Recht und Steuern

Hamburger Freundschaftliche Arbitrage

Seit rund einem Jahrhundert lösen Kaufleute ihre Streitigkeiten mit Hilfe der Hamburger Freundschaftlichen Arbitrage unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte.

Erklärung

§ 20 der Platzusancen für den hamburgischen Warenhandel
in der Fassung der Bekanntmachung
vom 17. Oktober 1927 (Amtlicher Anzeiger Nr. 253 vom 19. Oktober 1927)
und der Änderungen
vom 11. Februar 1931 (Amtlicher Anzeiger Nr. 38 vom 14. Februar 1931)
vom 6. März 1951 (Amtlicher Anzeiger Nr. 64 vom 27. März 1951)
vom 15. August 1956 (Amtlicher Anzeiger Nr. 199 vom 4. September 1956) und
vom 4. September 1958 (Amtlicher Anzeiger Nr. 237 vom 13. Oktober 1958)
  1. Unter Arbitrage ist die Entscheidung von Streitigkeiten im Schiedswege unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte nicht nur über Qualitätsfragen, sondern auch über alle anderen aus dem Geschäft entstehenden Streitpunkte, insbesondere auch über Rechtsfragen zu verstehen, es sei denn, dass in dem Vertrage ausdrücklich etwas anderes vereinbart ist.
  2. Ist ”freundschaftliche Arbitrage”, ”Privatarbitrage” oder ”Hamburger Arbitrage” (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 1448 KB) vereinbart, so hat die betreibende Partei unter Namhaftmachung des von ihr gewählten Schiedsrichters die Gegenseite schriftlich aufzufordern, binnen einer angemessenen Frist ihrerseits den Schiedsrichter zu benennen. Als angemessen gilt eine Frist von drei Werktagen, wenn beide Parteien in Hamburg ihren Wohnsitz oder ihre gewerbliche Niederlassung haben, andernfalls eine solche von einer Woche. Durch Setzung einer zu kurzen Frist wird eine angemessene Frist in Lauf gesetzt. Ist die Gegenseite außerstande, die dreitägige Frist innezuhalten, so hat sie hiervon unter Darlegung der Gründe der betreibenden Partei vor Fristablauf schriftlich Mitteilung zu machen. Sie ist alsdann verpflichtet, spätestens binnen einer Woche seit der Aufforderung den Schiedsrichter zu benennen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird auf Antrag der betreibenden Partei der Schiedsrichter von der Handelskammer Hamburg ernannt. Die Ernennung eines Schiedsrichters ist nur dann rechtzeitig erfolgt, wenn die Mitteilung der betreibenden Partei innerhalb der vorgesehenen Frist zugegangen ist. Der Schiedsrichter muss im Gebiet der Bundesrepublik seinen Wohnsitz und seinen Aufenthaltsort haben. Die Ernennung eines Schiedsrichters, der diese Bedingung nicht erfüllt, ist unwirksam.
  3. Ein Schiedsrichter kann aus denselben Gründen und unter denselben Voraussetzungen abgelehnt werden, welche zur Ablehnung eines Richters berechtigen. Die Ablehnung kann außerdem erfolgen, wenn ein Schiedsrichter in der Erfüllung seiner Pflichten säumig ist. Ablehnungsgesuche sind an die Handelskammer Hamburg zu richten. Sie entscheidet nach Anhörung der Beteiligten. Nach Abschluss dieses Verfahrens bleibt den Parteien der in § 1037 ZPO vorgesehene Rechtsweg vorbehalten. Im Falle der Säumigkeit eines Schiedsrichters hat die Handelskammer Hamburg gleichzeitig einen Ersatzschiedsrichter zu bestellen.
  4. Können sich die Schiedsrichter nicht einigen, so haben sie einen Obmann zu ernennen. Kommt eine Einigung über den Obmann nicht zustande, so ist die Handelskammer Hamburg um Ernennung desselben zu ersuchen. Der Obmann hat sich mit den Schiedsrichtern ins Benehmen zu setzen und die Entscheidung mit diesen gemeinsam zu treffen. Lässt sich eine Einigung nicht erzielen, so ist die Entscheidung durch Mehrheitsbeschluss zu treffen. Die Entscheidung ist schriftlich abzugeben und von den sämtlichen Schiedsrichtern zu unterschreiben.
  5. Gerichtsstand ist Hamburg.
  6. Wird im Zusammenhang mit der Abrede ”freundschaftliche Arbitrage”, ”Privatarbitrage” oder ”Hamburger Arbitrage” auf andere Geschäftsbedingungen, Kontrakte oder dergleichen mit oder ohne Beifügung eines Zusatzes wie ”im übrigen”, ”nach”, ”auf Basis”, ”im Anschluss an” oder dergleichen verwiesen, so gelten die in Bezug genommenen Bestimmungen nur insoweit, als sie nicht zu den Vorschriften diese Paragraphen in Widerspruch stehen.
  7. Ist ”Handelskammer-Arbitrage” vereinbart, so haben Feststellungen über die Beschaffenheit der Ware, ihren etwaigen Minderwert oder über Marktpreise mangels ausdrücklicher anderer Vereinbarungen durch zwei von der Handelskammer Hamburg in Gemäßheit des Regulativs für Qualitätsfeststellungen vom 12. April 1911 zu ernennende Sachverständige zu erfolgen; sonstige Streitigkeiten jeglicher Art sind durch das Schiedsgericht der Handelskammer (vgl. Regulativ des Schiedsgerichts der Handelskammer Hamburg vom 9. Dezember 1948) zu entscheiden.
Lesen Sie die Bekanntmachung in der Originalfassung (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 44 KB).

Unterschiede zwischen dem Schiedsgericht der Handelskammer Hamburg und der Hamburger freundschaftlichen Arbitrage

Das Schiedsgericht der Handelskammer Hamburg, das seit 1884 existiert, administriert Schiedsverfahren nach seiner im Jahre 2004 modernisierten Schiedsgerichtsordnung. Einigen sich die Parteien eines Vertrages durch eine entsprechende Schiedsklausel darauf, dass das Schiedsgericht der Handelskammer Hamburg im Streitfall über den Konflikt entscheiden soll, so nimmt dieses den Schiedsrichtern und den Parteien die Administration des Verfahrens ab. Beratende Unterstützung erhalten die Schiedsrichter durch den Justiziar unserer Handelskammer, der sich in den Fall einarbeitet und bei kaufmännisch besetzten Schiedsgerichten juristisches Know-how, bei mit Juristen besetzten Schiedsgerichten kaufmännisches und branchenspezifisches Know-how einbringt. Dadurch wird gewährleistet, dass das Verfahren in Übereinstimmung mit Gesetz und Schiedsgerichtsordnung durchgeführt wird und die Entscheidung formell und materiell überzeugt. Ein Stimmrecht kommt ihm allerdings nicht zu.
Entscheiden sich die Parteien dagegen für die Durchführung eines Schiedsverfahrens nach den Regeln der Hamburger freundschaftlichen Arbitrage, so müssen sie und die Schiedsrichter das Verfahren selbst administrieren. Denn die Hamburger freundschaftliche Arbitrage gehört nicht zu unserer Handelskammer oder einer anderen Institution. Es handelt sich dabei um einen Fall eines sogenannten Ad-hoc-Schiedsgerichtes. Dieses wird jeweils neu gebildet, wenn die Parteien Personen als Schiedsrichter für die Klärung ihrer Streitigkeit bestimmen. Für die Hamburger freundschaftliche Arbitrage gibt es keine ausführliche Schiedsordnung, die im einzelnen festlegt, wie das Verfahren auszusehen hat. Allerdings enthält § 20 der Platzusancen für den hamburgischen Warenhandel einige wenige Regeln zu Benennung und Ablehnung von Schiedsrichtern. Im Zusammenhang mit der Benennung von Zwangsschiedsrichtern kann es zur Mitwirkung unserer Handelskammer kommen, die aber im übrigen mit dem Verfahren aber nichts zu tun hat. Im Übrigen obliegt die Festlegung und Durchführung des Verfahrens den Parteien und Schiedsrichtern nach den Regeln des 10. Buchs der Zivilprozessordnung (§§ 1025-1066).