Cannabislegalisierung aus Unternehmersicht
Arbeitsrecht
- Dürfen Arbeitnehmer vor/während/nach der Arbeit und in Pausen Cannabis konsumieren?
Grundsätzlich gelten auch für die Zeit vor, während und nach der Arbeit die in § 5 KCanG geregelten Verbotstatbestände und die allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätze, wobei sich an der Rechtsprechung zum Alkoholkonsum orientiert werden kann.Ist der Konsum nach § 5 KCanG dem Grunde nach erlaubt, kann der Konsum dennoch durch betriebsinterne Regelungen von Arbeitgeberseite oder Tarifverträge verboten werden. Darüber hinaus endet die Direktive des Arbeitgebers jedoch grundsätzlich am Werkstor.Was und in welchem Umfang der Arbeitnehmer in seiner Freizeit und außerhalb des Betriebsgeländes konsumiert, ist dessen Privatsache. Das gilt jedoch nur so lange, wie das Arbeitsverhältnis davon unbeeinträchtigt bleibt. Gleiches gilt für den Konsum während der Arbeitszeit. Ist der Konsum von Cannabis durch den Arbeitgeber grundsätzlich nicht ausgeschlossen, darf Cannabis konsumiert werden. Dies gilt allerdings nur insoweit, als dass die Arbeitsfähigkeit nicht beeinträchtigt werden darf. Konkret bedeutet das nach ständiger Rechtsprechung zum Konsum von Rauschmitteln, dass der Arbeitnehmer die Pflicht hat, seine Arbeitsfähigkeit auch nicht durch privaten Cannabiskonsum zu beeinträchtigen. Sie kann bei Tätigkeiten im sicherheitsrelevanten Bereich schon bei sehr geringen Cannabismengen verletzt sein. Für die Pflichtverletzung kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Arbeitnehmer vor der Arbeit oder erst im Betrieb Cannabis konsumiert. Der Arbeitnehmer darf sich nicht in einen Zustand versetzen bzw. in einem Zustand zur Arbeit erscheinen, der die ordnungsgemäße Erfüllung der Arbeitsleistung stört. Unter „Störung der Arbeitsleistung“ werden dabei auch Wesensänderungen des Arbeitnehmers verstanden. Diese Wesensänderung stellt dabei eine konsumbedingte Ausfallerscheinung und damit eine Störung dar. Nachzuweisen sind konkrete Ausfallerscheinungen, etwa verwaschene Sprache, Koordinationsschwächen, ungewöhnliche Lethargie etc.). Im Übrigen bestehen noch spezialgesetzliche Verbote (z. B. § 4a Luftverkehrsgesetz, § 24a Straßenverkehrsgesetz: Berufskraftfahrer).Schließlich hat der Arbeitgeber nach § 5 Arbeitsstättenverordnung die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten in Arbeitsstätten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Rauche und Dämpfe von Tabak- und Cannabisprodukten sowie elektronischen Zigaretten geschützt sind.Exkurs: Fahrtauglichkeit
Es wird ein THC-Grenzwert von 3,5 ng/ml festgelegt, bei dessen Erreichen nach dem Stand der Wissenschaft das sichere Führen eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr regelmäßig nicht mehr gewährleistet ist. Zusätzlich gilt Folgendes:
- für Cannabiskonsumenten ein absolutes Alkoholverbot am Steuer (kein Mischkonsum)
- ein absolutes Cannabisverbot während der zweijährigen Führerschein-Probezeit sowie für unter 21-Jährige (der Grenzwert von 3,5 ng/ml greift hier nicht)
- der Bußgeldkatalog wird entsprechend angepasst.
Unabhängig davon ist das sogenannte Medikamentenprivileg zu beachten, das heißt wenn die Substanz THC aus der bestimmungsgemäßen Einnahme eines für einen konkreten Krankheitsfall verschriebenen Arzneimittels herrührt. Zum Nachweis sollte das aktuelle Rezept, eine ärztliche Bescheinigung/Attest, ein Therapietagebuch und ein Patientenausweis vorgelegt werden können. - Wie sieht es mit Arbeitnehmern aus, die Cannabis aus medizinischer Sicht konsumieren dürften?
Insofern gilt das unter Antwort zu Frage 1 Genannte. Dabei empfiehlt es sich in Zweifelsfällen den Betriebsarzt hinzuzuziehen, wenn Arbeitnehmer die Behauptung aufstellen, Cannabis während der Arbeitszeit konsumieren zu müssen. Zur Absicherung der Geschäftsführung kann der Betriebsarzt auch eine Gefahrenanalyse vornehmen.
- Wie sollte Cannabiskonsumverbote der Arbeitnehmer rechtlich verankert werden (Ergänzung Arbeitsvertrag, Hausmitteilung, Dienstanweisung etc.)?
Konsumverbote können sowohl als arbeitsvertragliche Ergänzung, durch Tarifvertrag oder durch betriebsinterne Regelung (per Dienstanweisung) aufgenommen werden, solange die Tarifvertragsparteien hierzu nicht tätig geworden sind. Der Verankerung durch eine betriebliche/betriebsinterne Regelung ist dabei jedoch Vorzug zu gewähren. Dies ist zum einen bereits bei vielen Arbeitgebern für den Konsum von Alkohol der Fall und dürfte zweitens mit weniger Aufwand verbunden sein, als das Verbot für alle Arbeitnehmer als Ergänzung aufzunehmen. Notwendig ist für so eine betriebsinterne Regelung aber die Zustimmung des Betriebsrates nach § 87 I Nr. 1 BetrVG, sofern ein solcher im Betrieb vorhanden ist.
Handelssicht
- Ist eine Unterbindung des Konsums von Passanten/Kunden vor dem Laden möglich?
Solange der Passant/Kunde nicht gegen das Konsumverbot aus § 5 KCanG (unmittelbare Gegenwart von Kindern, in Sichtweite von Kinderspielplätzen, Kinder- und Jugendeinrichtungen oder öffentlich zugänglichen Sportstätten oder in Fußgängerzonen zwischen 07.00 Uhr und 20.00 Uhr) verstößt und sich ansonsten gesetzestreu verhält, wird dies eher nicht möglich sein. Durch die weitestgehende Legalisierung dürfte es schwer fallen, hier andere Maßstäbe als bei dem Konsum von Alkohol anzulegen. So kann einem Passanten/Kunden, der vor dem Laden Cannabis konsumiert, dies ebenso wenig untersagt werden wie demjenigen, der dort Alkohol trinkt oder eine Zigarette raucht. Liegt ein Verbotstatbestand nach § 5 CanG vor, obliegt dessen Durchsetzung aber den stattlichen Stellen und kann daher nicht eigenmächtig durchgesetzt werden.
Mischnutzung Handel und Gastronomie
- Kunden konsumieren im Gastrobereich und plötzlich kommen Kinder in den Laden. Was ist (im Vorfeld) zu tun?
In Sachsen-Anhalt ist das Rauchen in gastronomischen Einrichtungen gemäß § 4 Abs. 3 Nichtraucherschutzgesetz nur in inhabergeführten Gaststättengewerben zulässig, die aus einem Raum bestehen, deren Gastfläche einschließlich des für den Gast zugänglichen Thekenbereiches weniger als 75 Quadratmeter beträgt, in denen eine Abgabe von zubereiteten Speisen nicht oder lediglich als untergeordnete Nebenleistung erfolgt und in denen Personen unter 18 Jahren keinen Zutritt haben. Dies gilt auch für Tabakprodukte mit Cannabisbestandteilen, also z.B. Joints. Somit kann es in diesen Einrichtungen nicht zu einem Zusammentreffen kommen.Ob reiner Cannabisverzehr unter das Nichtraucherschutzgesetz fällt, ist aber noch ungeklärt.
§ 5 I KCanG schreibt aber vor, dass der Konsum in Gegenwart von Personen die das 18. Lebensjahr nicht vollendet haben (Kinder und Jugendliche), verboten ist.Einem Aufeinandertreffen von Kindern und Jugendlichen sowie Konsumenten von Cannabis soll also entgegengewirkt werden. Auch wenn der Konsument vielleicht zeitlich zuerst da war, ist er die Person, die das, unter entsprechenden Voraussetzungen, verbotene Verhalten betätigt. Ausgehend von diesem Verbot und dem damit verbundenen Schutz von Kindern und Jugendlichen wird diesen der Vorrang vor dem Konsum zu gewähren sein. Um mögliche Konfliktsituationen zu vermeiden, sollten Konsumenten bei Beginn des Konsums bzw. dann, wenn er durch das Gastronomiepersonal bemerkt, wird darauf hingewiesen werden, dass sie ihn zu unterlassen haben, sobald Kinder die Gastronomie betreten. Sollten die Konsumenten diesem Hinweis nicht nachkommen besteht für die Gastronomen immer noch die Möglichkeit ein (auch nur zeitweiliges) Hausverbot zu erteilen. Es geht in diesen Fällen eher um gegenseitige Rücksichtnahme als um das Durchsetzen von Verboten. Ein Hinweis sorgt für Klarheit sowie Verständnis und fördert eine gegenseitige Rücksichtnahme. Kommt der cannabiskonsumierende Gast dem entsprechenden Hinweis nicht nach, sollte als Betreiber streng durchgegriffen werden. Als Gaststätten- oder Gewerbetreibender sollte insbesondere berücksichtigt werden, dass das Dulden von verbotenem Verhalten (also den Konsum trotz Anwesenheit von Kindern und Jugendlichen) wohl gegen die erforderliche Zuverlässigkeit für den Gaststätten/Gewerbebetrieb sprechen würde. Damit bestünde für ihr Gewerbe ein Versagungsgrund, der die Gewerbeuntersagung bzw. den Widerruf der Gewerbeerlaubnis zur Folge haben kann. Auch um diesem Risiko zu entgehen, sind entsprechende Hinweise eine verträgliche Lösung.
Allgemein
- Dürfen Unternehmer Ausweise von Kunden/Passanten darauf kontrollieren, ob die Altersbeschränkungen gewahrt sind?
Allerdings ist es beim Konsum von Cannabis anders als bei dem Konsum von Alkohol so, dass das Konsumgut nicht vom Unternehmer gestellt, sondern durch die Kunden selbst mitgebracht wird. In der Regel wird der Konsum nur in Rauchergaststätten erlaubt sein, siehe Frage 5. In diesen muss der Unternehmer das Alter kontrollieren. Gemäß § 10 Jugendschutzgesetz ist in Gaststätten und Verkaufsstellen auch der Konsum nikotinfreier Erzeugnisse, wie elektronische Zigaretten oder elektronische Shishas, in denen Flüssigkeit durch ein elektronisches Heizelement verdampft und die entstehenden Aerosole mit dem Mund eingeatmet werden, untersagt. Nach § 2 Abs. 2 Jugendschutzgesetz haben Personen, bei denen nach diesem Gesetz Altersgrenzen zu beachten sind, ihr Lebensalter auf Verlangen in geeigneter Weise nachzuweisen. Veranstalter und Gewerbetreibende haben in Zweifelsfällen das Lebensalter zu überprüfen. Somit besteht nicht nur ein Recht, sondern die bußgeldbewehrte Pflicht, Ausweise zu kontrollieren.In anderen Fällen hat der Unternehmer kein originäres Recht zur Ausweiskontrolle. Je nach dem, was für Folgen mit einem etwaigen Untätigbleiben verbunden sind sollten die Unternehmer sich die Ausweise zeigen lassen oder eben nicht. Ist wie unter Frage 5 durch ein Untätigbleiben möglicherweise die Gaststättenerlaubnis in Gefahr, sind Unternehmer gut beraten, die Konsumenten nach Ausweisen zu fragen. Eine Kontrolle reiner Passanten ist in jedem Fall unzulässig.
- Wie kann das Konsumverbot bei Sichtweite-Abstand von mehr als 100 m zu Schulen, Spielplätzen, Jugendeinrichtungen oder Sportstätten, ohne Abstand in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr durch den Gastronomen gewährleistet werden?
Indem er ein Verbot für den Konsum von Cannabis in sein Hausrecht aufnimmt. Jeder gastgewerbliche Unternehmer darf aufgrund seines Hausrechts den Gästen den Konsum von Cannabis – auch in Raucherkneipen – erlauben oder verbieten. Will ein Gastronom das Konsumverbot in seiner Gaststätte durchsetzen, muss er das Verbot entsprechend in sein Hausrecht aufnehmen und gegebenenfalls mit Hinweisschildern bereits im Vorfeld für Klarheit sorgen.