Gewerberecht

Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit

1. Einleitung: Die Gewerbeuntersagung nach § 35 GewO

Als Ausdruck der im Grundgesetz verankerten Berufsfreiheit ist die selbstständige Ausübung eines stehenden Gewerbes grundsätzlich jedem gestattet, ohne dass es dafür einer Erlaubnis bedarf. Es ist aber zu beachten, dass auch ein solches erlaubnisfreies Gewerbe bei der zuständigen Behörde angemeldet werden muss (Anzeigepflicht).
Die Ausübung eines selbstständigen Gewerbes kann allerdings untersagt werden, wenn die für den Betrieb des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden nicht gegeben ist und eine Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist. Was dies für einen Gewerbetreibenden bedeutet, liegt auf der Hand: Die wirtschaftliche Existenz ist gefährdet!
Auf diesem Merkblatt möchten wir Ihnen zeigen, was eine Gewerbeuntersagung ist, wann eine solche droht, was für Folgen sie hat und was man unternehmen sollte, wenn eine Gewerbeuntersagung droht.

2. Was ist eine Gewerbeuntersagung?

Mit einer Gewerbeuntersagung wird einem Gewerbetreibenden vom zuständigen Bezirksamt untersagt, sein Gewerbe ganz oder teilweise auszuüben. Voraussetzung dafür ist zunächst, dass Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in Bezug auf dieses Gewerbe dartun. Als unzuverlässig ist anzusehen, wer nach dem Gesamtbild seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, das von ihm ausgeübte Gewerbe künftig (Zukunftsprognose) ordnungsgemäß zu betreiben. Zum Schutz der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten werden bei Anhaltspunkten, die für eine Unzuverlässigkeit sprechen, vom zuständigen Bezirksamt die maßgeblichen Tatsachen ermittelt und auf Basis dieser Ermittlungen die Erforderlichkeit einer völligen oder teilweisen Untersagung der Ausübung des Gewerbes geprüft.
Bei dem Gewerbeuntersagungsverfahren handelt es sich um ein förmliches Verwaltungsverfahren. Das bedeutet, dass dem betroffenen Gewerbetreibenden die Einleitung des Verfahrens immer schriftlich mitgeteilt und ausführlich begründet wird. Der Gewerbetreibende hat dann innerhalb einer vom zuständigen Bezirksamt gesetzten Frist, die mit der Zustellung des Schreibens des Bezirksamtes beginnt, Gelegenheit, sich zu dem Sachverhalt zu äußern.
Hinweis: Schon auf dieses Schreiben sollten Sie unbedingt reagieren!

3. Was sind die häufigsten Fälle, in denen es zu einer Gewerbeuntersagung kommt?

Häufig müssen Unternehmer finanzielle Engpässe überwinden. In solchen Situationen sehen sie oftmals die Zahlung von Löhnen und Gehältern als Arbeitgeber sowie von offenen Rechnungen an Lieferanten als ihre vorrangige Pflicht an. Die außerdem abzuführenden laufenden Steuern, die Beiträge an die Sozialversicherungsträger und an die Berufsgenossenschaften können jedoch oft nicht mehr zeitgleich, bzw. gar nicht mehr entrichtet werden. Viele Unternehmer wissen nicht, dass gerade durch das Finanzamt und die Krankenkassen Gewerbeuntersagungen wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden angeregt und dann von der zuständigen Behörde eingeleitet werden.
Das Vorliegen eines oder mehrerer nachstehend aufgeführten Merkmale begründet in der Praxis zumeist die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens:
  • Missachtung steuerrechtlicher Pflichten, d.h. Steuererklärungen werden nicht oder erheblich verzögert abgegeben und/oder Steuern werden nicht oder erheblich verspätet gezahlt, so dass Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt auflaufen.
  • Missachtung sozialversicherungsrechtlicher Pflichten, d.h. Sozialversicherungsbeiträge werden nicht abgeführt (Hinweis: Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, kann sich sogar strafbar machen!).
  • Begehung von Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, welche Bezug zum ausgeübten Gewerbe haben (Bsp.: Der Betreiber einer Kneipe wird wegen der unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels verurteilt).
  • Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (eV, früher Offenbarungseid) oder es ergeht ein Haftbefehl zur Erzwingung einer eidesstattlichen Versicherung.
  • Mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit.
  • Mangelndes berufliches Verantwortungsbewusstsein.

4. Mir droht eine Gewerbeuntersagung. Was kann ich tun?

Wichtig ist zunächst, dass die Angelegenheit von dem betroffenen Gewerbetreibenden ernst genommen wird. Es muss klar sein, dass sich das Problem nicht von selbst lösen wird. Je eher reagiert wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit das zuständige Bezirksamt davon zu überzeugen, dass er auch künftig sein Gewerbe ordnungsgemäß führen kann (Zukunftsprognose!).
Unnötige Schwierigkeiten im Zusammenhang mit einem Gewerbeuntersagungsverfahren lassen sich am ehesten vermeiden, wenn folgende Hinweise beachtet werden:
  • Reagieren Sie unbedingt auf Schreiben des zuständigen Bezirksamtes, insbesondere wenn darin die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens angekündigt wird. Sie sollten schriftlich oder telefonisch mit dem zuständigen Sachbearbeiter Kontakt aufnehmen. Die Kontaktdaten sollten sich auf dem Schreiben befinden.
  • Nehmen Sie vereinbarte Gespräche mit dem Bezirksamt unbedingt war.
  • Halten Sie Absprachen, die Sie mit dem Bezirksamt getroffen haben, z.B. die Vorlage eines Sanierungsplans, ein. Sollten Sie Absprachen mal nicht einhalten können, teilen Sie mit, warum Sie dazu nicht in der Lage waren.
  • Geben Sie dem Bezirksamt außerdem Auskunft über persönliche Schwierigkeiten, die zu ihrer persönlichen Situation beigetragen haben oder sogar ausschlaggebend dafür waren.
  • Sprechen Sie mit ihren Gläubigern (z.B. Finanzamt, Berufsgenossenschaft, Krankenkassen) und signalisieren Sie ihren Willen zur Tilgung der Schulden und versuchen Sie Ratenzahlungen zu vereinbaren.
  • Informieren Sie in jedem Fall das Bezirksamt über positive als auch negative Ergebnisse ihrer Gespräche mit ihren Gläubigern und belegen Sie diese wenn möglich schriftlich.

5. Welche Konsequenzen hat eine Gewerbeuntersagung?

Erlässt das Bezirksamt eine Gewerbeuntersagungsverfügung, wirkt sich dies für den betroffenen Gewerbetreibenden wie ein Berufsverbot aus. Die Gewerbeuntersagung verhindert rechtlich die Ausübung des Gewerbes durch den Betroffenen für die Zukunft. Ist die Gewerbeuntersagung sofort vollziehbar bedeutet dies, dass die gewerbliche Tätigkeit sofort eingestellt und das Gewerbe abgemeldet werden muss. Wird das Gewerbe trotzdem weitergeführt, drohen empfindliche Bußgelder. Ist die Gewerbeuntersagung bestandskräftig geworden, kann grundsätzlich erst nach einem Jahr (nur in Ausnahmefällen auch früher) ein Antrag auf Wiedergestattung der Ausübung des selbstständigen Gewerbes beim Bezirksamt gestellt werden. Voraussetzung für einen solchen Antrag ist dann, dass Tatsachen vorliegen, nach denen der betroffene Gewerbetreibende nicht mehr unzuverlässig, die Zukunftsprognose also wieder positiv ist.
Bitte beachten Sie, dass eine Gewerbeuntersagung grundsätzlich keine Auswirkungen bspw. auf laufende Miet- oder Lieferantenverträge hat. Die daraus entstehenden Kosten laufen also weiter.

6. Was kann man gegen eine Gewerbeuntersagung tun?

Betroffene können binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Gewerbeuntersagung schriftlich oder zur Niederschrift beim Bezirksamt Widerspruch gegen die Gewerbeuntersagung einlegen. Ist die Gewerbeuntersagung sofort vollziehbar, kann beim Verwaltungsgericht ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches gestellt werden. In diesem Fall sollte jedoch unbedingt anwaltlicher Rat hinzugezogen werden.

7. Was tut die Handelskammer Hamburg?

Das Bezirksamt bittet die Handelskammer Hamburg in der Regel um die Abgabe einer Stellungnahme zu der Gewerbeuntersagung. Der Betroffene Gewerbetreibende erhält dann in der Regel Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Endscheidung über die Gewerbeuntersagung trifft dennoch immer das Bezirksamt.