wie eine zulässig vereinbarte verhältnismäßige Probezeit, die vorliegend mit drei Monaten anzusetzen sei.
Das Landesarbeitsgericht als Vorinstanz hatte die Probezeit als unverhältnismäßig angesehen: Es sei von einem Regelwert von 25 Prozent der Dauer der Befristung auszugehen, hier also drei Monate. Gründe, davon abzuweichen, lägen nicht vor. Die Kündigung sei dennoch wirksam, beende das Arbeitsverhältnis aber erst zum 15. Januar 2023.
Dies sah das BAG anders: Es gebe keinen Regelwert von 25 Prozent der Dauer der Befristung für eine verhältnismäßige Probezeit. Vielmehr sei in jedem Einzelfall stets eine Abwägung unter Berücksichtigung der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit durchzuführen. Angesichts des von der Beklagten aufgestellten detaillierten Einarbeitungsplans mit drei verschiedenen Phasen von insgesamt 16 Wochen Dauer, nach denen die Mitarbeiter produktiv einsatzfähig sein sollten, sah das BAG eine Probezeitdauer von vier Monaten als verhältnismäßig an. Auch dann, wenn eine unzulässige Probezeitdauer vereinbart worden wäre, hätte keine rechtliche Veranlassung bestanden, von einer Verkürzung der gesetzlichen Wartezeit des § 1 Absatz 1 KSchG auszugehen.
BAG-Urteil vom 30. Oktober 2025; Az.: 2 AZR 160/24 (Pressemitteilung 40/25 vom 30. Oktober 2025)
Die Klägerin arbeitete seit 22. August 2022 bei der Beklagten, wobei das Arbeitsverhältnis auf ein Jahr befristet war. Es sollte mit den gesetzlichen Fristen kündbar sein. Die ersten vier Monate der Tätigkeit vereinbarten die Parteien als Probezeit mit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist.
Mit einem am 10. Dezember 2022 zugegangenen Schreiben kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 28. Dezember 2022. Dagegen hat sich die Klägerin mit ihrer Klage gewandt und geltend gemacht, die vereinbarte Probezeit sei unverhältnismäßig lang, so dass das Arbeitsverhältnis frühestens mit der gesetzlichen Frist des § 622 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum 15. Januar 2023 enden könne. Es sei aber davon auszugehen, dass wegen Unwirksamkeit der Probezeitklausel die Vereinbarung der Kündbarkeit des Arbeitsverhältnisses nach § 15 Absatz 4 TzBfG insgesamt entfalle. Jedenfalls bedürfe die Kündigung der sozialen Rechtfertigung, weil die Wartezeit des § 1 Absatz 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nur so lang sein könne, wie eine zulässig vereinbarte verhältnismäßige Probezeit, die vorliegend mit drei Monaten anzusetzen sei.
Das Landesarbeitsgericht als Vorinstanz hatte die Probezeit als unverhältnismäßig angesehen: Es sei von einem Regelwert von 25 Prozent der Dauer der Befristung auszugehen, hier also drei Monate. Gründe, davon abzuweichen, lägen nicht vor. Die Kündigung sei dennoch wirksam, beende das Arbeitsverhältnis aber erst zum 15. Januar 2023.
Dies sah das BAG anders: Es gebe keinen Regelwert von 25 Prozent der Dauer der Befristung für eine verhältnismäßige Probezeit. Vielmehr sei in jedem Einzelfall stets eine Abwägung unter Berücksichtigung der erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit durchzuführen. Angesichts des von der Beklagten aufgestellten detaillierten Einarbeitungsplans mit drei verschiedenen Phasen von insgesamt 16 Wochen Dauer, nach denen die Mitarbeiter produktiv einsatzfähig sein sollten, sah das BAG eine Probezeitdauer von vier Monaten als verhältnismäßig an. Auch dann, wenn eine unzulässige Probezeitdauer vereinbart worden wäre, hätte keine rechtliche Veranlassung bestanden, von einer Verkürzung der gesetzlichen Wartezeit des § 1 Absatz 1 KSchG auszugehen.
BAG-Urteil vom 30. Oktober 2025; Az.: 2 AZR 160/24 (Pressemitteilung 40/25 vom 30. Oktober 2025)
