Grundpreise und Gesamtpreise müssen auf einen Blick wahrnehmbar sein

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass auch nach der neuen Rechtslage der Grundpreis in unmittelbarer Nähe zum Verkaufspreis platziert werden muss, sodass er zusammen mit dem konkreten Einzelpreis auf einen Blick wahrgenommen werden kann.
Nach einer Entscheidung des BGH hat die Pflicht, den Grundpreis „in unmittelbarer Nähe“ zum Gesamtpreis anzugeben, auch im Licht des europäischen Rechts bestand (Urteil v. 19.05.2022, Az. I ZR 69/21 - Grundpreisangabe im Internet). Die Parteien streiten über die Angabe des Grundpreises im Online-Handel. Der Kläger war der Ansicht, dass der Grundpreis in „unmittelbarer Nähe“ zum Gesamtpreis anzugeben gewesen sei, was seitens der Beklagten nicht erfolgt sei. Die Vorinstanz (LG Halle, Entscheidung v. 06.08.2020, Az. 8 O 26/20) hatte eine Unterlassungsanspruch verneint. Dies ergebe sich daraus, dass die einschlägige Regelung der Preisangabenverordnung (PAngV) über die europarechtlichen Regelungen hinausgehe. In richtlinienkonformer Auslegung der PAngV (im vorliegenden Fall kam noch die alte Fassung zur Anwendung), könne das Erfordernis der „unmittelbaren Nähe“ keine Anwendung mehr finden, da es im Onlinehandel nach der Richtlinie ausreichend sei, „wenn der Grundpreis, soweit es dessen Angabe bedürfe, auf derselben Internetseite dargestellt werde wie der Gesamt- bzw. Verkaufspreis und zwar unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar. Der durchschnittliche Internetnutzer sei daran gewöhnt, dass für ein Erfassen aller wesentlichen Angaben häufig ein Scrollen erforderlich sei.“ Dieser Argumentation folgte der BGH, auch in Bezug auf die neue Fassung der PAngV, nicht. Es sei den Mitgliedsstaaten gestattet, i. R. e. Öffnungsklausel für die Unterrichtung der Verbraucher und den Preisvergleich günstigere Bestimmungen zu erlassen. Die PAngV konkretisiere die europarechtliche Regelung dahingehend, dass „der Grundpreis in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises anzugeben ist, weil damit das Ziel dieser Regelungen und der Zweck der EG-Grundpreis-RL (98/6/EG) vollständig erreicht wird“. Weiter führt der BGH aus, „§ 2 Abs. 1 S.1 PAngV konkretisiere damit lediglich das Erfordernis der klaren Erkennbarkeit des Grundpreises aus Art. 4 Abs. 1 S. 1 der EG-Grundpreis-RL. Da der Grundpreis als Preis je Maßeinheit auf den Verkaufspreis bezogen ist, ist er nicht schon dann klar erkennbar, wenn er für sich genommen deutlich wahrnehmbar ist. Vielmehr ist er nur dann als solcher klar erkennbar, wenn er in dem Sinne in unmittelbarer Nähe des Verkaufspreises steht, dass er zusammen mit diesem auf einen Blick wahrgenommen werden kann. Ein in unmittelbarer Nähe des Verkaufspreises platzierter Grundpreis eröffnet die in Erwägungsgrund 6 der EG-Grundpreis-RL geforderte optimale Möglichkeit für einfache Preisvergleiche.“ Aus diesen Gründen sei im vorliegenden Fall der Unterlassungsanspruch begründet gewesen.
Quelle: Infobrief „Wettbewerb im Blick“ 27-28/2022, 04.07.-17.07.2022