Planungsbeschleunigung

Im europäischen Vergleich nehmen Infrastrukturprojekte und Genehmigungsverfahren in Deutschland oft mehr Zeit in Anspruch als in anderen Ländern. Dieser Standortnachteil wird von der Wirtschaft seit Jahren fortwährend kritisiert. Eine wesentliche Ursache hierfür sind zu langwierige und komplexe Planungs- und Genehmigungsverfahren. Seitens der Bundesregierung wurden seit einigen Jahren mehrere Gesetzesvorhaben zur Beschleunigung auf den Weg gebracht. 
Im Jahr 2018 wurde das Gesetz zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich verabschiedet. Darin wurden zur Verkürzung der Gerichtsverfahren 41 Schienenwege mit erstinstanzlicher Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts festgelegt. Zur Bündelung der Verfahren ist nun das Eisenbahn-Bundesamt Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde. Wirkung auch auf Bundesfernstraßen entfalten Regelungen zum erleichterten vorzeitigen Maßnahmenbeginn, zum erweiterten Anwendungsbereich für Plangenehmigungen anstatt umfangreicherer Planfeststellungsverfahren oder zum Einsatz externer Projektmanager zur Koordinierung des Verfahrens. 
Anfang 2020 wurde dann das Gesetz zur weiteren Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich beschlossen. Wesentlicher Bestandteil ist der Ersatzneubau von Brücken an Schienenwegen und Bundesfernstraßen ohne erhebliche Änderung unter Verzicht eines aufwändigen Planverfahrens. Auch wurde die Finanzierung für Kreuzungsbauwerke mit Eisenbahnen geändert damit sich diese nicht mehr aufgrund klammer Kassen von Städten und Gemeinden verzögern. 
Ebenfalls zu Beginn des Jahres 2020 ist das Maßnahmengesetzvorbereitungsgesetz in Kraft getreten. Hinter diesem sperrigen Titel verbirgt sich ein alternativer Ansatz im Planungs- und Genehmigungsprozess. Anstatt der üblichen Genehmigung durch Verwaltungsakt einer Behörde kann stattdessen der Deutsche Bundestag die im Gesetz benannten Maßnahmen zulassen. Klagen dagegen sind nur per Verfassungsbeschwerde und nicht über den üblichen Weg der Verwaltungsgerichte möglich. Aufgrund dieser Einschränkung des Rechtsweges können nur wenige Vorhaben mit besonderer Bedeutung für das Gemeinwohl in diesem Rahmen zugelassen werden. So z. B: die Vertiefung des Nord-Ostsee-Kanals oder Fahrrinnenanpassungen an anderen Bundeswasserstraßen. Unter den Schienenvorhaben findet sich auch der Ausbau der Strecke Magdeburg-Halle. Damit ist allerdings nur die Erneuerung der Signaltechnik und Verkürzung von Blockstellen zur Kapazitätssteigerung gemeint. Im Rahmen dieses Gesetzes sind auch 16 Maßnahmen zur Strukturstärkung in den vom Kohleausstieg betroffenen Regionen enthalten. In unserer Region betrifft das die S-Bahnstrecke von Leipzig über Zeitz nach Gera und Neubauten im Raum Großkorbetha. 
Ende 2020 wurde das Investitionsbeschleunigungsgesetz beschlossen. Damit sollen wichtige infrastrukturelle Großvorhaben durch Konzentration auf eine Tatsacheninstanz bei den Oberverwaltungsgerichten im Gerichtsverfahren beschleunigt werden. Das Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren soll zur Zeitersparnis enger verzahnt werden. Die Öffentlichkeitsbeteiligung ist künftig in der Regel digital durchzuführen. Bei der Elektrifizierung von Schienenstrecken soll künftig auf ein aufwändiges Planverfahren verzichtet werden. Auch Schallschutzwände können ohne aufwändige Genehmigung schneller gebaut werden. Kleinere Umbau- und Erneuerungsmaßnahmen sollen künftig auch ohne Umweltverträglichkeitsprüfung möglich sein. 
Seitens der Bundespolitik wurden somit bereits einige Aktivitäten zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsprozessen unternommen. Aus Sicht der IHK sind jedoch noch weitere Schritte zur Entschlackung der Verfahren notwendig. Die Dauer von Gerichtsverfahren sollte z.B. durch eine vorgegebene maximale Verfahrensdauer verkürzt werden und vom nationalen Gesetzgeber ist eine rechtskonforme und wirksame Präklusionsregelung einzuführen. Damit müssten Einwände gegen Vorhaben innerhalb einer fest definierten Frist vorgebracht werden anstatt nach Belieben im Verfahren. Auch sollte jederzeit klar erkennbar sein, in welchem Stadium sich das Verfahren gerade befindet um darauf fußend eine effiziente Bürgerbeteiligung zu gewährleisten. Die IHK wird sich auch weiterhin für substanzielle Fortschritte in der Planungs- und Verfahrensbeschleunigung einsetzen.